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# taz.de -- Verdienter Heimsieg für Wolfsburg: Insgesamt schon okay
> Im letzten Spiel unter Manager Jörg Schmadtke gewinnt der VfL Wolfsburg
> 6:0 gegen den SC Freiburg. Wie konnte das passieren?
Bild: Luca Waldschmidt verwandelt den Elfmeter zum 6:0 für Wolfsburg
Wolfsburg taz | Fast ein jeder wünscht sich „paradiesische Zustände“. Und
was soll man sagen? In Wolfsburg gibt es sie. Jedenfalls nach den
Erfahrungen des Fußballmanagers [1][Jörg Schmadtke]. „Wenn es dir um
professionelles Arbeiten geht, wirst du nicht viele Clubs finden, bei denen
du besser aufgehoben bist als beim VfL“, sagt er in einem bilanzierenden
Gespräch [2][in der Süddeutschen Zeitung].
Der Grund seien die klaren Zuständigkeitsstrukturen bei Besitzer VW, die
relative Ruhe in der Stadt und das Fehlen des handelsüblichen Wahnsinns von
sogenannten Traditionsclubs, den ganzen pseudoreligiösen Unfug. Letzteres
sagte er nicht explizit, aber man kann es herauslesen. Schmadtke verlässt
zum 31. Januar nicht nur nach viereinhalb Jahren den Wolfsburger
Bundesligisten, sondern auch den Fußball. Er ist jetzt 58, hat einiges
erreicht, und es reicht ihm in mehreren Beziehungen.
In seinem letzten Heimspiel zelebrierte der VfL einen erstaunlichen
6:0-Erfolg über den mittlerweile zum Spitzenclub gereiften [3][SC
Freiburg]. Obwohl, Spitzenclub? Im Fußball kann jedes Wochenende alles zur
Disposition stehen. Gerade waren die Freiburger noch selbstbewusst und im
Gefühl nachhaltiger Fortschritte als Tabellenzweiter aus der Winter- und
WM-Pause gekommen, nun werden sie insgeheim zittern und sich fragen, ob das
ein Ausrutscher war oder ein Knick. Trainer Christian Streich ließ
jedenfalls nach Spielende ganz schön die Schultern hängen.
Der VfL Wolfsburg dagegen sieht sich erst mal bestätigt darin, dass die
Fortschritte beträchtlich sind, die man im Erlernen des Kovac-Fußballs
gemacht hat, also defensive Stabilität durch Struktur, Fitness und
Aggressivität. Nico Kovac, seit Saisonbeginn VfL-Trainer, scheint nach
zähem Beginn und viel Ausprobieren personell und systematisch ein Team
gefunden zu haben, das mit seinem neuerdings schnellen Umschaltspiel im
oberen Tabellendrittel oder in dessen Nähe mitspielen kann. So sah das
zumindest am vergangenen Samstag aus.
## Fünfter Sieg in Folge
Dieses Team, das die Freiburger abfiedelte, hat sich im Lauf der Vorrunde
entwickelt und nun nach zweimonatiger Unterbrechung den fünften Sieg in
Folge gelandet. Es agiert im 4-3-3-System mit Kapitän Maximilian Arnold als
einzigem Sechser und den beiden Überraschungs-Topkräften auf den
Mittelfeldhalbpositionen, als da wären der klassische Teamplayer Yannick
Gerhardt und der zuvor offensiver eingesetzte Felix Nmecha. Auf den
Außenbahnen ist Paulo Otavio nach seinem Kreuzbandriss mittlerweile wieder
der Alte und Riedle Baku vielleicht auch, nachdem er im Spätherbst ein fast
hoffnungsloser Fall zu sein schien. Auf den Flügeln agieren zwei Sprinter,
Patrick Wimmer und Jakub Kaminski.
