# taz.de -- Massaker an Zivilisten in Kongo: Todesstrafe für den Oberst | |
> Militärgericht der DR Kongo verurteilt Soldaten in Goma. Sie haben 57 | |
> Demonstranten erschossen. Aber es gibt Zweifel an der offiziellen | |
> Version. | |
Bild: Zum Tode verurteilt: Oberst Mike Mikombe (Mitte), hier vor dem Militärge… | |
BERLIN taz | Ein Militärgericht in der Demokratischen Republik Kongo hat am | |
Montag harte Strafen gegen Militärangehörige verhängt, die für das | |
schwerste Massaker an unbewaffneten Demonstranten seit Amtsantritt von | |
Präsident Felix Tshisekedi verantwortlich gemacht werden. Das | |
Militärtribunal in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma verurteilte | |
Oberst Mike Mikombe von der Präsidialgarde GR (Garde républicaine) zum Tode | |
und drei weitere Angeklagte zu je zehn Jahren Haft. Zwei Angeklagte wurden | |
freigesprochen. | |
Am 30. August hatte die kongolesische Präsidialgarde in Goma eine | |
nächtliche Versammlung von Anhängern einer radikalen Sekte im Umfeld der | |
neuerdings zahlreich entstandenen „patriotischen“ Wazalendo-Milizen, die an | |
der Seite der Armee gegen Rebellen kämpfen sollen, gesprengt und [1][nach | |
offiziellen Angaben 57 Menschen getötet]. Zahlreiche Fotos und Videos | |
dokumentierten das Ausmaß des Blutbades, es kam zu Unruhen. | |
Unüblich schnell wurden am 5. September die mutmaßlichen Verantwortlichen | |
des Massakers vor die Militärjustiz gestellt. Der Militärgouverneur der | |
Provinz Nord-Kivu, Generalleutnant Constantin Ndima, wurde abgesetzt. | |
Viele Beobachter kritisierten den Militärprozess, weil die eigentlichen | |
Verantwortlichen nicht angeklagt seien. Der Hauptangeklagte Mikombe, dem | |
vorgeworfen wurde, den Schießbefehl erteilt zu haben, [2][wies seine Schuld | |
zurück]: Er selbst sei nur ausführendes Organ gewesen, sagte er und | |
verlangte, den abgesetzten Militärgouverneur Ndima zumindest als Zeugen zu | |
laden, denn „er kommandierte die Operationen in Nord-Kivu“. Man könne nicht | |
„die Präsidialgarde beschmutzen, um den Gouverneur zu schonen“, so Mikombe. | |
## Zeugen widersprechen der offiziellen Version | |
Auch andere Armeeangehörige machten geltend, bei einer Beteiligung an einer | |
Militäroperation sei die Präsidialgarde dem zuständigen Armeekommando | |
unterstellt und agiere nicht autonom, wie es die Anklage unterstelle. | |
Zeugen widersprachen im Prozess auch der offiziellen Version, wonach die | |
blutige Operation in Reaktion auf den Lynchmord an einem Polizisten | |
durchgeführt worden sei. Vielmehr habe es zwischen der Armee und der Sekte | |
bei deren nächtlicher Zusammenkunft zur Vorbereitung einer Demonstration | |
Gespräche zur Deeskalation gegeben, die dann abrupt durch Schüsse seitens | |
des Militärs beendet worden seien. | |
Die Menschenrechtsorganisation VSV (Voix des Sans-Voix) [3][verlangte eine | |
unabhängige Untersuchung] des Massakers, das ein Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit darstelle. Die Zahl der Opfer sei dreistellig, viele Leichen | |
seien verschwunden, etwa in den Kivusee geworfen worden. | |
3 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Tote-bei-Armeeeinsatz-gegen-Sekte/!5957332 | |
[2] https://twitter.com/michombero/status/1705119146227249257 | |
[3] https://ouragan.cd/2023/10/carnage-de-goma-la-vsv-exige-une-enquete-approfo… | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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