# taz.de -- Fußball und Zufall: Dieser Sieg war total unverdient | |
> Das 2:1 des VfL Wolfsburg über RB Leipzig war nicht gerade aus | |
> Überlegenheit zwingend herausgespielt. Aber solche Siege, ganz ohne Sinn, | |
> gibt es. | |
Bild: Sind Siege sinnvoll? Wolfsburger Spielern und Fans feiern nach dem 2:1 ü… | |
Während der prasselnde Regen zu flockigem Schnee wurde und RB Leipzig sich | |
in der VW-Arena von Wolfsburg vergebens gegen die Niederlage stemmte, | |
musste ich an das 3:2 der deutschen Nationalmannschaft im [1][WM-Finale | |
1954] im Berner Wankdorfstadion gegen Ungarn denken. | |
Wenn es im Fußball zufällige und unverdiente Siege gäbe, dann wäre das wohl | |
der maximale Beleg gewesen. Aber das gibt es in der Fußballkultur nun mal | |
nicht. Keiner sagt: Also, dieser Sieg war total unverdient. Bestenfalls ein | |
„Nicht unverdient“ ist der bewährte Euphemismus, zu dem man sich maximal | |
durchringt, wenn einem die Erklärungen fehlen. | |
So wie man sich vor der Aufklärung auf Gottes Wille berief, so beruft man | |
sich hier auf den sogenannten Fußballgott. Und im säkularisierten | |
Irrationalen auf die vorbildliche Haltung des rätselhafterweise gewinnenden | |
Teams, also den großartigen Mannschaftsgeist, die Bereitschaft zum Kampf, | |
zur Aufopferung und so weiter. | |
Das alles ist nicht falsch, natürlich hat sich das seltsamerweise | |
gewinnende Team reingehauen, aber bei einer Niederlage ist man auch immer | |
schnell beim Gegenteil, also dass es am Teamgeist und am Kampfgeist gefehlt | |
haben muss. | |
## Pseudoanalytische Versatzdeutungen | |
So kann man auch das 2:1 des VfL Wolfsburg gegen RB Leipzig vom Samstag | |
routiniert erklären. Dafür gibt es bewährte pseudoanalytische Versätze. Man | |
sagt dann, dass Wolfsburg „effizient“ war. Das bedeutet, dass ein Team kaum | |
Chancen hat, aber Tore schießt. | |
Man sagt andererseits, dass RB Leipzig „brotlose Kunst“ bot. Das bedeutet, | |
dass die Mannschaft über die reifere Spielanlage verfügte, die Potenz für | |
Kombinationsfußball, die Tempodribbblings und überhaupt den im | |
Spitzenfußball notwendigen Speed, dass sie 12:1 beim Ecken- und 26:10 beim | |
Torschussverhältnis vorne lag, dass sie mit Kombinationen Leute im | |
Wolfsburger Strafraum freispielte, dass es eine wahre Pracht war. Aber eben | |
– bis auf einmal – das Ding nicht reinkriegten. | |
Oder man kann, und das würde ich hiermit tun, die These in den Raum | |
stellen, dass das einfach [2][Zufall] war. Unerklärlicher [3][Zufall]. Wie | |
oft im Fußball. Hier geht der Ball rein, dort nicht. Damit wird nicht in | |
Abrede gestellt, dass am Ende einer langen Saison die mit dem meisten Geld | |
und dem besten Kader die Titel gewinnen. Was ich aber anregen will, ohne | |
deshalb respektlos sein zu wollen: Es gibt Siege, die sich dem [4][Zufall] | |
verdanken, und wir sollten in der Lage sein, sie auch genauso zu benennen: | |
[5][zufällig] und unverdient. | |
Denn wenn jeder Sieg verdient ist, dann ist es zugleich keiner. | |
26 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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