Gegen Freiburg fehlte von der neuen Stammelf nur Mittelstürmer Lukas
Nmecha, der wegen seiner Knieverletzung auch die WM verpasste. Was sein
Vertreter Jonas Wind, eigentlich Halbstürmer, für einen stabilen Auftritt
und zwei vorentscheidende Treffer vor der Pause nutzte (28., 37.). Die
frühe Führung hatte Patrick Wimmer nach 62 Sekunden erzielt, als sich eine
Wolfsburger Direktkombination und Freiburger Indisponiertheit in seinem
Sinne ergänzten. Die weiteren VfL-Tore schossen Gerhardt (56.), Baku (80.)
und der eingewechselte Waldschmitt per Strafstoß (90+4).
Man muss zugeben, dass der nicht zuvorderst für seine Ästhetik bekannte
Kovac-Fußball einen ansehnlichen Erlebnisfaktor beinhaltete, diverse Tore
fielen durch spektakuläre Kombinationen. Es ist nicht so, dass Kovac da was
dagegen hätte, aber er hat das Spektakel sofort nüchtern zum „Einzelfall“
erklärt: „So etwas gelingt nicht alle Tage.“
Wie immer im Fußball half dabei, dass der zuletzt superstabile SC Freiburg
gerade für regelmäßige Beobachter ohne Philipp Lienhart und Vincenzo Grifo
ungewöhnlich zahm und zweikampfschwach wirkte. Wenn man persönlich werden
will, dann tat sich speziell Freiburgs Aushilfs-Innenverteidiger Manuel
Gulde gegen Wind richtig schwer und Freiburgs Nationalspieler Christian
Günter lief bei den ersten beiden Treffern falsch und ließ sich dadurch
jeweils von Wimmer abkochen.
„Du kriegst Tore, die du nicht verteidigt hast“, sagte Trainer Streich mit
schwachem Stimmchen. Es waren auch noch die ersten beiden VfL-Schüsse aufs
Freiburger Tor. „Und dann entsteht so ein Abend, an dem man nichts falsch
machen kann“, sagte wiederum Wolfsburgs Trainer Kovac. Der Abstand zu Platz
2 und auch zu Freiburg beträgt nun nur noch vier Punkte, aber von den
üblichen Fragen lässt sich einer wie er nicht locken. Man wolle den Platz
verteidigen, den man jetzt erklommen habe, sagte er. „Darum geht’s“.
Der VfL Wolfsburg muss jetzt dreimal in Folge auswärts ran: am Dienstag bei
Hertha BSC, am Wochenende in Bremen und dann im DFB-Pokal bei Union Berlin.
Danach sieht man vielleicht klarer. Das Spiel bei Union am 31. Januar ist
dann das letzte in der Amtszeit von Jörg Schmadtke. Den Chefposten als
Geschäftsführer Sport übernimmt Marcel Schäfer, von Schmadtke aufgebaut,
der als Profi Meister mit dem VfL (2009) und Nationalspieler war.
## Möglichkeiten einer VW-Tochter
Bei der Frage der Bewertung der Schmadtke-Jahre werden speziell manche
Ligakonkurrenten immer höhnen, dass mit den Möglichkeiten einer VW-Tochter
mehr drin sein müsste, und das kann man schon so sehen. Aber andere Manager
haben lässig Geld verbrannt und viel weniger erreicht. Schmadtke – aus
seiner Freiburger Profizeit von Volker Finke geprägt – hat eher behutsam
gewirtschaftet, einige unerwartete Volltreffer gelandet, etwa Xaver
Schlager, Wout Weghorst, Lukas Nmecha und natürlich Trainer Oliver Glasner.
Und ein paar Mal hat er auch schön daneben gelangt, wir nennen aus Pietät
jetzt keine Namen.
Die Bilanz: Bundesligaplätze 6, 7, 4 und 12. Zweimal Europa League, einmal
[4][Champions League]. „Ich hab sicher nicht alles perfekt gemacht“, sagte
Schmadtke in dem erwähnten Interview über sein Gesamtwirken. „Aber ich
glaube, insgesamt war es schon okay.“
Das kann man doch so stehen lassen.
22 Jan 2023
## LINKS
[1] /Joerg-Schmadtke/!t5618795
[2] https://www.sueddeutsche.de/sport/schmadtke-interview-wolfsburg-bundesliga-…
[3] /SC-Freiburg/!t5008789
[4] /Champions-League/!t5007807
## AUTOREN
Peter Unfried
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