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# taz.de -- Club-Vorsitzender über Cannabis-Gesetz: „Cannabis-Clubs werden k…
> Eine 200-Meter-Abstandspflicht zu Spielplätzen und weitere Hürden
> verhindern „Cannabis Social Clubs“, sagt der Hamburger Vorsitzende
> Andreas Gerhold.
Bild: Sie wollten schon 2016 Gras anbauen: Kundgebung für Cannabis-Freigabe am…
taz: Herr Gerhold, laut dem gerade von der Ampel-Regierung
[1][beschlossenen Gesetz] darf ab Januar legal in Cannabis-Clubs konsumiert
werden. Warum ist Ihr Club damit nicht glücklich?
Andreas Gerhold: Weil eben nicht legal in Clubs konsumiert werden darf. Der
Knackpunkt ist: Um Kindergärten, Spielplätze, Schulen und andere Orte, an
denen sich Kinder im Allgemeinen aufhalten, soll ein Bannkreis von 200
Metern gezogen werden. Und auch in den Clubs soll der gemeinschaftliche
Konsum verboten bleiben.
Auch wenn diese 200-Meter-Bannmeile eingehalten würde?
Ja. Auch in den Clubs selber darf nicht konsumiert werden. Das ist [2][dem
Gesetzgeber] beziehungsweise dem Ministerium offenbar wichtig.
Was darf denn dort passieren?
Wir dürfen anbauen, woran möglichst alle Mitglieder beteiligt sein sollen,
und wir dürfen das Cannabis an die Mitglieder abgeben und das möglichst am
selben Ort. Das ist eine Kastration des Konzepts von Cannabis Social Clubs,
wie es seit Anfang der 2000er Jahre in Europa von vielen Organisationen und
seit 2015 auch durch uns [3][in Deutschland vertreten] und ständig
weiterentwickelt wurde.
Was war Ihr Konzept?
Das Wort „Social“ ist im Konzept und in der Entstehungsgeschichte des Clubs
zentral. Wir wollen eine Anbaugemeinschaft sein. Das heißt nicht, dass der
Anbau selbst von jedem Mitglied aktiv mitgetragen werden muss, das wäre gar
nicht machbar. Sondern es dient dazu, die Leute vom Schwarzmarkt
fernzuhalten. Die Mitglieder sollen sauberes, kontrolliertes Cannabis
bekommen können. Wir bieten Gesundheitsberatung und klären auch extern
andere Stellen, wie Drogenberatungsstellen, über gefährliche
Verunreinigungen von Cannabis auf dem kriminellen Schwarzmarkt auf.
Also steht Ihr Club für gesunden Cannabis-Konsum?
Genau. Wir werden von Schulen eingeladen. Wir beraten Lehrer, Eltern und
informieren auf Veranstaltungen. Wir sind da die Experten und machen ein
umfassendes soziales Angebot rund um Cannabis.
Und Sie hatten die Idee, in den Clubs gemeinsam zu konsumieren?
Es geht nicht zentral um den gemeinsamen Konsum. Der ist natürlich wichtig.
Aber wir wollen ein Vereinsleben, wie es jeder Karnickelzüchterverein haben
darf. Wir wollen zusammensitzen dürfen. Und wenn die Karnickelzüchter ihr
Bier dabei trinken, dann möchten wir unseren Joint dabei rauchen, ganz
selbstverständlich. Aber das steht nicht im Vordergrund. Wir führen ein
normales Gesellschaftsleben. Wir verstehen uns als Gemeinschaft von
Cannabisliebhabern, die eine Kultur pflegen.
Zurück zum Abstand. Sie sagen, 200 Meter, das geht gar nicht?
Ja, wir haben eine Google-Karte angelegt, wo wir [4][alle Kitas, Schulen
und Spielplätze markiert] haben. Da sieht man, dass es in Hamburg keinen
Ort gibt, wo ein Cannabis-Clubs angesiedelt werden könnte. Wir hatten das
noch mit 250 Metern Abstand gerechnet, aber das ergibt bei 200 Metern
keinen großen Unterschied, weil wir auch gar nicht alle Einrichtungen
markiert hatten.
Das ginge nicht am Stadtrand?
Das würde ja heißen, dass die Clubs an den Stadtrand ziehen. Wenn dann
jedes Mitglied erst dahin fahren müsste, um beim Anbau mitzuhelfen und sein
Cannabis zu bekommen, und wir den ganzen Aufwand betreiben müssten, zum
Beispiel für die Sicherheit, entstehen Kosten, die wir einpreisen müssen.
