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# taz.de -- Haushaltskrise der Bundesregierung: Wie teuer ist das Sparen?
> Die Antwort hängt auch vom „Fiskalmultiplikator“ ab. Der gibt an, wie
> stark die Wirtschaftsleistung schrumpft, wenn der Staat weniger ausgibt.
Bild: Treiben die Konjunktur an: Münchner:innen bei ihren Weihnachtseinkäufen
Wo soll die Bundesregierung die Milliarden hernehmen, die nach dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse nun fehlen? Auch
[1][Ausgabenkürzungen sind im Gespräch]. Doch ob das so sinnvoll ist,
bezweifeln Ökonom*innen. Einer von ihnen ist Sebastian Dullien. „Wir sind
am Rande einer Rezession. In dieser Situation den Rotstift anzusetzen, wäre
volkswirtschaftlich schädlich“, sagt der Direktor des Instituts für
Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der taz. „Denn der
Fiskalmultiplikator ist in konjunkturellen Schwächephasen größer als im
Aufschwung.“
„Fiskalmultiplikator“ – so technisch sich dieser Begriff anhört, so groß
ist seine Bedeutung. Er gibt an, wie stark die Wirtschaftsleistung
schrumpft, wenn der Staat spart. „Erhöht der Staat die Steuern oder
investiert weniger, dann fehlt den Menschen im Land Geld, das sie ausgeben
und so die Konjunktur stützen können“, sagt Dullien. Dabei sind die
Auswirkungen des Sparens nicht immer und überall gleich. Hat der
Fiskalmultiplikator beispielsweise einen Wert von 1, dann geht die
Wirtschaftsleistung für jeden Euro, den der Staat spart, um einen Euro
zurück. Ist der Wert höher, dann sind die Auswirkungen größer.
Schon einmal im Zentrum hitziger Debatten war der Begriff vor einem
Jahrzehnt. Damals ging es um die Auswirkungen der Sparmaßnahmen in
[2][Griechenland während der Eurokrise]. Noch im Frühjahr 2012 schätzte der
Internationale Währungsfonds als Teil der Gläubiger-Troika des Landes den
Fiskalmultiplikator auf 0,5. Doch ein knappes halbes Jahr später musste er
zugeben, dass der Multiplikator zwischen 0,9 und 1,7 Prozent lag. Der
Schaden der Sparpolitik war also deutlich höher als zunächst angenommen.
„In Deutschland haben wir vermutlich zurzeit einen Multiplikator von 1“,
schätzt Dullien. Bei einer Wirtschaftsleistung von knapp vier Billionen
Euro hätten Einsparungen von 40 Milliarden Euro also zur Folge, dass das
Bruttoinlandsprodukt um ein Prozent sinken würde. Besonders negativ würden
sich laut Dullien Einsparungen bei Investitionen auswirken. In diesem
Bereich ist der Multiplikator besonders hoch. Wenn der Staat statt zu
sparen die Steuern erhöht, wären die Auswirkungen hingegen etwas geringer,
weil bei Steuererhöhung der Multiplikator meist niedriger ist als bei
Ausgabenkürzungen.
Die Höhe des Multiplikators ist zudem mitentscheidend dafür, ob
Politiker*innen mit ihren Sparmaßnahmen ihr eigenes Ziel – die
Reduzierung von Schulden – konterkarieren. Denn der staatliche Schuldenberg
wird als Schuldenquote im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung gemessen. Ist
der Multiplikator größer als 1, schrumpft die Wirtschaft schneller als die
Staatsschulden. Die Folge: [3][Trotz Sparens steigt die Schuldenquote].
3 Dec 2023
## LINKS
[1] /Merz-Forderungen-zu-Sozialabbau/!5977228
[2] /Folgen-der-Finanzkrise-in-Griechenland/!5512391
[3] /Haushaltskrise-der-Ampel/!5971256
## AUTOREN
Simon Poelchau
## TAGS
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