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# taz.de -- Neue Therapie gegen Epstein-Barr-Virus: Spender-T-Zellen gegen das …
> Bei der adoptiven Immuntherapie geben gesunde Menschen Immunzellen her.
> Das könnte gegen das Epstein-Barr-Virus helfen.
Bild: Eine T-Zelle unterm Elektronenmikroskop
Im Jahr 1823 wurde das erste Mal eine junge Mutter mit dem Blut eines
anderen Menschen vor dem Tod gerettet. Schon seit 40 Jahren werden mit
Stammzellentransplantationen Menschen mit Blutkrebs erfolgreich behandelt.
Weniger bekannt ist eine andere Art von Transplantation: Bei der
sogenannten [1][adoptiven Immuntherapie] profitieren immunkranke
Patient*innen von den Immunzellen gesunder Spender*innen.
Seit etwa 30 Jahren werden so Menschen in einer Krebsbehandlung
unterstützt. Forschende der Universität Hannover haben jetzt festgestellt,
[2][dass Immunzellspenden auch gegen das Epstein-Barr-Virus (EBV) helfen
können]. Ihre Fallsammlung von 34 Patient*innen hat gezeigt, dass eine
solche Therapie risikoarm und effektiv ist.
[3][Das Epstein-Barr-Virus ist verbreitet]. „Man geht davon aus, dass etwa
96 Prozent aller Menschen mit diesem Virus infiziert sind“, sagt Britta
Maecker-Kolhoff. Sie ist Professorin an der Medizinischen Hochschule
Hannover, ebenso wie Britta Eiz-Vesper. Beide Ärztinnen haben die
Fallsammlung maßgeblich gestaltet und ausgewertet.
Die meisten Menschen kennen das Epstein-Barr-Virus nur durch eine
Krankheit, die bei einer Erstinfektion auftreten kann: Pfeiffersches
Drüsenfieber. Extreme Müdigkeit, Halsschmerzen, geschwollene Lymphknoten –
all das sind Anzeichen für die Krankheit, die im Fachjargon Mononukleose
heißt. Junge Menschen stecken die Infektion gut weg. Gefährlich wird das
EBV, wenn es bei immungeschwächten Menschen erneut ausbricht. Dann kann es
Lymphknotenkrebs auslösen. Für diese Patient*innen ist die Therapie
gedacht. „Aufgrund des großen Aufwands kommt sie für Menschen ohne
Immunschwäche derzeit nicht infrage“, sagt Maecker-Kolhoff.
## Genau auf das Virus gerichtet
Um den Patient*innen helfen zu können, stellen die Forscher*innen
ein sogenanntes Zellprodukt her. Zellprodukt meint isolierte Zellen, die
genau auf das Virus gerichtet sind. In Beuteln werden sie zu den
Patient*innen transportiert und über einen Zugang im kranken Körper
verteilt. „Wir haben die T-Zellen lediglich angereichert. Die Zellen werden
dabei nicht verändert“, sagt Britta Eiz-Vesper. Die gespendeten Zellen
gehen in einer Maschine namens Prodigy auf Achterbahnfahrt, durch
verschiedene Gefäße und Schläuche. Die gesuchten T-Zellen lassen sich
magnetisch von künstlichen Versionen des EBV-Erregers anziehen. Durch
dieses Prozedere dauert es in der Regel 16 bis 24 Stunden, bis die Produkte
an die Kliniken ausgegeben werden können. Am Ende des Vorgangs bleiben die
Zellen übrig, auf die es ankommt. Sie übernehmen stellvertretend die Rolle
körpereigener T-Zellen.
Es gibt zwei Arten von Immunabwehr: die angeborene und die erworbene.
Wichtig in diesem Fall ist die erworbene Immunabwehr, durch die wir im
Laufe des Lebens immer besser auf erneute Infektionen reagieren können.
Wenn sich Menschen zum Beispiel mit Erkältungsviren infizieren, bildet der
Körper im Knochenmark T-Zellen aus, die dann im Blut schwimmen. Sie sind
eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, können nach einmaliger
Infektion bekannte Erreger identifizieren und bekämpfen. Dass T-Zellen
Erreger erkennen, liegt am Schlüssel-Schloss-Prinzip. Die Oberfläche der
Abwehrzellen kann sich passgenau an Erreger anschließen und sie unschädlich
machen.
Gegen EBV gibt es im Körper vergleichsweise viele Abwehrzellen, zumindest,
wenn das Immunsystem nicht geschwächt ist. 0,1 bis 0,5 Prozent aller
T-Zellen gehören dazu. Das liegt daran, dass sich das Virus wenig verändert
– im Gegensatz zu Erkältungsviren. Deshalb ist das Epstein-Barr-Virus meist
ungefährlich – auch, wenn es ein Leben lang in Körperzellen schläft. Es
bricht nach einer Erstinfektion meist nicht erneut aus – außer, wenn das
Immunsystem künstlich oder durch Krankheiten geschwächt ist. In der
Patientenkohorte in Hannover hatte der Großteil gerade Stammzellen oder ein
neues Organ erhalten.
Im Register der Universität Hannover seien allein 4.500 Spender*innen
angemeldet, sagt Eiz-Vesper. Es war weltweit das erste umfassende Register
für Knochenmarkspenden. Die meisten Spender*innen kommen aus Hannover
und Umgebung. Auf dieses Register haben die Forscher*innen auch
zugegriffen, als sie die Wirkung gespendeter T-Zellen testeten.
## Klinische Studie in Vorbereitung
„Wir haben eine unglaubliche Spendebereitschaft“, sagt Eiz-Vesper. Und das,
obwohl es sehr schnell gehen muss. In nur sieben bis 14 Tagen brauchen die
Patientinnen und Patienten die T-Zellen. Um die T-Zellen zu entnehmen,
werden die Spender*innen an Maschinen angeschlossen, durch die ihr Blut
läuft – ähnlich wie bei einer Dialyse. Die Automaten entnehmen dann die
Zellen. Eine Vollnarkose ist nicht nötig.
Bisher haben die Forscher*innen in Hannover noch nicht genug
Patient*innen getestet. Sie sprechen deshalb von einer
Patientenkohorte. Eine klinische Studie ist das noch nicht. Die werde
gerade vorbereitet, sagt Britta Maecker-Kolhoff. Die Behandlung von
Patient*innen gegen andere Viren laufe aber schon gut: „Diese
Zellprodukte werden in Hannover hergestellt, aber deutschland- und
europaweit angewendet.“
Die beiden Wissenschaftlerinnen hoffen, dass die adoptive Immuntherapie
noch bekannter wird. Dazu müssen mehr Ärzt*innen davon erfahren. Nach der
Transplantation von Immunzellen seien die Probleme meist gut in den Griff
zu bekommen. Bisher haben sie in Hannover 500 Zellprodukte gegen
verschiedene Viren hergestellt.
25 Oct 2023
## LINKS
[1] https://www.dzif.de/de/glossar/adoptive-immuntherapie
[2] https://www.mhh.de/presse-news/mit-individueller-immuntherapie-schwere-ebv-…
[3] /Epstein--Barr--Virusunter-Verdacht/!5825729/
## AUTOREN
Lisa Bullerdiek
## TAGS
Virus
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Krebs
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