# taz.de -- Schwere Kämpfe im Osten der DR Kongo: Es droht ein Flächenbrand | |
> Milizen eröffnen den Kampf gegen die von Ruanda unterstützten | |
> M23-Rebellen. Eingreiftruppen aus Burundi sind präsent, halten sie aber | |
> nicht auf. | |
Bild: Vormarsch oder Rückmarsch? Soldaten im Einsatz in Nord-Kivu | |
BERLIN taz | Im Osten der Demokratischen Republik Kongo ist der Krieg | |
zwischen der Regierung und der Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) | |
wieder voll entbrannt. Schwere Kämpfe toben seit einer Woche in den | |
Masisi-Bergen nordwestlich der Millionenstadt Goma, Hauptstadt der Provinz | |
Nord-Kivu an der Grenze zu Ruanda. | |
Am Freitag vermeldeten regierungstreue Milizen, genannt „Wazalendo“ | |
(Patrioten), die sich als paramilitärische Hilfstruppe der Regierungsarmee | |
verstehen, die Einnahme mehrerer Ortschaften, darunter die Stadt | |
[1][Kitshanga], die im Januar an die M23 gefallen war. Die M23 will | |
Kitshanga am Samstag wieder zurückerobert haben und droht mit eigenen neuen | |
Offensiven. | |
Die Kämpfe haben nach [2][UN-Angaben vom Samstag] 51.000 Zivilisten in die | |
Flucht geschlagen, in einer Provinz mit ohnehin 2,4 Millionen | |
Kriegsvertriebenen. Am Sonntag blieb die Lage unübersichtlich. | |
Eigentlich steht in Nord-Kivu eine multinationale [3][Eingreiftruppe der | |
Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC)]. Sie wurde nach der Eroberung weiter | |
Landstriche von Nord-Kivu durch die M23 vor knapp einem Jahr stationiert, | |
um die Provinzhauptstadt Goma zu schützen und dann schrittweise die | |
Kontrolle über einzelne Rebellengebiete zu übernehmen, damit die M23 sich | |
demobilisieren kann – ohne ihre Gebiete der Regierung überlassen zu müssen. | |
In den Masisi-Bergen steht das EAC-Kontingent aus Burundi. | |
Da Kongos Regierung aber nicht wie zugesagt im Gegenzug mit der M23 | |
verhandelt, ist dieser Friedensplan ins Stocken geraten. Auf | |
Regierungsseite wird der EAC-Truppe vorgeworfen, die M23 zu schützen. Auf | |
M23-Seite zirkuliert nun der Gegenvorwurf, Burundis EAC-Soldaten würden die | |
Wazalendo aufrüsten. Kongos Präsident Felix Tshisekedi soll demnach mit | |
Burundi ein Separatabkommen über direkte Unterstützung für Kongos Armee | |
geschlossen haben. | |
Dieser Vorwurf ist brisant, denn damit wächst die Gefahr einer direkten | |
militärischen Konfrontation zwischen Burundi und Ruanda auf kongolesischem | |
Gebiet. In Burundi regiert die ehemalige Hutu-Rebellenbewegung CNDD-FDD | |
(Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie), in Ruanda die | |
ehemalige Tutsi-Rebellenbewegung RPF (Ruandische Patriotische Front). | |
Die RPF unter Ruandas heutigem Präsidenten Paul Kagame beendete 1994 den | |
Völkermord an Ruandas Tutsi, dessen Täter dann nach Kongo flohen und sich | |
dort neu formierten – im Bündnis mit Burundis Hutu-Rebellen, die damals | |
gegen eine Tutsi-Militärdiktatur in Burundi kämpften und seit 2005 Burundi | |
regieren. Heute unterstützt Ruanda die M23, die von kongolesischen Tutsi | |
geführt wird, und wirft Kongos Armee vor, die ruandischen Hutu-Milizen | |
gegen die M23 einzusetzen und [4][Tutsi töten zu lassen]. Jetzt nennen | |
M23-Kräfte auch noch Burundi als Teil der Koalition ihrer Feinde. | |
Dass in den Masisi-Bergen jetzt lokale Milizen anstelle der regulären Armee | |
in Aktion treten, nährt die jahrzehntealten ethnischen Landkonflikte der | |
Region neu. Es kursieren [5][Fotos] und [6][Videos] von brennenden Hütten | |
und Dörfern in den Masisi-Bergen im Rahmen der Vorstöße der | |
Wazalendo-Milizen. | |
An der Spitze dieser Politik des Einsatzes von Milizen steht der neue | |
Militärgouverneur von Nord-Kivu, General Peter Cirimwami, dem schon in der | |
Vergangenheit [7][vorgeworfen] wurde, irreguläre Milizen auszurüsten. Er | |
wurde im September Militärgouverneur, nachdem sein Vorgänger Constant Ndima | |
die politische Verantwortung für ein [8][Massaker an mindestens 50 | |
unbewaffneten Wazalendo-Angehörigen in Goma durch Kongos Präsidialgarde] | |
übernehmen musste. Offenbar soll Cirimwami nun die Beziehungen zwischen der | |
Armee und ihren paramilitärischen Unterstützern reparieren. | |
Parallel dazu wurde am Freitag in Kongos ferner Hauptstadt Kinshasa der | |
bekannteste Tutsi-Geschäftsmann Nord-Kivus von einem Militärgericht zum | |
Tode verurteilt. Der 70-jährige [9][Edouard Mwangachuchu] ist eigentlich | |
Abgeordneter in Kongos Parlament für die ehemalige Rebellenbewegung CNDP | |
(Nationalkognress zur Verteidigung des Volkes), Vorläufer der M23. Er | |
besitzt die Bergbaufirma SMB, die [10][Kongos größte Coltanmine Rubaya] in | |
den Masisi-Bergen betreibt. | |
Am 28. Februar war Mwangachuchu in Kinshasa verhaftet worden, nachdem in | |
Autos seiner Firma Waffen gefunden worden waren. Im Kontext der Dauerkriege | |
Ostkongos ist es zwar normal, dass Unternehmen in der Region für ihre | |
eigene Sicherheit sorgen, aber Mwangachuchu wurde Hochverrat vorgeworfen. | |
8 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Kaempfe-im-Kongo/!5911866 | |
[2] https://reliefweb.int/report/democratic-republic-congo/republique-democrati… | |
[3] https://twitter.com/eacrf_DRC | |
[4] /Gewalt-gegen-Tutsi-in-Kongo/!5923405 | |
[5] https://infosdirect.net/2023/10/05/nord-kivu-la-communaute-tutsi-alerte-sur… | |
[6] https://twitter.com/MaishaRdc/status/1710576369556394334 | |
[7] https://www.hrw.org/news/2022/10/18/dr-congo-army-units-aided-abusive-armed… | |
[8] /Tote-bei-Armeeeinsatz-im-Kongo/!5957472 | |
[9] https://english.congovirtuel.com/biography-of-edouard-mwangachuchu-hizi/ | |
[10] /Coltanabbau-im-Kongo/!5547168 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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