# taz.de -- Bündnis für Ausbildung: Unverbindliche Gruppensitzung | |
> Schwarz-Rot will die Wirtschaft animieren, 2.000 zusätzliche | |
> Ausbildungsplätze zu schaffen. Ein Gesprächskreis soll es bis 2025 | |
> richten. | |
Bild: Viel reden um nichts: Kai Wegner, Cansel Kiziltepe und Franziska Giffey n… | |
Berlin taz | Immerhin: „Es gab etwas zu diskutieren“, sagte | |
Senatssprecherin Christine Richter am Mittwochmittag, als der Senat die | |
Ergebnisse der Auftaktsitzung des groß angekündigten Bündnisses für | |
Ausbildung vorstellte. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) | |
entschuldigte sich dann auch brav, dass man die versammelten Medien über | |
eine halbe Stunde hat warten lassen: „Es war uns wichtig, dass alle | |
Bündnisteilnehmer zu Wort kommen.“ Und wenn alle zu Wort kommen, dann | |
dauert es erfahrungsgemäß. | |
Wie nicht anders zu erwarten, lobte Wegner das „gute Klima“ in der ersten | |
Bündnissitzung im Roten Rathaus, an der neben dem Senat Vertreter*innen | |
von Wirtschaftsverbänden, Kammern, Gewerkschaften und der Agentur für | |
Arbeit teilgenommen haben. Herausgekommen ist ein „Eckpunktepapier“, das im | |
Wesentlichen noch einmal zusammenfasst, was so ähnlich auch im | |
schwarz-roten [1][Koalitionsvertrag] steht. Man habe sich auf „das | |
gemeinsame Ziel“ verständigt, dass bis Ende August 2025 mindestens 2.000 | |
zusätzliche Ausbildungsverträge unterschrieben werden, referierte Wegner | |
dementsprechend wenig Überraschendes. | |
Tatsächlich ist in der Hauptstadt in Sachen Ausbildungspolitik Handeln | |
dringend geboten. Nur 11 Prozent der Berliner Unternehmen bilden überhaupt | |
aus, noch einmal deutlich unter dem Bundesschnitt von 19 Prozent. Letztlich | |
bleiben in Berlin bei der [2][Suche nach einem Ausbildungsplatz] viele | |
junge Menschen unversorgt. Allein 2022 waren es über 3100. Auf der anderen | |
Seite blieben nach Angaben von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) | |
rund 14.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. „Das Matching muss besser | |
passieren“, forderte Giffey, sprachlich nicht unbedingt stilsicher. | |
## Wer nicht ausbildet, zahlt | |
Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) sprach von einer „Schieflage“. Es | |
gelte jetzt, „die Weichen für die Zukunft zu stellen“. Das Bündnis wolle | |
sich deshalb nicht nur auf die Verträge konzentrieren, sondern ziele auch | |
auf eine intensivere Berufsorientierung in der Schule – unter anderem durch | |
verstärkte [3][Praktikumsangebote – und einen besseren Übergang] in die | |
Ausbildung. | |
Klappt all das nicht und in Berlin ist die Zahl der Ausbildungsverträge um | |
weniger als 2.000 gestiegen, dann soll 2025 folgen, wovor weiten Teilen der | |
CDU am meisten graust: eine Ausbildungsplatzumlage. Wer dann nicht | |
ausbildet, muss zahlen. „Die Zahl 2.000 ist ein politischer Kompromiss und | |
eine Herausforderung für die Wirtschaft“, gab der Regierende Bürgermeister | |
den Wirtschaftsversteher. | |
„Die Arbeitgeberseite steht unter dem Damoklesschwert der Umlage“, | |
dramatisierte auch Sebastian Stietzel, der Chef der Berliner Industrie- und | |
Handelskammer, die Lage. Der IHK und anderen Wirtschaftsverbänden gilt die | |
Umlage seit Langem als Teufelszeug. Stietzel erklärte zum Sinn und Zweck | |
des Bündnisses konsequenterweise auch: „Es geht eben nicht darum, eine | |
Umlage zu schaffen.“ | |
Nun ja, es gab eben etwas zu diskutieren im Roten Rathaus. Und so machte | |
Arbeitssenatorin Kiziltepe als dezidierte Befürworterin der Zwangsabgabe | |
klar, dass man im Eckpunktepapier bereits festgehalten habe, dass so oder | |
so am Gesetzentwurf für die Umlage in den kommenden zwei Jahren gearbeitet | |
werde, damit sich die Einführung dann nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag | |
zieht. | |
## Kritik von der Opposition | |
Die Linkspartei – unter Rot-Grün-Rot vehemente Verfechterin der Umlage – | |
überzeugt das herzlich wenig. „Das Gerede über die Einführung der | |
Ausbildungsplatzumlage in 2025 ist leider auch heiße Luft“, erklärte nach | |
der Auftaktsitzung der Arbeitsexperte der Linksfraktion im | |
Abgeordnetenhaus, Damiano Valgolio. | |
Überhaupt erinnere ihn das Ausbildungsbündnis an das im vergangenen Jahr | |
mit ebenso viel Tamtam gestartete Bündnis für Wohnungsneubau und | |
bezahlbares Wohnen. Auch hier habe sich gezeigt, dass „freiwillige | |
Anstrengungen der Unternehmen“ nicht ausreichen, „wenn sie nicht von | |
gesetzlichen Maßnahmen begleitet werden“, so Valgolio. | |
Die Grünen sehen das genauso: „Das Ausbildungsbündnis startet mit der | |
Unverbindlichkeit, mit der das Mietenbündnis gescheitert ist“, sagte Tonka | |
Wojahn, die Fraktionssprecherin für Aus- und Weiterbildung. Und weiter: | |
„Dem rasant wachsenden Fachkräftemangel zum Trotz bleibt es bei einem | |
unverbindlichen Gesprächskreis.“ | |
Kai Wegner und Franziska Giffey ficht das nicht an. Viel war am Mittwoch | |
bei ihnen die Rede von Zukunft und Chancen und Zukunftschancen. In gut zwei | |
Monaten will der Gesprächskreis das nächste Mal zusammenkommen. Wie Wegner | |
versprach, soll es dann Anfang November um richtig „konkrete Maßnahmen“ | |
gehen. | |
30 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://spd.berlin/media/2023/04/Koalitionsvertrag_2023-2026_.pdf | |
[2] https://www.uvb-online.de/de/themen/bildung-und-personal/die-betriebliche-a… | |
[3] /Ausbildung-in-Berlin-und-Brandenburg/!5864701 | |
## AUTOREN | |
Elena Kirillidis | |
Rainer Rutz | |
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