# taz.de -- Justizreform in Israel: Opposition bricht Verhandlungen ab | |
> Israels Opposition verlässt die Kompromiss-Gespräche zur Justizreform. | |
> Zuvor war die Kandidatenwahl für ein Gremium zur Richterernennung | |
> gescheitert. | |
Bild: Benny Gantz und Jair Lapid in der Knesset, Archivaufnahme | |
JERUSALEM afp | Die beiden wichtigsten Oppositionsführer in Israel, Jair | |
Lapid und Benny Gantz, haben ihre Teilnahme an Gesprächen mit der Regierung | |
über einen Kompromiss zu deren umstrittener Justizreform ausgesetzt. Nach | |
der gescheiterten Wahl von zwei Parlamentsabgeordneten in ein Gremium zur | |
Richterernennung erklärte Lapid am Mittwoch, er und Gantz würden „ohne die | |
Einsetzung dieses Gremiums (…) nicht zu Präsident Isaac Herzog gehen“, der | |
seit Monaten zwischen beiden Seiten vermittelt. | |
Die Pläne der Regierung zum Umbau der Justiz hatten [1][beispiellose | |
Massenproteste] und die größte innenpolitische Krise in Israel seit Jahren | |
ausgelöst. Sie zielen darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten | |
Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des | |
Ministerpräsidenten zu stärken. | |
Netanjahu, gegen den ein Prozess wegen Korruption läuft, stellt die Reform | |
als notwendig dar, um das Gleichgewicht in der Gewaltenteilung | |
wiederherzustellen. Kritiker befürchten jedoch eine Schwächung der | |
unabhängigen Justiz und eine Aushöhlung der Demokratie. | |
Eines der Kernelemente der Justizreform betrifft die [2][Ernennung der | |
Obersten Richter]. Bislang stimmte über die Zusammensetzung des Obersten | |
Gerichts ein vom Justizminister beaufsichtigtes Gremium aus Politikern, | |
Richtern und Mitgliedern der Anwaltskammern ab. Die geplante Neuregelung | |
würde jedoch der Regierung die Kontrolle darüber übertragen. | |
## Kritik von Netanjahu | |
Die aktuelle Gesetzeslage sieht neun Gremiumsmitglieder vor, darunter zwei | |
Abgeordnete – ein Kandidat der Regierungskoalition und ein Kandidat der | |
Opposition. Am Mittwoch wurde die von Lapid und Gantz unterstützte | |
Oppositionskandidatin Karine Elharrar-Hartstein zwar mit der Mehrheit der | |
Stimmen gewählt. | |
Auf die Regierungskandidatin hingegen konnte sich die ultrarechte Koalition | |
aus Netanjahus konservativem Likud sowie ultraorthodoxen und rechtsextremen | |
Parteien aufgrund interner Streitigkeiten nicht einigen. Infolgedessen muss | |
nun innerhalb von 30 Tagen eine neue Abstimmung erfolgen. | |
Lapid warf Netanjahu daraufhin vor, die Bildung des Gremiums „heute | |
verhindert“ zu haben. Der Regierungschef habe dem „vorgetäuschten Eindruck, | |
er wolle Verhandlungen, ein Ende gesetzt“, sagte der Parteichef von Jesch | |
Atid. „Die Bedrohung der Demokratie ist nicht beseitigt.“ | |
Ähnlich äußerte sich Gantz. „In der gegenwärtigen Situation, in der es ke… | |
funktionierendes Gremium“ gebe, seien Gespräche bei Herzog „sinnlos“, sa… | |
der Chef der Chosen LeJisra’el. | |
Netanjahu wiederum warf Lapid und Gantz vor, nicht an einem Kompromiss | |
interessiert zu sein. „Ihr Vertreter wurde gewählt, und sie haben die | |
Verhandlungen trotzdem platzen lassen. Gantz und Lapid wollen also keine | |
echten Verhandlungen“, sagte er in einem im Internet verbreiteten Video. | |
15 Jun 2023 | |
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