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# taz.de -- Robert Jenrick lässt Figuren übermalen: Er hat Mickey Mouse gekil…
> Der britische Staatssekretär für Einwanderung ließ Mickey Mouse in einem
> Haus für geflüchtete Kinder übermalen. Sie sollen sich dort nicht
> wohlfühlen.
Bild: In einem Aufnahmezentrum für unbegleitete geflüchtete Kinder in Kent wu…
Ich war schon als kleiner Streber verärgert darüber, dass meine Schwester
viel besser zeichnen konnte als ich. Das war an sich keine [1][Kunst], denn
ich konnte null malen. Meine Schwester dagegen zauberte auf die Mauern
unserer Grundschule einen Traum von Mickey und [2][Minnie Mouse], Goofy und
Donald Duck. Sie war so gut, dass auch andere Grundschulen und Kindergärten
sie beauftragten, Klassenzimmer und Pausenhöfe zu bemalen. Aus der Kunst-AG
wurde eine Ich-AG. Das hat nicht dazu beigetragen, dass ich als
Grundschüler meinen Frieden mit dem Erfolg meiner Schwester machen konnte.
Später sollte ich erkennen: Kinder mögen Zeichentrickfiguren mit
Kindchenschema. Vor den Wandmalereien versammelten sich damals lächelnde
kleine Geschöpfe. Sie kicherten und freuten sich, dass ihre Klassenzimmer
bunt gestaltet wurden. Ist doch schön! Kein Grund, sich zu ärgern. Im
Gegenteil.
Kinder sollen Kinder sein dürfen – egal welche Geschichten sie mitbringen.
Jedes Kind, unabhängig von der Herkunft, hat ein Anrecht auf eine
glückliche Kindheit. Da gehe ich, trotz meiner Lebensaufgabe überall
schlechte Laune zu verbreiten, nicht in den Kindergarten und poche darauf,
dass Walt Disney, der Schöpfer von Mickey und Co, keine Berührungsängste
zum Nazi-Regime hatte und 1935 begeistert durch das Reich reiste.
Ich erzähle einem Fünfjährigen nicht, dass Disney in seinen Geschichten oft
antisemitische und rassistische Stereotype eingebaut hat. Ich warte damit,
bis das Kind zumindest zehn oder elf Jahre alt ist. Wenn es Kinder
glücklich macht, in das dauergrinsende Gesicht von Pluto zu starren, dann
ist das doch fein. Welches herzlose, böse Monster würde sich über ein
Kinderlächeln ärgern?
## Sie wollen Bambi gnadenlos killen
Vor wenigen Tagen kam heraus, dass der britische Staatssekretär für
Einwanderung, Robert Jenrick, eine Wandmalerei in einem Aufnahmezentrum für
unbegleitete, geflüchtete Kinder im südenglischen Kent übermalen ließ.
Jenrick, so schreibt der Guardian, sah in den fröhlichen Gesichtern von Tom
und Jerry und Mickey Mouse eine „falsche Botschaft“. Die traumatisierten
Kinder, die im Zentrum aufgenommen und behandelt werden, könnten sich
zumindest willkommen und geborgen fühlen. Das geht, gemäß politischer
Agenda der britischen Regierung, gar nicht. Gegen den Protest der
Mitarbeitenden im Zentrum setzte sich das Ministerium durch: Mickey musste
im Namen der rechtsnationalen Ideologie von Diversity-Premierminister Rishi
Sunak sterben.
Auch in Deutschland stehen viele Politiker*innen und ihre
hasserfüllten Adepten mit der Farbrolle bereit, um Bambi gnadenlos zu
killen. Als ich den Fall aus Kent auf Twitter teilte, schrieb sofort jemand
mit schwarz-rot-goldener Flagge im Profilbild ein „Gut so!“ drunter. Am
liebsten hätte ich mit gut deckender Farbe seinen herzlosen und bösen
Nationalismus übermalt – um unschuldige Kinder vor diesem Hass und dieser
Gewalt zu schützen.
12 Jul 2023
## LINKS
[1] /Kunstbiennale-in-Freiburg/!5943575
[2] /Neues-Outfit-fuer-Minnie-Maus/!5829632
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
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Großbritannien
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Hund
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