# taz.de -- Ampel-Koalition erledigt den Haushalt: Milliardenkürzung beim Klim… | |
> Scholz, Habeck und Lindner einig: Die Schuldenbremse soll 2024 | |
> eingehalten werden. Der Klimafonds wird bis 2027 um 45 Milliarden Euro | |
> gekürzt. Die Ukraine-Hilfe bleibt. | |
Bild: Nächtliche Einigung im Kanzleramt | |
BERLIN dpa/afp/rtr/taz | Nach wochenlangem Ringen haben die Spitzen der | |
Ampel-Regierung eine Einigung im Streit um den Haushalt für das kommende | |
Jahr erzielt. | |
Die Ergebnisse wurden am Mittag [1][bei einer Pressekonferenz im | |
Bundeskanzleramt] bekannt gegeben. An ihr nahmen Kanzler Olaf Scholz (SPD), | |
Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert | |
Habeck (Grüne) teil. | |
Bundeskanzler Scholz versicherte zu Beginn, dass die Regierung an ihren | |
drei großen Zielen festhalten werde. Dies seien die Bekämpfung des | |
Klimawandels, der soziale Zusammenhalt und die Solidarität mit der Ukraine. | |
Allerdings gebe es Einsparungen. „Die machen wir nicht gerne“, sagt Scholz. | |
Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) soll das zentrale Instrument des | |
klimafreundlichen Umbaus bleiben. Der Fonds werde aber für 2024 um 12 | |
Milliarden Euro gekürzt, sagte Scholz. Bis 2027 würden die Kürzungen sich | |
auf 45 Milliarden Euro belaufen. Das Gesamtvolumen des Fonds betrage bis | |
dann aber etwa 160 Milliarden Euro. | |
## Schuldenbremse soll eingehalten werden | |
Es stehe fest, dass die von der Verfassung vorgeschrieben Schuldenbremse im | |
Jahr 2024 wieder eingehalten werde, betonte Scholz. | |
Die Ampel-Regierung prüft eine Ausnahme von der Schuldenbremse für die | |
weiteren Zahlungen für die von der Flutkatastrophe im Ahrtal im Jahr 2021 | |
betroffenen Menschen, so Scholz. Die Ampel werde auf die Union als größte | |
Oppositionsfraktion zugehen und um deren Unterstützung für diesen Schritt | |
werben. | |
Scholz ergänzte: „Denn die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in | |
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sollen sich auch auf die gegebenen | |
Zusagen verlassen können.“ | |
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zufolge soll es bei der Deutschen | |
Bahn keine Einsparungen geben. Das Staatsunternehmen solle anders | |
finanziert werden als bisher geplant. Es werde dazu im Klimafonds | |
Umschichtungen geben. | |
## Kürzungen bei Solarförderung, Einführung einer Kerosinsteuer | |
Einsparungen werde es zum Beispiel bei der Solarförderung geben. Zudem | |
werde die Prämie für den Kauf von Elektroautos früher auslaufen als | |
geplant, sagte Habeck, ohne einen Zeitpunkt zu nennen. | |
Finanzminister Christian Lindner ergänzte, die Bahn solle von | |
Privatisierungserlösen profitieren. Die Bahn will ihre Tochter Schenker | |
verkaufen. Zudem sei geplant, klimaschädliche Subventionen zu streichen. | |
Allein dort sollen 3 Milliarden Euro eingespart werden. | |
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur will die Ampel eine | |
Kerosinsteuer auf innerdeutsche Flüge einführen und Steuervergünstigungen | |
für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft streichen, den sogenannten | |
Agrardiesel. Bisher ist im gewerblichen Luftverkehr eingesetztes Kerosin | |
von der Energiesteuer befreit. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft | |
können sich einen Teil der für ihren Kraftstoffverbrauch gezahlten | |
Energiesteuer auf Antrag zurückerstatten | |
Die geplante Absenkung der Stromsteuer werde wie geplant mit einem Volumen | |
von 3 Milliarden Euro kommen, so Lindner. | |
## Milliardenhilfe für die Ukraine bleibt fest eingeplant | |
Die Bundesregierung steht nach den Worten von Finanzminister Christian | |
Lindner mit dem Haushalt 2024 weiter voll an der Seite der Ukraine. | |
Vorgesehen seien 8 Milliarden Euro an direkter bilateraler Hilfe, sagt | |
Lindner. „Wir stellen uns auch weiter dieser Verantwortung.“ | |
Bundeskanzler Olaf Scholz betonte aber: „Sollte sich die Situation durch | |
Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärfen, etwa weil die Lage an der | |
Front sich verschlechtert, weil andere Unterstützer ihre Ukraine-Hilfe | |
zurückfahren oder weil die Bedrohung für Deutschland und Europa weiter | |
zunimmt, werden wir darauf reagieren müssen.“ | |
## Kürzungen im Sozialbereich ohne Reduktion sozialer Standards | |
Eine Reduzierung sozialer Standards soll es laut Linder nicht geben. „Viele | |
Ressorts leisten eigene Beiträge, beispielsweise das Verkehrsministerium, | |
auch das Umweltministerium, auch das Arbeitsministerium. Wichtig ist aber, | |
es wird keine Reduzierung von sozialen Standards geben“, sagte der | |
Finanzminister. Dennoch erreiche man durch mehr Treffsicherheit bei | |
Sozialleistungen eine Einsparung von 1,5 Milliarden Euro. Als ein Beispiel | |
