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# taz.de -- Die Wahrheit: Antisemitische Luft
> „Das darf man ja heute nicht mehr sagen!“ ist keine
> Alleinstellungsfloskel tumber Wutbürger, sondern auch Mantra jedes
> aufrechten Israelkritikers …
Bild: Das Brandenburger Tor in Berlin am 85. Jahrestag der Pogrome vom November…
Dass sich ausgerechnet die Klemmnazis der AfD über den importierten
Antisemitismus so ereifern, wird oft als absurd wahrgenommen. Dabei ist es
doch nur folgerichtig. Wer freut sich schon gerade bei einem seiner
Markenkerne über noch mehr Konkurrenz, zumal der Markt ohnehin bereits so
heiß umkämpft ist? Denn auch die aufgeregt nach links und Süden zeigenden
Bürgerlichen von CDU/CSU und FDP müssen ja gut aufpassen, dabei nicht so
vehement herumzufuchteln, dass man hinter ihnen versehentlich in den
Einschlagkrater von Jürgen W. Möllemann oder den Tornister ihres
Koalitionspartners Aiwanger blicken kann.
Ungeachtet dessen allerdings zeigen sie schon auch auf die Richtigen.
„Israelkritisch“ hat es inzwischen ja bereits zu einem eigenen
Duden-Eintrag gebracht, anders als „russlandkritisch“, „chinakritisch“ …
„takatukalandkritisch“, von „deutschlandkritisch“ ganz zu schweigen. Wir
dürfen gespannt sein, wann das Finanzamt „Israelkritiker“ endlich als
Berufsbezeichnung anbietet, verdienen lässt sich damit jedenfalls
offenkundig recht auskömmlich. Das Weltfinanzjudentum guckt schon ganz
neidisch!
Ein Bonus-Ärgernis am Rande ist es, dass die Linken dabei nicht nur die
Inhalte, sondern auch die Rhetorik von rechts übernehmen. „Aber das darf
man ja heute nicht mehr sagen!“ ist längst nicht mehr die
Alleinstellungsfloskel tumber Wutbürger, sondern auch das Mantra jedes
aufrechten Israelkritikers.
Dabei kann man tatsächlich ganz problemlos so wie ich beispielsweise
Netanjahu für einen gefährlichen Rechtspopulisten und die Siedlungspolitik
im Westjordanland für grundfalsch halten, ohne dass deswegen irgendjemand
mit der Antisemitismuskeule daherkommt – eine Waffe übrigens, deren
Wirksamkeit angesichts der Lage in Deutschland und der Welt ganz
offensichtlich gleich hinter durch die Luft flitschenden Weckgummis kommt.
## Naive Begeisterung für Exotisches
Als ich vor 35 Jahren als interrailender Jugendlicher in einem
internationalen Zeltlager kurz Freundschaft mit Nordafrikanern schloss, tat
ich das wohl auch aus einer naiven Begeisterung für ihre mir exotisch
erscheinende Herkunft. Und weil sie Bier dabeihatten, natürlich. Sie
dagegen offenbarten mir nach zweien davon, dass sie mich ebenfalls wegen
meiner Herkunft mochten: Die Deutschen hätten schließlich wenigstens mal
was gegen die Juden getan!
Auch bei meinen Reisen in Südamerika wurde ich oft aus zwei mir
ausgesprochen lästigen Gründen besonders herzlich aufgenommen: weil die
Deutschen im Fußball so gut und weil sie ja auch gegen die Juden seien.
Aber auch das sind sicherlich nur Fälle wohlbegründeter Israelkritik. Das
wird man ja wohl noch sagen dürfen!
Als der UN-Generalsekretär António Guterres anmerkte, das Massaker der
Hamas vom 7. Oktober habe „nicht im luftleeren Raum“ stattgefunden, hatte
er zweifellos recht. Doch was diesen Raum füllt, hat einen einfachen Namen:
Antisemitismus.
10 Nov 2023
## AUTOREN
Heiko Werning
## TAGS
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Schwerpunkt AfD
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