# taz.de -- DDR-Startrainerin Jutta Müller gestorben: Die Eiserne Lady des Eis… | |
> Als Trainerin führte Jutta Müller ein hartes Regiment. Mit ihren | |
> Schützlingen holte sie 57 internationale Medaillen. Darunter: | |
> Eiskunst-Star Kati Witt. | |
Bild: Gabriele Seyfert (l.) mit Mutter und Trainerin Jutta Müller bei den Euro… | |
CHEMNITZ dpa | Im DDR-Sport war Jutta Müller eine der schillerndsten und | |
erfolgreichsten Trainerinnen. Linientreue und SED-Mitgliedschaft hielten | |
die „Eiserne Lady“ des Eiskunstlaufs nicht davon ab, mit Pelzmantel in den | |
Arenen der Welt die Erfolge an der Seite ihrer Schlittschuh-Größen Katarina | |
Witt, Anett Pötzsch, Jan Hoffmann oder ihrer Tochter Gaby Seyfert zu | |
feiern. 57 Medaillen bei EM, WM und Olympischen Spielen sind die einmalige | |
Bilanz von Jutta Müller. | |
Im Alter von 94 Jahren ist sie nun am Donnerstag in einem Pflegeheim bei | |
Berlin gestorben. Das bestätigte ihre Tochter der Deutschen Presse-Agentur. | |
Zuvor hatte der MDR darüber berichtet. „Mit ihr verliert die | |
Eiskunstlauf-Welt eine der größten Trainerpersönlichkeiten und ist bestürzt | |
über ihren Tod“, sagte Andreas Wagner, Präsident der Deutschen | |
Eislauf-Union. | |
„Sie hat Talent erkannt und war selbst getrieben, dass man dies nicht | |
vergeudet“, sagte Witt einst über ihre strenge und autoritäre Trainerin. | |
„Da war sicherlich ein großer Teil eigener Ehrgeiz bei ihr dabei. Aber eben | |
so, dass sie sich verantwortlich fühlte, [1][das Beste gemeinsam mit dem | |
Sportler herauszuholen].“ Sie sei eine Trainerin aus Passion gewesen, die | |
„eigentlich nur ans Eiskunstlaufen gedacht und nichts dem Zufall | |
überlassen“ habe. | |
Gesiezt hat Witt ihre Lehrmeisterin bis zum Schluss, obwohl sie auch immer | |
eine enge Bezugsperson für sie war. „Jeder fragt uns: ‚Du sagst immer noch | |
Sie?‘ Ja, das werde ich immer! Frau Müller ist für mich immer Frau Müller. | |
Aus Respekt! Und trotzdem ist sie mir ganz nah“, hatte Witt beim 90. | |
Geburtstag der Trainerin gesagt. | |
## Olympiasiege ohne Ende | |
Die in Chemnitz geborene Jutta Müller führte Witt 1984 und 1988 ebenso zu | |
Olympiasiegen wie 1980 Anett Pötzsch. Zudem holte sie mit ihrer Tochter | |
Gaby Seyfert und Jan Hoffmann jeweils Olympia-Silber und Titel bei Europa- | |
und Weltmeisterschaften. „Ohne sie hätte ich nie diese Weltkarriere | |
erreicht“, sagte Witt. | |
„Ich habe viel verlangt und viel gegeben“, hatte Müller, die ihre | |
Trainerkarriere 1955 beim SC Karl-Marx-Stadt begann, einmal gesagt. „Ich | |
habe für alles gesorgt. Wir waren eine Einheit.“ Witt war stark genug, als | |
Persönlichkeit neben der stets elegant gekleideten Trainerin mit dem | |
schwarzen Dutt heranzuwachsen. Gaby Seyfert fiel es schwerer. Sie fühlte | |
sich in der Tochterrolle an der Seite der starken Jahrhundert-Trainerin | |
nicht immer wohl. | |
„Sie verkörperte diese Erfolge der DDR, sie wusste, wie man Erfolg | |
produziert“, sagte Udo Dönsdorf, früherer DEU-Sportdirektor, über Jutta | |
Müller. „Und das DDR-System war wie für sie gemacht, bot ihr alle | |
Möglichkeiten, weil Eiskunstlauf den Touch des Schillernden hatte.“ | |
## Raus aus dem Rampenlicht | |
Jutta Müller wurde selbst DDR-Meisterin im Paarlauf. Die Stadt Chemnitz | |
ernannte sie zur Ehrenbürgerin, 2004 wurde sie in die Hall of Fame der | |
[2][Eiskunstläufer] aufgenommen. Auch nach dem Ende ihrer Trainerkarriere | |
zog es sie immer noch in die Halle des Chemnitzer Eislauf-Clubs, dem | |
früheren SC Karl-Marx-Stadt. Besonders am Herzen lagen ihr die fünfmaligen | |
Paarlauf-Weltmeister Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, die sie oft beim | |
Training besuchte. Und als Savchenko Probleme mit dem dreifachen Salchow | |
bekam, war es Müller, die ihr mit Rat zur Seite stand. | |
[3][Nach der Wende] stand Müller, die als sehr nah zum SED-Regime | |
wahrgenommen wurde, nicht mehr im Rampenlicht. Die einstige Lehrerin für | |
Deutsch, Musik, Mathematik und Sport war 1946 in die Partei eingetreten. | |
„Das DDR-System konnte ja nicht übernommen werden. Das ist mir jetzt klar. | |
Aber es hätte trotzdem weitergehen können. Ich war damals eigentlich | |
verzweifelt, dass diese ganze Supernachwuchsarbeit von heute auf morgen | |
nicht mehr existieren konnte“, sagte Jutta Müller später einmal der | |
[4][Frankfurter Allgemeinen Zeitung]. | |
2 Nov 2023 | |
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[4] /Frankfurter-Allgemeine-Zeitung/!t5010467 | |
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