# taz.de -- Deutschlands China-Strategie: Geschätzter Geschäftspartner | |
> Während Deutschland seinen Umgang mit China neu ausrichtet, bricht | |
> Pekings Außenhandel ein. Groß ist die Abhängigkeit von Europas Märkten. | |
Bild: Schwieriges Beziehungen: Der chinesische Premier Li Qiang bei Kanzler Ola… | |
PEKING taz | Natürlich ist es kein Zufall, dass die Bundesregierung | |
[1][ihre erste China-Strategie] ausgerechnet beim Berliner Merics-Institut | |
vorgestellt hat: Die Denkfabrik ist vor mehr als zwei Jahren von der | |
chinesischen Regierung mit Sanktionen belegt worden, seither dürfen die | |
Forscherinnen und Forscher nicht mehr in die Volksrepublik einreisen. So | |
gesehen steht der Ort sinnbildlich für das schwieriger gewordene Verhältnis | |
zwischen Berlin und Peking. | |
China ist nicht mehr nur Partner, sondern auch systemischer Rivale – die | |
Botschaft aus Deutschland wurde natürlich auch 8.000 Kilometer östlich | |
vernommen. In Peking ist das seit über einem Jahr geplante Papier der | |
Bundesregierung ein allzu vertrautes Thema. Wann immer zuletzt deutsche | |
Delegationen die chinesische Hauptstadt besuchten, fragten sie zuerst nach | |
dem aktuellen Stand der China-Strategie. Und auch über die zuvor in | |
deutschen Medien geleakten Details wussten die Parteikader bestens | |
Bescheid. | |
Gleichwohl wurde den aus Deutschland angereisten Wirtschaftsvertretern und | |
Politikern in China bis zuletzt der rote Teppich ausgerollt. Das hat vor | |
allem mit der angespannten wirtschaftlichen Lage im Reich der Mitte zu tun. | |
Europa ist für China schließlich wichtigster Handelspartner. Unter den | |
EU-Staaten liegt Deutschland sogar klar auf Platz eins. Auch da sich | |
[2][die chinesischen Beziehungen zu den USA] seit Jahren verschlechtern, so | |
die verbreitete Erkenntnis in Peking, will man es sich nicht auch noch mit | |
den Europäern verscherzen. | |
## Wirtschaftserholung nach Corona bleibt bisher aus | |
Die am Donnerstag veröffentlichten Wirtschaftszahlen haben den Ernst der | |
Lage noch mal deutlich gemacht: Der Außenhandel Chinas ist im Vergleich zum | |
Vorjahr um mehr als zwölf Prozent eingebrochen. Die Lieferungen nach | |
Deutschland sind sogar um 15 Prozent gesunken. Die chinesischen | |
Exportunternehmen leiden unter der schwachen globalen Nachfrage. | |
Gleichzeitig stagniert der Binnenkonsum noch immer. Die erhoffte | |
Wirtschaftserholung nach der Corona-Öffnung bleibt in China bislang | |
weitgehend aus. | |
Hinzu kommt die erratische und zunehmend ideologische Politik von | |
Staatschef Xi Jinping. Sie sorgt dafür, dass auch die internationalen | |
Geldgeber fernbleiben. Laut der Analyse-Firma Rhodium verzeichnete China im | |
ersten Jahresquartal lediglich 20 Milliarden Dollar an ausländischen | |
Direktinvestitionen – 2022 waren es noch fünfmal so viel. Gleichzeitig | |
verlassen derzeit die Superreichen in Scharen das Land: Die | |
US-Beratungsfirma Henley & Partners schätzt, dass im laufenden Jahr über | |
13.500 chinesische Millionäre ihrer Heimat den Rücken kehren werden. | |
Vor diesem Hintergrund wären die Machthaber in Peking also gut beraten, die | |
von der deutschen Bundesregierung formulierte Kritik in der China-Strategie | |
ernstzunehmen. Doch zumindest nach außen hin möchte man sich keinerlei | |
Blöße geben. „Deutschland steht derzeit vor vielen Herausforderungen, und | |
es ist wichtig, die Ursachen anzugehen. Aber eines ist sicher: Keines der | |
Probleme wird von China verursacht. Und eine Partnerschaft mit China ist | |
Teil der Lösung“, kommentierte etwa Wang Lutong, Generaldirektor für | |
europäische Angelegenheiten im Außenministerium. | |
Wang zählt dabei noch zu den gemäßigten Stimmen. In den kommenden Tagen | |
dürften sich vermehrt auch die nationalistischen Hardliner des | |
Parteiapparats zu Wort melden. In sozialen Netzwerken reagiert der | |
Internet-Mob vor allem mit Zynismus und Hass auf die neue China-Strategie: | |
Die deutschen Politiker werden etwa als „Hunde der Vereinigten Staaten“ | |
diffamiert, andere rufen zum Boykott deutscher Autos auf. | |
Dabei fällt die China-Strategie noch deutlich diplomatischer aus, als es im | |
ursprünglichen Entwurf vorgesehen war. Einige Äußerungen, etwa in Bezug auf | |
Chinas militärische Drohungen gegenüber Taiwan und | |
Menschenrechtsverletzungen, wurden zuletzt deutlich entschärft – sehr zur | |
Enttäuschung der Zivilgesellschaft. | |
13 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2608578/2b2effbc0886ef7ae0b22aaeacf199… | |
[2] /US-Finanzministerin-Yellen-in-China/!5945910 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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