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# taz.de -- Modis Plan für ein neues Kaschmir: Nach vier Jahren verfassungskon…
> Der indische Bundesstaat Jammu und Kaschmir hat keinen Sonderstatus mehr,
> das hat ein Gericht bestätigt. Bis September 2024 sollen Wahlen
> stattfinden.
Bild: Indisches Paramilitär am 11. Dezember in Kaschmir
Delhi taz | Zeit hatte sich der Oberste Gerichtshof Indiens für seine
Entscheidung gelassen: Am Montag wurde verkündet, dass der Entzug der
Autonomie des indischen Bundesstaates Jammu und Kaschmir durch [1][das
indische Parlament im Sommer 2019] verfassungskonform war. Der indische
Bundesstaat wurde in Folge dessen in zwei Verwaltungsgebiete aufgeteilt:
Jammu und Kaschmir sowie Ladakh und der Sonderstatus entzogen. Infolge der
Aberkennung hatten Politiker:innen und Aktivist:innen Klage
eingereicht.
Denn die Sonderrechte gewährten eine eigene Verfassung. Darunter fiel auch,
dass Außenstehende kein Land erwerben durften. Das Interesse der Regierung
ist, die muslimisch geprägte Region stärker in das mehrheitlich
hinduistische Land zu integrieren. Das Gericht argumentierte, dass der
Status, der durch den Artikel 370 der indischen Verfassung gewährt wurde,
eine „vorläufige Bestimmung“ gewesen sei, um die Integration von Jammu und
Kaschmir mit dem Rest Indiens zu erleichtern. Der Gerichtshof bestätigte
die Entscheidung, die Region Ladakh als Unionsterritorium von Kaschmir zu
trennen.
Indiens Premierminister Narendra Modi und seine hindunationalistische
Regierungspartei BJP begrüßten die Entscheidung. Das Urteil sei nicht nur
eine juristische Entscheidung, „sondern auch ein Hoffnungsschimmer“,
[2][schrieb Modi auf X] und sprach von einem „neuen Jammu und Kaschmir“.
Dahinter steckt die Idee eines „neuen Indiens“, das sich stärker an der
hinduistischen Mehrheitsgesellschaft orientiert. Entsprechend nüchtern
zeigten sich kaschmirische Politiker:innen. „Ich bin enttäuscht, aber nicht
entmutigt. Der Kampf wird weitergehen“, teilte Omar Abdullah, ehemaliger
Ministerpräsident der Himalaja-Region Kaschmir, mit. Man sei auf einen
langen Weg vorbereitet. Abdullah soll ebenso unter Hausarrest gestellt
worden sein wie die bekannte Politikerin Mehbooba Mufti. Sie rief die
Bevölkerung per Videobotschaft zu Optimismus auf.
Das Gericht wies auch an, den Bundesstaat Jammu und Kaschmir
wiederherzustellen und bis September 2024 Wahlen abzuhalten. Das könnte
wieder mehr Selbstbestimmung für die Bevölkerung bedeuten.
## Sonderrechte aufgehoben und Unterstellung an Delhi
Am 5. August 2019 wurden nicht nur die historischen Sonderrechte
aufgehoben, sondern die Region wurde seitdem als Unionsterritorium
verwaltet, die der Regierung in Neu-Delhi unterstellt ist. Die
Kongresspartei, die Indiens Politik über Jahrzehnte prägte, habe
Muslim:innen zu sehr beschwichtigt, wie etwa durch Sonderbehandlung für
Kaschmir, wirft die BJP ihrer Konkurrenz gerne vor. Der Kongresspolitiker
Palaniappan Chidambaram sagte, seine Partei prangere weiter die Art und
Weise an, wie der Status aufgehoben wurde.
Es herrschte Ausnahmezustand. Mit Ausgangssperren und Hausarrest für lokale
Führungspersönlichkeiten wurde 2019 versucht, Proteste zu unterbinden.
Internet- und Telefonverbindungen waren stark eingeschränkt.
Chidambaram begrüßte jedoch, dass die Bundesstaatlichkeit in Jammu und
Kaschmir wiederhergestellt werden soll. Die Wünsche der Bevölkerung in der
buddhistisch geprägten Region Ladakh, die Unionsterritorium bleibt, dürften
aber nicht übergangen werden, mahnte er. „Wir sind jedoch der Meinung, dass
die Wahlen sofort abgehalten werden sollten“, so der führende Politiker.
Die Resthoffnung, dass der Oberste Gerichtshof die Entscheidung der
Regierung anfechten würde, ist verflogen. Die Bevölkerung sei nicht
glücklich über das Urteil, müsse es aber akzeptieren, betonte der ehemalige
Oppositionsführer Ghulam Nabi Azad.
Der Ausgang könnte Modi mit seiner pro-hinduistischen Agenda im Wahljahr
2024 zu Gute kommen. Erst kürzlich meldete das BJP-geführte
Innenministerium, dass Terroranschläge in Jammu und Kaschmir auf ein
Sechsjahrestief gesunken seien. Immer wieder kommt es zu Gewalt in der
Region, die bekannt für seine hohe Dichte an indischen Sicherheitskräften.
Kaschmir ist seit dem Ende der britischen Kolonialzeit [3][Streitpunkt
zwischen Indien, Pakistan und China], die je die Region beziehungsweise
Teile für sich beanspruchen. Seit 1989 kämpfen mehrere Rebellengruppen
teils für die Unabhängigkeit der Region, teils für mehr Autonomie oder
ihren Anschluss an Pakistan.
11 Dec 2023
## LINKS
[1] /Kaschmir-verliert-Autonomie/!5610949
[2] https://twitter.com/narendramodi/status/1734106830845133108?ref_src=twsrc%5…
[3] /Justiz-in-Indien/!5962685
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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