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# taz.de -- Mackertum im Fußball: Fans in freier Wildbahn
> Verschmutzte Straßen, Scherben und Alkohol: Liebe zum Verein kennt viele
> Gesichter, vor allen Dingen männliche.
Bild: Auf jeden Fall bunt: das Fanwesen in Bremen
Es ist Samstag, mitten in Bremen. Vom Domshof ziehen die Werder-Fans durch
das Ostertorviertel. Bevor um 15.30 Uhr das letzte Heimspiel der Saison
losgeht, bleibt noch Zeit, sich das vierte Bier des Vormittags zu öffnen,
die grüne Fanmontur aus dem Schrank zu holen und sich gemeinsam in Richtung
Weserstadion zu begeben.
[1][Fahnen wehen, Fangesänge ertönen]. Die Menge bebt und meine Unterlippe
auch, bei folgenden Zeilen: „Spielst in der schönsten Stadt, die mich
verzaubert hat, bist alles, was ich hab. Ich lass’ nie von dir ab. Samstag
um halb vier bist du mein ganzes Leben, ich gehöre zu dir, was kann es
Schöneres geben?“ Ernsthaft?
Zum Glück haben wir Mutter- und Vatertag hinter uns gebracht, sodass keine
konkurrierenden Gedanken in puncto Liebeserklärungen aufkommen. Was gibt es
schöneres als die komprimierte Erscheinung von überwiegend männlichen
Fußballfans, die mit allgemein akzeptierter Legitimation die Straßen des
„Viertels“ einnehmen?
Als würde die grüne Tarnung und die Anzahl der Menschen jeden einzelnen
plötzlich unsichtbarer machen. Als würde ihnen der öffentliche Raum an den
restlichen 364 Tagen nicht mit derselben Selbstverständlichkeit zu
Verfügung stehen. Nun gut, zumindest sind alle positiv gestimmt, motiviert
und gewissenhaft im Verfolgen dieser einen Leidenschaft. Fußball lässt die
Herzen höher schlagen – und manchmal auch emotionalisierte Jungs um sich.
## Der Preis für diese Liebe
Ja, schon klar, Fußball vereint auch. Er schafft Zusammenhalt, stiftet
Identität. Er hilft, Hürden und Grenzen zu überwinden. Durch die Liebe zum
Sport. Dumm nur, dass der Rest der Stadt den Preis für diese Liebe zahlt.
Verschmutze Straßen, überall Scherben und Betrunkene, die Brüllen, als
hätten sie seit Jahren kein Gehör gefunden.
In der Luft macht sich der Gestank von Mackertum breit und als wäre das
nicht genug, werden die toxischen Schweißdrüsen mit gut gemeinter
[2][politischer Haltung] – gegen Rechtsextremismus, Homofeindlichkeit und
Sexismus – besprüht.
Ich sehe auch den anderen Teil, wirklich! Jene, die die Liebe zum Verein
nicht als perfekten Anlass für unhinterfragte männliche Selbstdarstellung
nutzen. Und keine Sorge, dass ist auch kein Aufruf zum Fan-Boykott. Es
werden auch keine Fußballmetaphern in Form von gelben oder roten Karten
verteilt. Oder vielleicht doch: Ich bleibe am Ball. Das Spiel gegen den 1.
FC Köln endet 1:1. [3][Werder Bremen steigt nicht ab]. Gratulation und
Prost. Zeit für das zehnte Bier, denn jetzt gibt es sogar einen echten
Anlass zum Feiern.
Zum Glück wurden die Blasen spätestens beim Verlassen des Stadions an den
umliegenden Bäumen und Gartenzäunen entleert. Richtig rebellisch, diese
pinkelnde Horde. Genug mit dem Spießer-Genörgel. Ich setze meine Kopfhörer
auf, mache den [4][Rapper Haftbefehl] mit seinem Song „Lass’ die Affen aus
dem Zoo“ an und beobachte das Schauspiel, als sei es meine einzige
Leidenschaft. Fußball vereint, auch auf Umwegen.
26 May 2023
## LINKS
[1] /Zunahme-von-Pyrotechnik-in-Stadien/!5931521
[2] /Werder-Bremen-gegen-Rechts/!5930561
[3] https://www.deichstube.de/fan-stube/werder-bremen-fans-video-klassenerhalt-…
[4] /Klassiker-des-Strassenrap/!5854824
## AUTOREN
Nur Maulawy
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Toxische Männlichkeit
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