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# taz.de -- Sexismusvorwürfe an der Uni Kiel: Wenn der Tutor mal ausgehen will
> Studierende beschweren sich über Sexismus an der Kieler Universität. Es
> geht um Pornos im Hörsaal und respektloses Verhalten gegenüber
> Studentinnen.
Bild: Nicht gut für die Umgangsformen: kaum Frauen im Hörsaal
Rendsburg taz | Männliche Studierende, die Bilder ihrer Genitalien an
Kommilitoninnen verschicken, Professoren, die gönnerhaft um Applaus bitten,
wenn sich eine Studentin im Auditorium zu Wort gemeldet hat – am Institut
für Informatik an der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU) häuften
sich sexistische Vorfälle.
Nach einem [1][Bericht über die Lage in der Uni-Zeitschrift Albrecht] im
Januar richtete das Institut [2][eine Taskforce ein], deren Mitglieder
heute im Bildungsausschuss des Landtags berichten. Dabei ist die Gruppe
schon wieder aufgelöst. Studierende befürchten, dass von deren Arbeit wenig
bleibt.
Das Foto auf der Homepage des Informatik-Instituts zeigt eine heile Welt:
Eine Studentin steht vorn und erklärt etwas, im Auditorium halten sich
männliche und weibliche Personen die Waage. Die Realität im Fachbereich
sieht anders aus: Der Frauenanteil liege bei rund 17 Prozent, in allen
Semestern gebe es nur 251 Frauen unter 1.500 Studierenden, berichten die
Studierenden Anna, Patricia und Mark der taz.
Ihre echten Namen wollen sie nicht nennen, um sich nicht weiter zu
exponieren: „Unser Gefühl ist: Wenn die Uni Stellung zu etwas nehmen muss,
sind immer die bösen Studis schuld“, sagt Anna. Dennoch engagiert sie sich:
„Ich will das System besser hinterlassen, als ich es vorgefunden habe.“
## Taskforce soll es richten
Alle drei haben [3][Erfahrungen mit Alltagssexismus gemacht] oder kennen
Personen, die solche Dinge erlebt haben. So habe ein Student in Vorlesungen
pornografische Hentai-Filme geschaut, ein anderer habe in der Vorlesung
masturbiert. „Das wurde in einer Chatgruppe kritisiert, aber es wäre gut
gewesen, wenn Anwesende die Person direkt darauf angesprochen hätten“, sagt
Patricia.
Viele Studentinnen hätten auch das Problem, von männlichen Übungsleitern –
meist Studierende höherer Semester – um Dates gebeten zu werden. „Es ist
nicht ganz leicht, das abzulehnen, weil diese Personen die Arbeiten
bewerten“, sagt Anna. Alle drei sagen auch: „Wir haben viele tolle
Übungsleiter, Dozenten und Professoren.“ Allerdings wünschten sie sich von
denen mehr Einsatz gegen konservative Haltungen und sexistische Sprüche
anderer.
Als der Bericht in der Uni-Zeitung die Vorfälle öffentlich machte, berief
das Institut eine Taskforce ein. Bereits vorher habe die Uni reagiert,
unter anderem mit der Einrichtung eines „Frauencafés“, teilt die
Pressestelle der CAU auf Anfrage mit. „[4][Sexismus, sexueller Belästigung
und sexualisierter Gewalt] treten wir in allen Bereichen der Universität
entschieden entgegen“, sagt Catherine Cleophas, als Vizepräsidentin der CAU
für Gleichstellung und Diversität zuständig.
Aus Sicht der Studierenden sei es vor allem die Gleichstellungsbeauftragte
gewesen, die sich für das Frauencafé eingesetzt habe, während die
Uni-Leitung eher „Steine in den Weg gelegt“ habe: „Die Hürden, etwas zu
ändern, waren immer sehr hoch“, sagt Anna.
Die Taskforce war allerdings auch aus Sicht der Studierenden ein Erfolg.
„Die Gruppe hat viel angestoßen“, berichtet Mark. Dem Gremium gehörten
Studierende, Beschäftigte aus dem Mittelbau und Professoren an, wobei die
Lehrenden nicht die Mehrheit hatten, wie es sonst in Uni-Gremien üblich
ist.
Die Taskforce regte unter anderem Fortbildungen an, die „Lehrende und
Studierende gleichermaßen adressieren“, wie die Uni mitteilt. Zudem werde
„Kontakt zu Einrichtungen angeboten, die Unterstützung anbieten“. Ende
September beendete die Taskforce ihre Arbeit – das sei von Anfang an so
geplant gewesen, sagt Uni-Vizepräsidentin Catherine Cleophas.
Sie verspricht, dass die „Ergebnisse nun dauerhaft strukturell verankert
werden sollen“. So sollen die „Themen Sexismus und Diskriminierung
regelmäßig im Direktorium des Instituts für Informatik behandelt werden“.
Die Studierenden fürchten aber, dass das [5][unangenehme Thema] mit dem
Auslaufen der Taskforce wieder in der Versenkung verschwindet. „Es könnte
an die Fakultät outgesourct werden“, glaubt Mark. Informatik ist eines von
drei Instituten der Fakultät, es liegt aber räumlich getrennt auf einem
anderen Campus – sprich, was in der Informatik passiert, sei für die
anderen Fachbereiche weit weg.
## Thema im Landtag
Die Möglichkeiten, sich zu beschweren, schätzt Anna als gering ein: „Wir
sind so wenige, dass es fast immer klar ist, von wem eine Beschwerde
ausgeht. Das macht es schwer, sich zu melden.“
Von der Beratung im Landesausschuss erhoffen sie sich, „dass die Sicht der
Studierenden wirklich gehört wird“. Geht es nach ihnen, sollte die
Taskforce weiterbestehen. Denn obwohl das Thema in der Informatik besonders
aufgefallen war, hätten andere Fachbereiche sich über die Initiative
gefreut. „Die übernehmen, was hier entwickelt wird“, berichtet Patricia.
4 Oct 2023
## LINKS
[1] https://www.der-albrecht.net/dickpics-applaus-und-imposter-syndrom/
[2] https://frauen.inf.uni-kiel.de/
[3] /10-Jahre-Aufschrei/!5907788
[4] /5-Jahre-metoo/!5885447
[5] /Humboldt-Universitaet/!5953544
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
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