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# taz.de -- Oslo will Tiefseebergbau erlauben: Wie tief will Norwegen noch sink…
> Norwegens Regierung plant die Freigabe des Tiefseebergbaus vor seinen
> Küsten. Umwelt- und Meeresschutzinitiativen protestieren.
Bild: Proteste gegen Norwegens Tiefseebergbaupläne in Mexiko: Greenpeace warnt…
Stockholm taz | In mehreren norwegischen Orten, darunter vor dem Storting
in Oslo, in dem das Parlament an diesem Tag seine Herbstsession begann,
sowie vor den norwegischen diplomatischen Vertretungen in 19 Ländern, unter
anderem in Berlin, fanden am Montag Protestaktionen gegen die [1][Pläne der
norwegischen Regierung zur Aufnahme von Tiefseebergbauaktivitäten] statt.
Vom Nordatlantik bis zur Arktisinsel Spitzbergen in der Barentssee will
Oslo ein Gebiet von 282.000 Quadratkilometern des Festlandsockels –
vergleichsweise drei Viertel der Fläche Deutschlands – für die „Gewinnung
von Mineralien auf dem Meeresboden“ freigeben. Kupfer, Nickel, Kobalt und
andere Mineralien wie seltene Erden sollen abgebaut und das Land so
„weltweit führend im fakten- und wissensbasierten Management von
Meeresbodenmineralien“ werden, wie es [2][in einem Weißbuch der
norwegischen Regierung] heißt.
In einem [3][gemeinsamen offenen Brief] fordern jetzt über 30 Umwelt- und
Meeresschutzorganisationen, darunter Greenpeace, WWF und die Deepsea
Conservation Coalition den norwegischen Regierungschef Jonas Gahr Støre
auf, diese „alarmierenden Pläne“ zu stoppen. Diese seien angesichts der
Tatsache, „dass bis zu 10 Millionen Arten in der Tiefsee leben könnten, von
denen die meisten noch entdeckt werden müssen“, und speziell „die hohe
Arktis ein Lebensraum von internationaler Bedeutung ist und wichtige
Meeresarten beherbergt“, nicht zu verantworten.
## Weniger als ein Prozent wurde bisher kartiert
Oslo wird daran erinnert, dass der [4][UN-Hochkommissar für Menschenrechte
vor den Risiken „systemischer Schäden“ und den Folgen für die
Lebensgrundlagen, die von diesen Ökosystemen abhängen, gewarnt hat] und
Meereswissenschaftler den irreversiblen Verlust der biologischen Vielfalt
und das [5][Risiko einer Störung des Kohlenstoffkreislaufs in den
Tiefseeökosystemen befürchten].
Konkret ist bislang weniger als ein Prozent der Fläche, die Norwegen für
den kommerziellen Tiefseebergbau freigeben will, von ForscherInnen kartiert
worden. Norwegens Regierung und Parlament, wo jetzt das weitere Vorgehen
diskutiert und die endgültige Entscheidung über die Tiefseebergbaupläne
fallen soll, wissen daher praktisch nichts über die Ökosysteme, die man dem
industriellen Mineralienabbau öffnen will.
„Unser Wissen ist völlig lückenhaft und trotzdem wollen wir große Bereiche
des Meeresbodens zerstören und die Lebewesen dort töten“, wundert sich Lise
Øvreås, Professorin für Marine Mikrobiologie an der Universität Bergen:
„Die Meeresböden haben Tausende von Jahren gebraucht, um sich zu bilden.
Schäden würden in ähnlichen Zeiträumen irreparabel sein.“
## Auch Firmen beteiligen sich am Protest
Die an der Protestaktion beteiligten Organisationen weisen darauf hin, dass
sie mit ihren Bedenken keineswegs allein stehen. So hätten sich bereits
rund zwei Dutzend Länder, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien und
Norwegens Nachbarn Schweden und Finnland für ein Verbot oder zumindest ein
Moratorium für entsprechende Aktivitäten ausgesprochen. Firmen wie Samsung,
Volvo, Scania, BMW oder der E-Autobatteriehersteller Northvolt haben sich
verpflichtet, in ihren Produkten keine durch Tiefseebergbau gewonnene
Mineralien verwenden zu wollen.
Oslos Argument, dass die Welt diese Mineralien dringend für die „green
transition“ brauche, sei nur vorgeschoben, wird der Regierung von Gahr
Støre vorgeworfen. „Das Narrativ, dass der Tiefseebergbau für die
Erreichung unserer Klimaziele unerlässlich und damit eine umweltfreundliche
Technologie sei, ist irreführend“, erklärte Michael Norton, Direktor des
Umweltprogramms des European Academies Science Advisory Council (EASAC),
einem Zusammenschluss nationaler Wissenschaftsakademien von
EU-Mitgliedsstaaten, in einem [6][Aufruf]: „Der Tiefseebergbau würde nicht
viele der kritischen Materialien liefern, die für den grünen Wandel und
andere Hightech-Sektoren benötigt werden. Darüber hinaus können die
Recyclingquoten erheblich verbessert werden, und zukünftige technologische
Innovationen wurden in den Prognosen nicht ausreichend berücksichtigt.“
## Wissenschaftler bitten um Innehalten
Eine aktuelle [7][EASAC-Studie] fordert die Politik daher auf, die
langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen gründlich zu bedenken. „Wir
sollten innehalten und nachdenken, anstatt vorschnell eine Entscheidung zu
treffen, die wir später bedauern werden“, lautet auch der Appell von Peter
Haugan, Direktor des Instituts für Meeresbiologie an der Universität
Bergen: „Der Ozean war der Ursprung des Lebens auf der Erde. Bei seiner so
großen biologischen Vielfalt wäre es leichtsinnig, in den Tiefseebergbau
einzusteigen und diese für unser Überleben so wichtigen Ökosysteme zu
zerstören.“
Norwegen ist Mitglied des [8][Ocean Panel], das sich verpflichtet hat „die
Gesundheit unserer Ozeane zu schützen und wiederherzustellen“ und „den
Reichtum der Ozeane für künftige Generationen zu sichern“. Jonas Gahr Støre
ist Co-Vorsitzender des Gremiums. Sollte Oslo seinen nun eingeleiteten
Erschließungsprozess nicht stoppen und ein weltweites Moratorium für den
Tiefseebergbau nicht unterstützen, solle das Land konsequent sein und
dieses Panel verlassen, heißt es in dem offenen Brief an Norwegens
Regierungschef.
4 Oct 2023
## LINKS
[1] /Tiefseebergbau-in-Norwegen/!5941782
[2] https://www.regjeringen.no/contentassets/e0d0706a51274b598e4ef832545e59d3/n…
[3] https://savethehighseas.org/wp-content/uploads/2023/10/Letter-to-Jonas-Gahr…
[4] https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/issues/climatechange/in…
[5] https://seabedminingsciencestatement.org/
[6] https://easac.eu/fileadmin/user_upload/230608_PR_Deep_Sea_Mining_EN.pdf
[7] https://easac.eu/fileadmin/user_upload/EASAC_Deep_Sea_Mining_Web_publicatio…
[8] https://oceanpanel.org/
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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