# taz.de -- Humanitäre Krise in Afghanistan: Weniger Hilfen für Afghan*innen | |
> Die UN und lokale Organisationen halten in Afghanistan die Stellung – | |
> aber die Gelder werden drastisch gekürzt. Es droht eine Hungerkrise. | |
Bild: Frauen warten auf die Verteilung von Essen in Kabul | |
Das Welternährungsprogramm (WFP) sieht sich gezwungen, im September 2 | |
Millionen Menschen in Afghanistan nicht weiter mit Nahrungshilfen zu | |
versorgen. Das gab die UN-Hilfsorganisation am Dienstag bekannt. Bereits im | |
April und Mai hatte das WFP 8 Millionen Menschen von den Hilfen | |
ausgeschlossen. Von 13 Millionen Anfang des Jahres würden nun nur noch 3 | |
Millionen unterstützt. Grund für die Maßnahmen seien fehlende Gelder, | |
beklagt das WFP. | |
„Mit den wenigen Ressourcen, die uns noch zur Verfügung stehen, sind wir | |
nicht in der Lage, all den Menschen zu helfen“, sagte Hsiao-Wei Lee, | |
WFP-Landesdirektorin in Afghanistan, am Dienstag in Kabul. „Angesichts der | |
bereits besorgniserregenden Ausmaße von Hunger und Unterernährung sind wir | |
gezwungen, zwischen den Hungernden und den Verhungernden zu wählen, sodass | |
Millionen von Familien um ihre nächste Mahlzeit bangen müssen.“ | |
Die Hilfsorganisation gibt an, dass aktuell 15 Millionen akut Hunger | |
leiden, 3 Millionen davon stünden an der Schwelle zur Hungersnot. Im | |
bevorstehenden Winter rechnet das WFP mit 23 Millionen Hilfsbedürftigen. Um | |
sie zu versorgen, brauche das WFP 1 Milliarde US-Dollar. | |
Afghanistan steckt seit Langem in einer Wirtschaftskrise. Die Mehrheit der | |
Bevölkerung ist von humanitärer Hilfe abhängig. Auch vor der | |
[1][Machtübernahme der Taliban] vor zwei Jahren war das WFP in Afghanistan | |
chronisch unterfinanziert. Ihre Machtübernahme hat die Situation noch | |
verschärft. [2][Die Taliban herrschen mit politischer Verfolgung, Folter | |
und Hinrichtungen]. | |
## Keine Finanzierung der Taliban | |
Deutsche und andere westliche Truppen verließen 2021 das Land überstürzt, | |
auch einige NGOs mussten ihre Arbeit niederlegen. Internationale | |
Hilfsorganisationen blieben und auch viele lokale Organisationen | |
arbeiten weiter. | |
Die Bundesregierung hatte Anfang des Jahres kurzfristig angekündigt, | |
[3][sämtliche Finanzierung vor Ort zu stoppen], ruderte kurz danach aber | |
zurück. In Abstimmung mit internationalen Gebern werde man weiterhin | |
Hilfsangebote finanzieren, die der Grundversorgung dienten. Die Auflage: | |
Gelder gehen nur noch an internationale und lokale Organisationen, keine | |
Ministerien oder Behörden. | |
Außerdem gilt der Grundsatz „Mit Frauen für Frauen“: Gelder fließen, sof… | |
„Frauen in den von uns finanzierten Programmen mitarbeiten und Frauen durch | |
unsere Programme erreicht“ werden, hieß es dazu aus dem | |
Bundesentwicklungsministerium (BMZ). Hintergrund der Regelung ist ein | |
Gesetz, mit dem die Taliban Mädchen nach der sechsten Schulklasse von | |
Bildung ausgeschlossen haben. Außerdem wurde ein Beschäftigungsverbot für | |
Frauen verhängt. | |
Nach eigenen Angaben stellte im Jahr 2022 die Bundesregierung 3 Milliarden | |
weniger als im Vorjahr für humanitäre Hilfe, strukturbildende | |
Übergangshilfe und Basisversorgung in Afghanistan bereit. Insgesamt flossen | |
527 Millionen Euro. | |
## Bundestag debattiert über Haushalt | |
Rund 20 Mitgliedsorganisationen von Venro kritisierten die Kürzungen im | |
August. Es fehlten Gelder für lokale Partnerorganisationen, die dringend | |
benötigt würden, um eine Hungerkrise zu verhindern und Bildungsangebote für | |
Mädchen aufrechtzuerhalten. | |
Sie kritisierten die internationale Kürzung humanitärer Gelder als | |
Druckmittel für mehr Frauenrechte und die vorgesehene Milliardenkürzung für | |
humanitäre Hilfe im Bundeshaushalt für 2024, die knapp 40 Prozent weniger | |
Mittel im Etat bedeuten. | |
Am Dienstag debattierte der Bundestag über den Haushaltsentwurf. | |
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze betonte, die drastischen | |
Kürzungen des Budgets „schränken Deutschlands Handlungsspielraum deutlich | |
ein“, einen Beitrag zu Krisenvorbeugung, Sicherheit und Frieden zu leisten. | |
Deutschlands Hilfen in Afghanistan stocken aber auch an anderer Front: | |
[4][noch immer warten viele Ortskräfte oder Menschenrechtler*innen, die | |
durch die Machtübernahme der Taliban bedroht sind, auf ein Visum nach | |
Deutschland]. | |
5 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
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