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# taz.de -- Globale Durchschnittstemperatur: 2023 wird zum Rekordjahr
> Klimaexperten halten ein Rekordjahr für nahezu sicher. Sie warnen: Schon
> in einem Jahrzehnt könnte ein Jahr wie 2023 der Normalzustand sein.
Bild: 2023 brachte Rekordtemperaturen in den Ozeanen, Aufnahme mit einer Thermo…
Reading/Berlin dpa/taz | Das Jahr 2023 dürfte nach Einschätzung von
Experten das global wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen werden. Das
laufende Jahr sei auf dem Kurs, die Werte des bisherigen Rekordjahres 2016
zu übertreffen, teilte der EU-Klimawandeldienst Copernicus am Donnerstag
mit. Ein globales Rekordjahr sei „schon jetzt quasi sicher“, sagt auch
Dieter Gerten vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Nun schon seit etwa einem halben Jahr werde ununterbrochen eine rekordhohe
Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche registriert, erklärte Gerten der
Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie liege zudem nicht nur minimal, sondern
recht deutlich – um mehrere Zehntelgrad – über den bisherigen Rekorden der
betreffenden Monate. „Damit befinden wird uns zumindest im Moment sehr nah
an einer mittleren Erderwärmung von 1,5 Grad über dem vorindustriellen
Wert.“
Gemäß dem Pariser Klimaabkommen sollte unbedingt vermieden werden, diese
Marke längerfristig zu überschreiten. Bisher lagen die durchschnittlichen
Temperaturen 2023 nach den Copernicus-Daten 1,4 Grad über dem
vorindustriellen Niveau. Im September waren es demnach sogar 1,75 Grad mehr
als im vorindustriellen Referenzzeitraum von 1850 bis 1900. Als „absolut
verrückt“ [1][bezeichnete Zeke Hausfather,] Klimaforscher und einer der
Autoren des UN-Weltklimaberichts, die Entwicklung.
[2][Auch für Deutschland hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) bereits
einen rekordwarmen September festgestellt]: Mit einer
Durchschnittstemperatur von 17,2 Grad Celsius war er 3,9 Grad wärmer als
ein September in der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis
1990. Damit geht der September 2023 als der wärmste in die bislang 142
Jahre währende Zeitreihe der Wetteraufzeichnung ein.
## Extreme bei Wasser- und Lufttemperatur
Nach vorläufigen Daten der US-Plattform „Climate Reanalyzer“ liegt die
[3][Oberflächentemperatur der Meere] im globalen Mittel bereits seit April
anhaltend deutlich über den bisherigen Höchstwerten für den jeweiligen Tag.
Auch die Kurve für die Lufttemperatur zeigt erschreckende Extreme: So war
im September wie auch schon im Juli jeder Tag ein Höchstwert-Tag für das
jeweilige Datum in den rund 40 Jahren Aufzeichnung.
Auch der Klimamodellierer Helge Gößling vom Alfred-Wegener-Institut (AWI)
in Bremerhaven hält es „für fast sicher“, dass 2023 global gemittelt das
bisher wärmste Jahr sein wird. Die hohen Temperaturen insbesondere seit
März seien sehr außergewöhnlich, sie stächen erstaunlich weit aus allen
vorherigen Jahren seit Beginn der Messungen heraus. Die langfristige
Erwärmung komme hierbei kombiniert mit natürlichen regionalen Schwankungen
zum Tragen.
Derzeit gewinne das natürliche Klimaphänomen [4][El Niño] an Einfluss,
erklärte Gerten. Der maximale Effekt dürfte sich demnach ab dem kommenden
Winter und Frühjahr einstellen. Mit wieder merklich sinkenden Temperaturen
sei aber auch danach nicht zwingend zu rechnen. Ein El Niño kann die im
Zuge der Klimakrise ohnehin stetig steigenden Temperaturen zusätzlich in
die Höhe treiben – das bisherige Rekordjahr 2016 zum Beispiel war ein
El-Niño-Jahr. Gegenstück dazu ist das Phänomen La Niña, das die globale
Durchschnittstemperatur drückt.
Die Abfolge von El Niños und La Niñas im tropischen Pazifik sei
typischerweise der stärkste Treiber für zufällige Schwankungen der global
gemittelten Temperatur, erklärte AWI-Forscher Gößling. „Es handelt sich
schlicht um eine sehr große Fläche, die von dieser kräftigen Klimaschaukel
betroffen ist.“
Zumeist sei das zweite Jahr mit El-Niño-Bedingungen wärmer als das Jahr, in
dem das Phänomen einsetze. So sei es etwa 1997/1998 und 2015/2016 gewesen.
Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass die außergewöhnliche Wärme von 2023 in
den anderen Meeresregionen nächstes Jahr wieder ähnlich stark ausfallen
wird. „Ich halte es daher für etwas wahrscheinlicher, dass 2023 erstmal den
Rekord behalten wird, das ist jedoch recht spekulativ.“
## Extrem ist das neue Normal
Klar sei aber auch, dass es nicht allzu lange bis zu einem noch wärmeren
Jahr dauern werde – und in etwa zehn Jahren werde ein Jahr wie 2023 wohl
eher als normal durchgehen. „Solange wir weiter große Mengen fossiler
Brennstoffe verbrennen, werden immer höhere Hitzerekorde das neue Normal“,
so Gößling.
Ein durchschnittliches oder gar eher kühles Jahr, wie es sie im 20.
Jahrhundert gab, sei in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten, sagt auch
PIK-Experte Gerten. Die Frage sei jeweils bloß noch, ob es ein abermaliges
Rekordjahr werde oder es „nur“ unter den fünf bis zehn wärmsten seit
Aufzeichnungsbeginn lande.
Beim Extremwetterkongress in Hamburg hatten Klimaexperten kürzlich
verkündet, die Chance sei verpasst, mit relativ wenig Aufwand das
Klimasystem zu stabilisieren. Der Klimawandel werde nun in großen Teilen
ungebremst erfolgen. Nicht mehr abwendbare massive Veränderungen seien auf
der Erde zu erwarten.
„Wir müssen uns damit abfinden, dass die 1,5-Grad-Grenze überschritten
werden wird. Damit ist das Pariser Rahmenabkommen in diesem Punkt faktisch
gescheitert“, hatte Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für
Meteorologie, gesagt. „Das bedeutet auch, dass es nur noch mit enormen
Anstrengungen möglich sein wird, die Erwärmung unter der 2-Grad-Grenze zu
halten.“ Aktuell sei man eher auf dem Weg in eine 3-Grad-Welt bis zum Ende
des Jahrhunderts.
6 Oct 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/hausfath/status/1709217151452954998
[2] /Neue-Wetterstatistik/!5964217
[3] /Studien-zur-Erhitzung-des-Ozeans/!5931558
[4] /El-Nio/!t5032016
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