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# taz.de -- EGMR verurteilt Griechenland: Schüsse waren „unverhältnismäßi…
> Die Küstenwache schoss 2014 auf ein Boot, ein Migrant starb. Darüber
> urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
Bild: Schiff der griechischen Küstenwache, während einer Patrouille in der Ä…
Athen taz | Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte spricht drei
syrischen Geflüchteten eine Entschädigung von 80.000 Euro für einen
tödlichen Vorfall im Jahr 2014 in der Ostägäis zu. Die griechische
Küstenwache hatte dreizehnmal auf ein mit Migranten besetztes Boot
geschossen. Ein Bootsinsasse starb in Folge seiner Verletzungen.
Konkret habe Griechenland gegen Artikel 2 der Europäischen
Menschenrechtskonvention verstoßen, wie der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR) mit Sitz in Straßburg am [1][Dienstag via X (ehemals
Twitter)] bekanntgab. Artikel 2 sieht vor, dass „das Recht jedes Menschen
auf Leben gesetzlich geschützt“ ist. Niemand darf absichtlich getötet
werden, heißt es weiter in Artikel 2.
In dem vorliegenden Fall hatte die griechische Küstenwache am 22. September
2014 vor der Kleininsel Pserimos, die zwischen den größeren Inseln Kos und
Kalymnos und nur wenige Seemeilen vor der türkischen Küste liegt, dreizehn
Schüsse auf ein Flüchtlingsboot abgefeuert. Ein Flüchtling wurde dabei
tödlich verletzt. Drei Überlebende, die Syrer Douaa Alkhatib, Nourredin
Tello sowie Lana Tello, hatten sich an den EGMR gewandt, nachdem die
griechische Justiz den Fall ins Archiv gestellt hatte.
Im Urteil kritisiert das Straßburger Gericht energisch das Vorgehen der
griechischen Justiz. Die bei den Schüssen verletzten Flüchtlinge und
Migranten seien während des Strafverfahrens niemals als Zeugen geladen
worden, wie der EGMR feststellt. Obendrein habe es die Staatsanwaltschaft
des griechischen Seegerichts versäumt, „wichtige Beweise wie den
gerichtsmedizinischen Bericht über das Todesopfer sowie die eklatanten
Mängel des vorgelegten ballistischen Berichts gründlich zu prüfen“.
## Justiz hart gegen Fluchthelfer
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte zudem fest, dass die
griechischen Behörden „keine klaren Regeln für den potenziell tödlichen
Einsatz von Waffen bei Einsätzen der Küstenwache aufgestellt“ hatten. Die
griechische Küstenwache habe dem EGMR-Urteil zufolge auf
„unveröffentlichte, veraltete und unzureichende Einsatzregeln von 1992“ f�…
den Einsatz von Waffen gegen Boote verwiesen. Der Einsatz der griechischen
Küstenwache sei laut EGMR insgesamt „nicht ausreichend geplant und
vorbereitet“ gewesen.
Die Einlassung der griechischen Küstenwächter, wonach man „nur auf den
Motor des Schiffes gezielt“ habe, ließ der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte nicht gelten. Die „extrem gefährlichen“ dreizehn Schüsse
stellten eine „unverhältnismäßige Gewaltanwendung“ dar. Das habe die
Bootsinsassen „einem Risiko für ihr Leben ausgesetzt“. Die Küstenwache ha…
das vorhersehen müssen.
Zum Zeitpunkt des Vorfalls nahe Pserimos regierte in Athen eine Koalition
aus der konservativen Nea Dimokratia (ND) und der sozialdemokratischen
Pasok unter Premierminister Antonis Samaras. Der ist bis heute ein
einflussreicher Abgeordneter der heute allein regierenden ND. Zudem gilt
der Ex-Premier als glühender Verfechter einer restriktiven
Migrationspolitik und der sogenannten „Festung Europa“.
Die griechischen Behörden sind unterdessen auch wegen eines verheerenden
Bootsunglücks vor der Hafenstadt Pylos ins Fadenkreuz geraten. [2][Mitte
Juni 2023 war ein heillos überfüllter Fischkutter] vor der Küste der
Halbinsel Peloponnes gesunken. Mutmaßlich ertranken mehr als 600 Menschen –
vor allem Frauen, Kinder und Alte. Kurz davor hatte das Boot Kontakt mit
der Küstenwache. Auch in der Causa Pylos arbeitet die griechische Justiz
sehr langsam. Gegen Flüchtlingshelfer geht die griechische [3][Justiz
hingegen mit auffälliger Härte] vor.
18 Jan 2024
## LINKS
[1] https://twitter.com/ECHR_CEDH/status/1747183347497882070?ref_src=twsrc%5Ego…
[2] /Bootsunglueck-im-Mittelmeer/!5939907
[3] /Prozess-gegen-Fluechtlingshelferinnen/!5984804
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Griechenland
Küstenwache
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Menschenrechte
Mittelmeer
Migration
Schwerpunkt Flucht
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