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# taz.de -- Neues Album von Ishmael Butler: Afrofuturismus in schwarzem Loch
> Wie im Alter geschmeidig bleiben? Das zeigt US-Rapper Shabazz Palaces mit
> seinem neuen Album „Robed in Rareness“.
Bild: Ishmael Butler alias Shabazz Palaces
Ishmael Butler muss sich nichts mehr beweisen, seinen Platz in der
Geschichte des Hiphop hat er längst sicher. Mit [1][seinem Trio Digable
Planets] nahm der Rapper in New York Mitte der 1990er Jahre zwei visionäre
und gefeierte Hiphop-Alben zwischen Jazz und Funk auf, die schon damals
als Meilensteine galten.
Ausgeruht auf diesen frühen Lorbeeren hat sich der 54-Jährige, der heute in
Seattle an der US-Westküste lebt, aber nie. Im Gegenteil: Rückblickend war
Digable Planets nur eine Episode in seiner musikalischen Laufbahn. Denn die
zweite, inzwischen viel länger andauernde Phase seines Schaffens läutete
Butler 2009 ein, als er die ersten Stücke seines aktuellen Projekts Shabazz
Palaces veröffentlichte. Nun erscheint mit „Robed in Rareness“ sein
sechstes Album unter diesem Namen beim US-Indie-Label Sub Pop.
Seitdem sich Butler in den neunziger Jahren intensiv mit George Clinton und
Sun Ra beschäftigt hat, gehört er zur stetig wachsenden Gemeinde der
Anhänger*innen des Afrofuturismus. Vor diesem Hintergrund ist „Robed in
Rareness“ so etwas wie die afrofuturistische Version eines
Gangsta-Rap-Werks.
Butler sieht in „Hustler’s Convention“ (1973) von Lightnin’ Rod ein Vor…
– jenes Album war mit Spoken-Word-Gedichten über zwei Zuhälter, unterlegt
mit geschmeidigen Funkriffs von Kool & The Gang, eine Blaupause für den
Sound und die Vorstellungswelten von Hiphop. Musik und Texte von Shabazz
Palaces allerdings aktualisieren das Geschehen für ein neues
Raumfahrtzeitalter.
## Sprache wird zu Klang
Eine durchgehende Handlung lässt sich in den sieben Tracks auf „Robed in
Rareness“ nicht erkennen, was auch an der Abmischung der Stücke liegt: Der
Sprechgesang von Ishmael Butler und seinen Gästen befindet sich häufig auf
einer Ebene mit den anderen Instrumenten. Die Stimmen werden mit Effekten
zusätzlich verfremdet, wodurch ihr Inhalt zurücktritt und die Sprache zu
einem abstrakten Klangelement wird.
Aufgrund seines Alters gilt Butler zwar als Veteran im schnelllebigen
Rap-Geschäft, „Robed in Rareness“ ist jedoch mitnichten ein um sich selbst
kreisendes nostalgisch anmutendes Spätwerk. Das liegt auch daran, dass sich
Butler bei jedem Track das Mikrofon mit Kollegen teilt. Neben Geechi Suede,
einer Hälfte des legendären New Yorker Duos Camp Lo, der aus der Generation
von Butler stammt, sind es vor allem jüngere Stimmen, deren Beiträge „Robed
in Rareness“ erkennbar in der Gegenwart verankern.
Gleich zum Auftakt wechselt sich Butler in dem Track „Binoculars“ mit dem
ebenfalls in Seattle wirkenden Royce The Choice ab. Drei tönerne Klänge aus
dem Keyboard bilden die spärliche melodische Grundlage, eine Bassdrum und
eine klickende Snare markieren einen losen Beat, darüber schlingernd ein
Vokalsample. Während Butler flüsternd unterhalb der Oberfläche schleicht,
fliegt Royce The Choice mit freien Reimen aus Triolen in
Lichtgeschwindigkeit über dem Treiben.
Butler gibt jüngeren Kollegen nicht nur auf seinen eigenen
Veröffentlichungen Raum. Dem auch aus Seattle kommenden Porter Roy, der in
„P Kicking G“ zu hören ist, hat er einen Vertrag mit seinem Haus-Label Sub
Pop verschafft, [2][genau wie dem Frauenduo TheeSatisfaction]; das Debüt
eines anderen Gast-Rappers, Lavarr the Starr, hat Butler kürzlich auf
seinem eigenen Label Glas Cane herausgebracht.
## Young Bro
Dass Butler ein Ohr am Puls der Zeit hat, liegt sicherlich auch an dem
Austausch mit seinem Sohn Lil Tracy, der selbst eine Karriere als Rapper
gestartet hat und sich im Stück „Woke Up in a Dream“ mit dem Vater misst.
Kühle Keyboardflächen und ein Bass aus dem Synthesizer dehnen den Beat wie
in einem schwarzen Loch, eine Wirkung, die durch Nachhall und Zischlaute im
Text von Ishmael Butler verstärkt wird.
Im Sinne der Selbsthuldigung im Gangsta-Rap preist er sich als vom Himmel
herabgestiegen („That I’m heaven sent / Well, it’s evident“), um gegen …
überraschend den Filius als sein Idol einzuführen: „Young Bro Tracy /
That’s my idol.“ Der angesprochene Lil Tracy übernimmt schließlich und
schickt zum Ende eine halb gesprochene, halb gesungene Erfolgsbotschaft aus
einer weit entfernten Galaxie. „Live my life like a movie scene / Riding in
a coupé / Money long like limousine.“
In „Robed in Rareness“ besitzt Ishmael Butler die Abgeklärtheit und
Souveränität eines Elder Statesman, der weiß, dass in der gezielten
Förderung des Nachwuchses die eigene Erneuerung liegt.
23 Nov 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Sven Beckstette
## TAGS
Rap
Gangsta-Rap
USA
Afrofuturismus
Afrofuturismus
Umweltschutz
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