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# taz.de -- Mein Sohn und sein neuer Job: Das Demo-Business
> Mein kommunistischer Sohn Mehmet hat ein neues Geschäftsmodell entdeckt:
> Er mischt Nazis auf und verdient gut dabei.
Bild: Sponsor gesucht: Friedensarbeit im niedersächsischen Laatzen im Septembe…
Mit meinem kommunistischen Sohn Mehmet gehe ich wie immer am Anfang des
Monats zur Bank, um den ganzen Stapel mit Strafzetteln zu bezahlen, die
sich dank seiner sehr eigenwilligen Fahrweise binnen vier Wochen wieder
angesammelt haben. Zu schnell gefahren, bei Rot gefahren und jede Menge
Parksünden.
„Und alle wundern sich, warum ich immer noch [1][einen uralten 68er
Ford-Transit fahre]. Wie kann ich denn so Geld sparen?“, jammere ich mit
einer deutlichen Kritik in der Stimme.
Wer versteht – der versteht!
Da sieht Mehmet ein Plakat an der Wand mit der Ankündigung des
„Liederabends für den globalen Frieden“, der von der Bank gesponsert wird.
Mindestens 30 weitere stolze Geldgeber stehen noch auf dem Plakat.
„Das ist die Idee! Das mache ich auch“, springt Mehmet plötzlich begeistert
hoch, als hätte er gerade die Druckmaschine entdeckt.
„Du willst auch Lieder für den globalen Frieden singen? Diese künstlerische
Ader von dir war mir bis jetzt noch nie aufgefallen,“ sage ich ironisch.
„Ich lass mich für meine etlichen globalen Friedensaktivitäten auch
sponsern“, brüllt er überschwänglich, als hätte er soeben persönlich den
Dreißigjährigen Krieg beendet.
„Super Idee. Ich bin es wirklich leid, deine dämlichen Strafzettel seit
Jahren ganz alleine abzustottern. Ein paar Sponsoren an meiner Seite könnte
ich gut gebrauchen. Die Frage ist nur: Wer ist noch so blöd?“
„Vater, wer redet denn von dir? Die sollen mich sponsern. Das ist eine
richtige Marktlücke im hart erkämpften Demo-Business“, sagt er mit
glänzenden Augen, in Erwartung eines kräftigen Geldregens.
„Mehmet, du kannst doch nichts anderes als bei Demonstrationen die
Schaufensterscheiben von Großbanken einzuschmeißen oder vor den Wahlen die
Werbeplakate der [2][AfD] abzureißen. Aber komm bloß nicht auf die Idee,
teure Kunstwerke mit Farbe zu bewerfen oder dich an teure Autos
festzukleben“, warne ich ihn.
„Meine Demos sind auch globale Friedensaktivitäten“, grinst er wie ein
Honigkuchenpferd.
Als Mehmet ein paar Wochen später wieder aufbricht, um eine rechtsradikale
Demo aufzumischen, stellt er mir stolz einige seiner Sponsoren vor.
„Diesen Backstein, mit dem ich die Frontscheibe der Fascho-Partei
zertrümmern werde, erwarb ich durch die finanzielle Hilfe der Glaserei
‚Wenn Fenster, dann Freddy‘. Hier auf dem Stein ist das Logo der Firma
deutlich zu sehen. Und diesen stabilen Schlagstock verdanke ich, wie du
hier am Griff lesen kannst, der freundlichen Unterstützung der
Orthopädischen Praxis ‚Schädelbrüche sind unsere Sache. Knochenhauer und
Sohn.‘“
Mit Tränen in den Augen umarme ich meinen genialen, geschäftstüchtigen
Sohn:
„Mehmet, zum ersten Mal wird deine [3][Arbeit] gebührend entlohnt, mein
Sohn. Ich bin so was von stolz auf dich.“
10 Jun 2023
## LINKS
[1] /Verfolgungsjagd-auf-Corona/!5831833
[2] /Schwerpunkt-AfD/!t5495296
[3] /Oeko/Arbeit/!p4629/
## AUTOREN
Osman Engin
## TAGS
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