nannte er den Arbeitsmarkt. So sollten Geflüchtete aus der Ukraine besser | |
vermittelt werden. | |
## Einigung nach langen Verhandlungen am frühen Morgen | |
Am Dienstagvormittag waren Scholz, Lindner und Habeck erneut im Kanzleramt | |
zusammengekommen, nachdem sie ihr Gespräch in der Nacht zuvor [2][zum | |
wiederholten Mal vertagt] hatten. Später holten sie die | |
Ampel-Fraktionschefs dazu, sprachen selbst in ihren Fraktionen und zogen | |
sich dann wieder im kleinen Kreis ins Kanzleramt zurück. Am Ende war | |
offenkundig eine Nachtsitzung nötig. Die Einigung kam am frühen | |
Mittwochmorgen. | |
Scholz sprach am Mittag von vertraulichen und vertrauensvollen Gesprächen. | |
Lindner betonte, dass die Koalition einigungs- und handlungsfähig sei. Das | |
Kabinett solle so nun schnell wie möglich der Grundsatzeinigung der | |
Ampel-Regierung zum Haushalt 2024 zustimmen. | |
Ganz so eilig scheint es die Ampel aber doch nicht zu haben. Am m Mittwoch | |
jedenfalls hat das Kabinett laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit noch | |
nichts entschieden zu den vorgestellten Eckpfeilern für den Haushalt 2024. | |
Die sind erst Theme bei der nächsten Kabinettssitzung. Die sei für kommende | |
Woche am Mittwoch geplant. | |
## Kritik von Greenpeace | |
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert die Ampel-Einigung zum | |
Bundeshaushalt 2024. „Dieser Kompromiss läuft an zu vielen Stellen auf | |
Stillstand hinaus statt auf den von der Ampel versprochenen Fortschritt“, | |
erklärt die Organisation. „Der von der FDP durchgeboxte Sparhaushalt | |
streicht die Unterstützung der Solarindustrie zusammen und lässt die | |
Förderung für E-Autos früher auslaufen. Aber das schädliche | |
Dienstwagenprivileg wird nicht gestrichen und Dieselkraftstoff soll weiter | |
mit Milliarden bezuschusst werden – das hemmt die ökologische | |
Modernisierung. Um jetzt nötige Zukunftsprojekte wie den Ausbau der Bahn | |
oder die Wärmewende sozial gerecht auf den Weg zu bringen, braucht es | |
finanziellen Spielraum.“ | |
## Harte Vorgaben des Verfassungsgerichtes | |
Durch [3][das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts] musste im Etat | |
2024 eine zweistellige Milliardenlücke geschlossen werden. Finanzminister | |
Lindner bezifferte diese auf 17 Milliarden Euro. | |
Kanzler Scholz hatte mit Linder und Habeck seit Tagen über eine Lösung | |
verhandelt. Die SPD forderte bis zuletzt, auch im kommenden Jahr die | |
Schuldenbremse auszusetzen, und wollte dies mit den Folgen des | |
Ukraine-Kriegs begründen. Dies lehnten die Liberalen aber strikt ab. Sie | |
forderten Einsparungen und schlossen dabei auch Kürzungen im Sozialbereich | |
nicht aus. | |
Das Bundesverfassungsgericht hat Mitte November entschieden, dass 60 | |
Milliarden Euro an ungenutzten Krediten für den Kampf gegen die | |
Corona-Pandemie nicht in den Klima- und Transformationsfonds KTF verschoben | |
werden durften. Damit fehlten der Ampel-Regierung Milliarden für die | |
kommenden Jahre, um zentrale Projekte der Energiewende zu finanzieren. | |
Auch ähnliche Sondervermögen wie der Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF | |
sind von der Karlsruher Entscheidung betroffen. Die Ampel-Regierung musste | |
deshalb bereits einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr und die | |
erneute Aussetzung der Schuldenbremse beschließen, um insbesondere die | |
Auszahlungen für die Strom- und Gaspreisbremsen auf eine rechtlich sichere | |
Grundlage zu stellen. | |
Der WSF wird nun aber zum Ende des Jahres abgewickelt. Scholz hatte Ende | |
November angekündigt, dass dann auch die eigentlich bis Ende März geplanten | |
Energiepreisbremsen auslaufen. | |
13 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/mediathek/livestream/ab-ca-12-uhr-pr… | |
[2] /Haushaltskrise-haelt-an/!5979063 | |
[3] /Grundsatzurteil-zu-Haushalt/!5969801 | |
## TAGS | |
Das Milliardenloch | |
Ampel-Koalition | |
Olaf Scholz | |
Robert Habeck | |
Christian Lindner | |
GNS | |
Das Milliardenloch | |
Das Milliardenloch | |
Das Milliardenloch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ampel ist sich einig: Durchbruch bei Haushaltsgesprächen | |
Karlsruhe hatte die Ampel mit seinem Haushaltsurteil kalt erwischt – und | |
die Koalition rang um eine Lösung. Die Nachtsitzung brachte den Durchbruch. | |
Warum es beim Bundeshaushalt hakt: Frage von Geld und Gleichgewicht | |
Die Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2024 dauern an. Das Staatsverständnis | |
von SPD und Grünen kollidiert mit dem Individualismus der FDP. | |
Krise um den Bundeshaushalt: „Demokratie leben!“ ausgebremst | |
Die Haushaltslage bedroht die Demokratieförderung. Und damit Projekte, die | |
sich gegen rechts, gegen Rassismus und Antisemitismus stellen. |