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# taz.de -- RB Leipzig siegt im DFB-Pokal: Gewinnendes Konstrukt
> Der von Fußballfans beargwöhnte Verein namens RB Leipzig hat wieder den
> DFB-Pokal gewonnen. Ist das schon Tradition?
Bild: Pott-Küsschen: die Leipziger Simakan (l.) und Szoboszlai busseln den Pok…
Ist das schon so etwas wie eine Tradition? Man hat sich daran gewöhnt, dass
RB Leipzig, dieser „junge Klub“, wie Trainer Marco Rose nicht müde wird zu
sagen, das Endspiel um den DFB-Pokal erreicht. Viermal in den vergangenen
fünf Jahren stand das „Konstrukt“, wie die Fanszenen sogenannter
Traditionsvereine das sporttreibende [1][Marketinginstrument des
Koffeinlimoherstellers Red Bul]l nennen, nun schon im Endspiel. Zum zweiten
Mal hintereinander hat Rasenballsport die Trophäe jetzt gewonnen.
So richtig abfinden konnte sich ein Teil Fußballdeutschlands jedoch nicht
mit dem 2:0-Erfolg von RB [2][gegen Eintracht Frankfurt] am Samstagabend im
Berliner Olympiastadion. Auf Twitter trendete nach dem Schlusspfiff die
Verbalinjurie „Hurensöhne“. Enttäuschte Frankfurter Fans brüllten dieses
hässliche Wort noch lange nach dem Spiel ein ums andere Mal hinaus in den
Berliner Nachthimmel.
Das ist nichts Neues, wenn ein altgedienter Klub gegen die Emporkömmlinge
aus Leipzig spielt – und fast schon so etwas wie eine Tradition. Tradition
geworden ist auch das machtvolle Auftreten der Anhängerschaft aus
Frankfurt, die es mal geschafft haben, ein Europa-League-Spiel in Barcelona
zum Heimspiel zu machen.
Auch am Samstag waren zwei Drittel des mit gut 74.000 Zuschauern
ausverkauften Olympiastadions als Anhänger der Eintracht auszumachen. Für
die hatte Oliver Glasner, der Trainer der unterlegenen Frankfurter, nach
dem Pokalspiel besonders warme Worte parat und machte deutlich, wie wichtig
der Anhang für Fußballer ist. Die seien schließlich Künstler und als solche
bedürfen sie des Zuspruchs von den Rängen. Und er sei auch deshalb so stolz
auf die Mannschaft, mit der er zwei Jahre zusammengearbeitet und dabei die
Europa-League gewonnen hat, weil es ihr gelungen sei, so viele Menschen zu
begeistern.
## „Passen Sie mir gut auf!“
Glasner muss den Verein verlassen. Weil er sich nicht so recht mit
Eintrachts Sportvorstand Markus Krösche verstand, wurde er ein Jahr vorm
Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit zur Tür hinausgebeten. Jetzt will er
die Eintracht in der Rolle eines Fans beobachten und servierte den
versammelten Pressevertretern zum Abschied eine rührende Geschichte. Eine
ältere Frau habe ihn bei einem seiner ersten Auftritte in Frankfurt
gebeten: „Passen Sie mir bitte gut auf, meine Eintracht!“ Nun sei er in
ihrer Rolle und rufe als Fan den Verantwortlichen zu, sie mögen doch gut
auf die Eintracht aufpassen. [3][Da hat einer das Spiel mit den Emotionen
der Fans verstanden].
Marco Rose, der Pokalsiegertrainer, tut sich da gewiss schwerer. Er schritt
zur Pressekonferenz und begann so nüchtern und trocken zu sprechen, als
hätte sein Team gerade ein stinknormales Bundesligaspiel gegen den FC
Augsburg gewonnen. „Ich freu mich schon“, sagte er. Brav lobte er dabei die
Fans, die ihr Bestes gegeben hätten, pries alle Mitarbeiter im Klub, ohne
die das nicht möglich gewesen wäre und setzte zur Analyse des Spiels an,
das bis zur 70. Minute alles andere als gute Unterhaltung geboten hatte.
Arg vorsichtig agierten die Leipziger gegen wacker angrätschende
Frankfurter. Die trauten sich nach Ballgewinn meist zu wenig zu. Die Angst
vorm in den vergangenen Wochen so furchteinflößenden Umschaltspiel der
Leipziger war ihnen anzumerken.
Rose war gerade dabei, dieses blutleere Gekicke zu erläutern, das stürmten
seine Spieler den Raum der Pressekonferenz, sangen und übergossen ihren
Trainer mit Unmengen Bier. Der Biergeduschte hatte sich schnell wieder im
Griff, setzte sein Analytikergesicht auf und sprach weiter, als die Spieler
sich wieder verdrückt hatten.
Rose zeigte auf die Feiertruppe und meinte, ab der 70. Minute sei es dann
eher so gewesen. Mit der Einwechslung von Yussuf Poulsen für Timo Werner
war ein wenig Feuer ins Spiel gekommen. Solches hatte es bis dahin nur auf
den Rängen gegeben, wo reichlich pyrotechnische Erzeugnisse abgefeuert
wurden.
Christopher Nkunkus 1:0 in der 71. Minute war die Folge dieses erhöhten
Engagements, auch wenn es gewiss ein wenig glücklich war, wie der doppelt
abgefälschte Ball den Weg ins Tor gefunden hatte. Die Frankfurter waren
gebrochen und ließen kurz vor Schluss noch ein zweites Tor durch Dominik
Szoboszlai zu. Die Leipziger durften feiern. Auch Marco Rose. Der sprach
von einer Sause. Auch ein paar Bilder vom Stadtfest in Leipzig habe man ihm
schon gezeigt. „Das sieht nach Spaß aus“, sagte er und musste beinahe sogar
ein bisschen lächeln.
Ob jetzt nicht auch mal die Meisterschale für Leipzig dran sei, wollte
einer wissen. Die gewinnt ja traditionell eine andere Mannschaft. Zu jenem
FC Bayern wird mit Konrad Laimer wohl einer der besten Rasenballsportler
wechseln. Und auch Stürmer Christopher Nkunku wird kaum zu halten sein.
Sollte es wirklich mal klappen mit dem Titel, eines wird den Leipzigern
sicher sein: der Hass der abgehängten Traditionsvereinsfans.
4 Jun 2023
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## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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neuerdings gut. Damit verstrickt sich der RB-Sportchef in Widersprüche.
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