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# taz.de -- Rhododendronhain im Tiergarten: Der Traum, im Verwelken begriffen
> Der blühende Rhododendronhain im Tiergarten ist ein Besuchermagnet.
> Leider wissen sich viele nicht zu benehmen. Die Schäden in der Natur sind
> groß.
Bild: Morgens im Tiergarten. Rhododendren sind Moorpflanzen und brauchen viel W…
Berlin taz | Schon von Weitem das Leuchten: ein Traum von Blüten, violett
und rosa, einige auch rot, gelb oder weiß. Drei bis vier Meter hoch sind
die Büsche. Davor zwei junge Frauen. Die eine hat eine Kamera geschultert,
die andere tauscht ihre Sneaker gegen hochhackige Schuhe. Fertig zum
Fotoshooting schiebt sie sich zwischen die Büsche, bis der Körper ganz von
den Dolden umgeben ist.
Szenen wie diese spielen sich im Tiergarten zurzeit häufig ab: Die
blühenden Rhododendronhaine sind ein Besuchermagnet. Vielen Menschen fehle
es aber leider an Respekt vor den Pflanzen, bestätigt der Revierleiter des
Tiergartens, Markus Schwenke, der taz auf Anfrage. „Oft müssen wir
beobachten, wie sich Besucher in die Büsche stellen, um sich dann zu
fotografieren – gerade in der Hauptblütezeit.“
Auch [1][die bei Touristen beliebten Fahrradrikscha-Touren] zwängten sich
zum Teil zu zweit nebeneinander den schmalen Weg entlang, blieben für Fotos
stehen, sodass die anderen Parkbesucher nicht mehr vorbeikämen und in die
Pflanzung auswichen.
Der Schaden sei immens, berichtet Schwenke. Zweige brächen ab, der Boden
werde durch die Tritte verdichtet. Aber das ist nicht alles: „Ganze Äste
mit Blüten werden abgebrochen, um sie zu Hause in die Vase zu stellen.“
## Der Park ist schon genug gebeutelt
Das passiert in einem Park, der wegen seiner zentralen Lage nicht umsonst
als Berlins Lunge bezeichnet wird. [2][Einem Park, der von den vielen
Großveranstaltungen, die jedes Jahr an den Rändern stattfinden, schon genug
gebeutelt ist].
Vielleicht führen ja ein bisschen mehr Wissen und Aufklärung zu größerer
Achtsamkeit und Respekt: Seit 1954 gibt es die Rhododendronhaine. Der
Gartenbaudirektor Willy Alverdes war es, der den Wiederaufbau des
Tiergartens nach dem Zweiten Weltkrieg koordiniert und den Englischen
Garten und den Rhododendronhain angelegt hat. Der Park – das nur nebenbei
– war nach dem Krieg nahezu komplett zerstört: nur 750 Altbäume hatten
überlebt, 250 von ihnen stehen heute noch.
Nach wie vor habe der Rhododendron „einen sehr großen Stellenwert“ bei der
Gestaltung des Tiergartens, betont Revierleiter Schwenke. Bereiche um die
Löwenbrücke, am Englischen Garten und die Ränder der Gewässer seien
schwerpunktmäßig mit den Büschen bepflanzt. Dominierend seien lila blühende
Sorten.
Und dann ist da das Gärtnerische. „Der Pflegeaufwand ist relativ hoch“,
erklärt Schwenke. Rhododendren seien Moorpflanzen. Sie bräuchten einen eher
sauren Boden und müssten viel gewässert werden. Auch eine regelmäßige
Düngung sei wichtig sowie ein gelegentlicher Rückschnitt, damit die Büsche
nicht zu hoch würden. „Wenn es personell möglich ist, brechen wir nach der
Blüte die alten Blüten aus. So geht die Kraft in den Wuchs und in das
Ansetzen neuer Blüten für die nächste Saison.“
Kaum zu glauben also, wie viel Arbeit, Mühe und Liebe in den
Rhododendrenhainen steckt. Doch weil jede Berichterstattung darüber neue
Besucher anlockt, sähe man das große Medieninteresse mit gemischten
Gefühlen, verrät der Revierleiter. Darum sei zum Schluss gesagt: Die
Hochzeit der Blüte ist für dieses Jahr vorbei. Der Traum ist im Verwelken
begriffen, beschleunigt durch die warme Witterung der letzten Tagen.
Hinzugehen lohnt sich aber immer noch, vor allem morgens. Aber bitte
benehmen. So wie das Rentnerpärchen, das händchenhaltend in respektvollem
Abstand die Büsche bestaunt.
6 Jun 2023
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## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Berlin-Mitte
Großer Tiergarten
Botanik
Lesestück Recherche und Reportage
Insekten
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