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# taz.de -- Machtmissbrauch am Theater: Liebes Publikum, mischt euch ein!
> Das bestmögliche Theater haben wir noch nicht gesehen. Denn es kann unter
> diesen Bedingungen nicht entstehen. Dagegen müssen wir angehen, zusammen.
Bild: Wir sehen Theater von Leuten, deren Eltern schon im Betrieb sind und ihne…
Am Berliner Maxim-Gorki-Theater herrscht weiterhin ein „Klima der Angst“.
Das berichtet der RBB in einer Recherche, erschienen letzte Woche, in der
Mitarbeiter*innen des Theaters erzählen, dass sich in den Jahren seit
den Berichten über Machtmissbrauch und der öffentlichen Debatte nicht viel
verbessert hat: Die Stimmung bleibt gleich. Zudem gibt es Ungereimtheiten,
die Aufarbeitung betreffend.
Es ist vieles in Bewegung am Theater. Künstler*innen und
Mitarbeiter*innen fordern die Wende hin zu einem Betrieb mit fairen
Arbeitsbedingungen und gutem Klima. In der Kulturpolitik regt sich was. An
einigen Häusern herrscht bereits ein neuer, entspannterer Führungsstil.
Erstaunlich still ist aber das Publikum.
Dabei wird ihm durch die schlechten Arbeitsbedingungen einiges
vorenthalten: Das bestmögliche Theater haben wir noch nicht gesehen. Denn
es kann unter diesen Bedingungen nicht entstehen. Das Publikum verpasst
vielversprechende Theatermacher*innen, frische kreative Impulse werden
unter befristeten Verträgen und starren Hierarchien erstickt.
## Kunst derer, die das Machtgefüge überleben
Wir sehen aktuell im deutschsprachigen Stadt- und Staatstheater nicht die
Kunst der interessantesten Künstler*innen. Wir sehen die Arbeiten
derjenigen, die genug finanzielle Unterstützung von zu Hause hatten, um
durch die Ausbildung und die anfänglichen Hungerjahre zu kommen. Wir sehen
auch zum Kopfschütteln viel Theater von Leuten, deren Eltern schon im
Betrieb sind und ihnen die Türen geöffnet haben. Am Ende bleiben die
Arbeiten derjenigen, die irgendwie gut durch dieses Machtgefüge navigieren
können.
Die interessantesten Künstler*innen werden unter diesen Bedingungen
niemals eine Bühne betreten, und wenn doch, dann verschwinden sie ganz
schnell wieder aus dem Scheinwerferlicht. Fast alle Kolleg*innen sind
mal so jemandem begegnet: Im Laufe der Ausbildung oder beim Berufseinstieg
gab es diese eine Person, die alle verzaubert hat. Die talentierter,
witziger und kreativer war als der Rest des Jahrgangs und die dann
aufgegeben hat, weil sie dem Druck nicht standhielt oder einfach zu integer
war, um sich anzupassen.
In einem Theater, das offener und fürsorglicher ist und seine Leute gut
bezahlt, in einem solchen Theater hätten wir sehen können, wozu diese
Menschen imstande sind und was sie ihrem Publikum anzubieten haben. Wäre
das nicht ein guter Grund für eine Publikumsinitiative, die sich für
bessere Arbeitsbedingungen einsetzt?
## Die Kühe sind glücklich, die Künstler_innen nicht
Wo sind die Petitionen der Abonnent*innen, die mit Kündigung drohen,
sollten Vorwürfe des Machtmissbrauchs an ihrem Theater nicht aufgeklärt
werden? Ich sehe keine Social-Media-Posts, in denen Leute sagen: „Ich
überlege, Karten für XY zu holen. Weiß jemand, wie die Produktion lief?“
Wer Biowein kauft, Milch von glücklichen Kühen und fair produzierten
Kaffee, sollte auch politisch konsumieren, wenn es um Kunst geht.
2 Jul 2023
## AUTOREN
Simone Dede Ayivi
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
Machtmissbrauch
Theater
Kolumne Diskurspogo
Maxim Gorki Theater
Schwerpunkt Rassismus
Sprache
Schwerpunkt #metoo
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