Es ist zu befürchten, dass unser Cannabis teurer wäre als auf dem
Schwarzmarkt. Dann gäbe es für den Konsumenten künftig drei gute Gründe,
weiter dort zu kaufen. Der Dealer steht weiter um die Ecke, er ist
günstiger und ich brauche nichts dafür zu tun, außer hinzugehen. Deshalb
nennen wir Lauterbachs Gesetz „Schwarzmarkt-Fördergesetz“.
Wie sieht Ihr Konzept aus?
Wir gingen von zwei Locations aus. Das ist einmal der Anbau, und der kann
natürlich am Stadtrand liegen, weil eben nicht alle mitarbeiten müssen und
dort passende Immobilien zu finden sind. Aber die Abgabestellen, die Clubs,
wo das Vereinsleben stattfindet, die müssen zentral sein, damit die Leute
sie auch aufsuchen können.
Finden Sie die Abstandsregel von 200 Metern denn richtig?
Nein, die ist völlig unsinnig. Wir haben jetzt natürlich schon überall
kommunale Regelungen, dass auf Schulgelände und Spielplätzen nicht Alkohol
konsumiert oder Tabak geraucht werden darf. Das sind
Selbstverständlichkeiten. Das muss nicht für Cannabis verschärft ins Gesetz
geschrieben werden.
Verstehen Sie denn die Absicht?
Es geht darum, die Gegner zu beruhigen. Es macht aber keinen Sinn für den
Jugendschutz. Das kann mir keiner erzählen. In unseren Städten gibt es
Cafés, Kneipen und Kioske, Restaurants, Imbisse, und überall wird geraucht
und Alkohol getrunken, ohne Abstandsregeln. Dies als isolierte Regel für
Cannabis zu machen, ist absolut unsinnig.
Aber es gibt ja für Spielhallen solche Abstandsgrenzen?
Ja. An solchen Planungen war ich als Kommunalpolitiker schon beteiligt. Das
ist etwas anderes. Da geht es um Suchtprävention für Erwachsene. Da wird
darauf geachtet, dass es nicht zu viele Hallen in Bezug zur Einwohnerzahl
geben soll.
Wie könnte man das Ziel der Abstandsgrenze erreichen?
Indem man die Formulierung ändert. Keine „200 Meter“ reinschreibt, sondern
„nicht in unmittelbarer Nähe“. Bin ich in unmittelbarer Nähe, kann ich den
Spielplatz sehen.
Also nicht in Sichtweite?
Das wäre eine Formulierung, die kann man nachvollziehen.
Sie sprechen beim Gesetz vom Bürokratiemonster. Welche Regel ist noch
daneben?
Das Verbot sozialer Aktivitäten. Wir sollen ja reine Anbaugemeinschaften
sein. Also unsere ganzen sozialen Aktivitäten sollen nicht stattfinden. Das
ist eigentlich der Hauptknackpunkt.
Es darf kein Kartenspiel geben?
Ja. Wir dürfen uns nicht in die Satzung schreiben: „Wir möchten auch
gemeinsam singen.“ Dann hätten wir ein Vereinsziel, das vom Anbau abweicht.
Dann würden wir keine Lizenz bekommen. So ist das formuliert. Ob wir
tatsächlich keine Weihnachtsfeier machen dürfen, das bleibt abzuwarten.
Aber das Gesetz ist so formuliert, dass die Strafverfolgungsbehörden da
womöglich einen Ansatzpunkt sehen könnten. Das erschwert Aktivitäten, die
nichts direkt mit dem Anbau zu haben. Diese Unklarheiten werden die
Gerichte beschäftigen.
Es gibt ja auch Kritik von Jugendmedizinern. Allein die Debatte um die
Legalisierung habe [5][ungünstige Auswirkungen] auf Kinder.
Die haben keine Argumente und wollen die Debatte unterbinden. Es ist nicht
durch Studien belegbar, dass eine Legalisierung oder gar nur die Debatte
darüber das Konsumverhalten junger Menschen steigern würde.
Haben Sie Hoffnung, dass Ihre Kritik beachtet wird?
Wir haben doch die letzte Chance, dass das Parlament mit Anträgen oder
sogar mit einem eigenen Entwurf noch zu Veränderungen beiträgt. Da sind wir
relativ eng im Kontakt mit den Fachsprechern der Ampel-Fraktionen, die
unsere Kritik weitgehend teilen.
18 Aug 2023
## LINKS
[1] /Einigung-auf-Cannabis-Legalisierung/!5950232
[2] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/bunde…
[3] /Cannabis-Teillegalisierung/!5933321
[4] https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=19BgLhlT24fYOLiLZeDvYzcy3NZ8Mtlc&a…
[5] /Legalisierung-von-Cannabis/!5815534
## AUTOREN
Kaija Kutter
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