# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Mitunter sogar Glück | |
> Traurige Tangos begleiten Aki Kaurismäkis „Das Mädchen aus der | |
> Streichholzfabrik“, das Pech einen Franzosen in Algerien in Viscontis | |
> „Der Fremde“. | |
Bild: Tulitikkutehtaan tyttö (Das Mädchen aus der Streichholzfabrik), Finnlan… | |
Vor ein paar Jahren hatte der finnische Minimalist Aki Kaurismäki ja seinen | |
Rückzug aus dem Filmgeschäft bekannt gegeben, es sich aber jetzt | |
glücklicherweise noch einmal anders überlegt. Sein jüngstes Werk „Kuolleet | |
Lehdet“ („Fallen Leaves“) begeisterte die Kritiker beim Filmfestival von | |
Cannes und gewann schließlich den Preis der Jury. | |
Verhandelt wird die Liebesgeschichte zwischen einer Supermarktangestellten | |
und einem Alkoholiker als vierter Teil dessen, was bislang als sogenannte | |
„proletarische Trilogie“ bekannt war. | |
Die Gelegenheit, den dritten Teil „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ | |
noch einmal anzusehen, ergibt sich in der [1][Magical History Tour des | |
Kinos Arsenal], die in diesem Monat unter dem Motto „Lost Lost Lost“ (in | |
Anlehnung an einen Tagebuchfilm von Jonas Mekas, der am 2.6., um 16.30 Uhr | |
läuft) zusammengestellt wurde. | |
Traurige finnische Tangos begleiten in „Das Mädchen aus der | |
Streichholzfabrik“ das Leben der unscheinbaren Arbeiterin Iris (Kati | |
Outinen), die in einem tristen Job in der Endkontrolle der Fabrik rackert, | |
während ihr daheim von Mutter und Stiefvater der Lohn abgenommen wird. In | |
unerbittlicher Strenge (aber nicht ohne schwarzen Humor) erzählt Kaurismäki | |
von diesem Mauerblümchen, dessen Versuche irgendwie ein wenig Glück zu | |
erhaschen beständig scheitern. Bis zur bitteren Rache (3. 6., 18 Uhr, Kino | |
Arsenal). | |
Der französische Existenzialismus ist mir noch aus der Schulzeit vertraut, | |
er war das Abiturthema in meinem Französisch-Leistungskurs. Natürlich kam | |
da „Der Fremde“ von Literaturnobelpreisträger Albert Camus vor, und – je… | |
kommt die Wendung hin zum Kino – auch die Verfilmung durch Luchino Visconti | |
aus dem Jahr 1967 fand Eingang in den Unterrichtsstoff. | |
Ich erinnere Folgendes: Als Franzose im besetzten Algerien läuft Marcello | |
Mastroianni viel am Strand herum, die Sonne brennt ihm reichlich auf den | |
Kopf, eher zufällig erschießt er jemanden. Er macht die Sonne für sein Tun | |
verantwortlich, doch zum Tode verurteilt wird er schließlich, weil er auf | |
der Beerdigung seiner Mutter nicht geweint hat. | |
Möglicherweise sagt uns dies etwas über das Zurückgeworfensein auf die bare | |
Existenz, vielleicht ist es aber auch der Grund, warum der Film trotz | |
Top-Besetzung mit Mastroianni und Anna Karina nie wirklich Klassikerstatus | |
erlangte. Ehrlich gesagt: Der Existenzialismus war an mich verloren. | |
Doch es kommt ja immer auf den Kontext an: Im Filmmuseum Potsdam läuft „Der | |
Fremde“ in einer Reihe, die die Ausstellung „[2][Sonne. Die Quelle des | |
Lichts in der Kunst]“ im Museum Barberini komplimentiert, und passt dort | |
thematisch wunderbar hinein (4. 6., 18 Uhr, [3][Filmmuseum Potsdam]). | |
Der Patient (Werner Krauss) hat eine Messer-Phobie, da gilt es nunmehr die | |
„Geheimnisse einer Seele“ zu ergründen. Das tat Regisseur G.W. Pabst 1926 | |
im gleichnamigen Film, der sich als einer der ersten überhaupt mit der | |
Psychoanalyse beschäftigt und fantastische Traumsequenzen besitzt, die | |
Kameramann Guido Seeber durch komplizierte Mehrfachbelichtungen erschuf. | |
Zu sehen in der Reihe „Stummfilm um Mitternacht“ im Babylon Mitte und wird | |
von Anna Vavilkina an der Kinoorgel begleitet. Der Eintritt ist frei (3. | |
6., 23.59 Uhr, [4][Babylon Mitte]). | |
Aki Kaurismäki ja seinen Rückzug aus dem Filmgeschäft bekannt gegeben, es | |
sich aber jetzt glücklicherweise noch einmal anders überlegt. Sein jüngstes | |
Werk „Kuolleet Lehdet“ („Fallen Leaves“) begeisterte die Kritiker beim | |
Filmfestival von Cannes und gewann schließlich den Preis der Jury. | |
Verhandelt wird die Liebesgeschichte zwischen einer Supermarktangestellten | |
und einem Alkoholiker als vierter Teil dessen, was bislang als sogenannte | |
„proletarische Trilogie“ bekannt war. Die Gelegenheit, den dritten Teil | |
„Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ | |
1 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/magical-history-tour-lost-lost… | |
[2] https://www.museum-barberini.de/de/ausstellungen/9493/sonne-die-quelle-des-… | |
[3] https://www.filmmuseum-potsdam.de/index.php?id=f8dc855accc316457607001d907f… | |
[4] https://babylonberlin.eu/film/2275-stummfilm-um-mitternacht-geheimnisse-ein… | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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