# taz.de -- Gegenoffensive der Ukraine: Sie nimmt Form an | |
> Die Vorbereitungen auf einen ukrainischen Gegenangriff schreiten voran. | |
> Und Russlands Militär? Streitet intern und setzt zunehmend auf | |
> Verteidigung. | |
Bild: Weitgehend zerstört, doch der Kampf geht weiter: Bachmut in der Ostukrai… | |
BERLIN taz | Die ukrainische Stadt Bachmut im Donbass ist nach wie vor der | |
Schauplatz der schwersten und blutigsten Kämpfe entlang der ganzen | |
Frontlinie. Seit mehr als neun Monaten versuchen die russischen Truppen, | |
die Stadt, in der früher einmal mehr als 70.000 Menschen lebten, | |
einzunehmen. Heute sind von Bachmut nur noch Ruinen übrig. Trotzdem ist es | |
den russischen Truppen bis heute nicht gelungen, die ganze Stadt | |
einzunehmen, obwohl sie größtenteils bereits unter Moskaus Kontrolle ist. | |
Die ukrainischen Streitkräfte kontrollieren noch den westlichen Teil der | |
Stadt, der hauptsächlich aus Hochhäusern besteht, was es für sie teilweise | |
leichter macht, dieses Areal zu verteidigen. Ihnen ist jedoch nur eine | |
Straße geblieben, über die sie aus der Stadt heraus können. Diese Straße | |
dient jetzt dazu, Munition zu liefern und die Verwundeten zu evakuieren. | |
Aber auch sie liegt unter russischem Beschuss. In der Ukraine wird sie die | |
„Straße von Leben und Tod“ genannt. | |
Gleichzeitig hat der öffentliche Konflikt zwischen der russischen | |
paramilitärischen „Wagner“-Gruppe, Hauptangriffskraft in Bachmut, und dem | |
russischen Verteidigungsministerium seinen Höhepunkt erreicht. In den | |
vergangenen Wochen hat Jewgeni Prigoschin, Gründer und Chef der privaten | |
Söldnergruppe, wiederholt einen kritischen Mangel an Munition beklagt, | |
deren Lieferung durch das russische Verteidigungsministerium verzögert | |
wurde. Prigoschin, der wie seine ganze Wagner-Gruppe unter EU-Sanktionen | |
steht, drohte der russischen Militärführung am 5. Mai, dass seine Söldner | |
Bachmut am 10. Mai verlassen würden, sollte sich die Waffensituation nicht | |
verbessern. Prigoschin sagte, er werde die Positionen von Wagner für den | |
Fall ihres Rückzugs an die „Achmat“-Einheiten von Ramsan Kadyrow, dem | |
Präsidenten von Tschetschenien, übergeben. | |
Später versprach das russische Verteidigungsministerium Prigoschin, dass es | |
ihm noch Munition geben würde. Später sagte der Wagner-Chef, er habe zwar | |
Munition vom Ministerium erhalten, aber nur zehn Prozent der von ihm | |
geforderten Menge. | |
Ramsan Kadyrow seinerseits forderte Prigoschin und das russische | |
Verteidigungsministerium auf, die öffentlichen Konflikte zu beenden, sagte | |
aber, er sei bereit, in Bachmut Positionen zu übernehmen. Mittlerweile | |
vermuten Analysten des US-amerikanischen Institute for the Study of War | |
(ISW), dass der Übergang der Operation von den Wagner- auf die | |
Achmat-Truppen die Voraussetzungen dafür schaffen könnte, das russische | |
Verteidigungsministerium für künftige Misserfolge verantwortlich zu machen, | |
sollten die Achmat-Truppen auf die gleichen Schwierigkeiten stoßen wie die | |
Wagner-Truppen und Bachmut nicht vollständig einnehmen können. Die | |
ukrainische Militärführung nimmt die Erklärungen von Prigoschin über seine | |
Absicht, Bachmut zu verlassen, nicht ernst. | |
An anderen Abschnitten der östlichen Front gehen die ständigen | |
Artillerieduelle weiter, aber [1][die russische Offensive] hat sich | |
erheblich verlangsamt und in den letzten zwei Wochen hatten sie wenig oder | |
gar keinen Erfolg beim Vordringen tief in die Ukraine. Die aktivsten Kämpfe | |
finden nach wie vor in der Nähe der Stadt Awdijiwka in der Region Donezk | |
und in den Wäldern nahe der Stadt Kreminna in der Region Luhansk statt. | |
Einige Analysten vermuten, dass es eine Reihe von Gründen für diese | |
Situation gibt. Einer davon ist die Vorbereitung der Russen auf die | |
Verteidigung bereits besetzter Gebiete während der bevorstehenden | |
Gegenoffensive der Ukraine. | |
## Hauptziel könnte die Rückeroberung Melitopols sein | |
Kyjiws militärische und politische Führung hat es geschafft, Intrigen um | |
ihre zukünftige Gegenoffensive zu spinnen. Niemand kann genau sagen, wo sie | |
stattfinden wird, aber die ukrainische Seite versichert, dass sie gleich | |
mehrere Szenarien in petto habe. Die Erwartung erzeugt eine gewisse | |
Spannung bei den Russen, mit der die ukrainische Militärführung geschickt | |
spielt. Es gibt auch eine Reihe objektiver Gründe, warum sich die | |
Gegenoffensive verzögert hat: der regnerische Frühling, der den Boden | |
schlammig gemacht hat, und die verzögerte Lieferung der erwarteten | |
westlichen Waffen. | |
Die westlichen Partner erklären nun, dass die geplanten Lieferungen fast | |
hundertprozentig abgeschlossen seien. Auch das Wetter in der Ukraine hat | |
sich gebessert, der Boden ist trocken und die Aufstellung neuer | |
Kampfeinheiten ist ebenfalls in der Endphase. Analysten sagen voraus, dass | |
in den kommenden Tagen oder Wochen eine ukrainische Offensive beginnen | |
könnte. | |
Das Hauptziel dieser Operation könnte die Stadt Melitopol sein. Die | |
Befreiung dieses Gebiets wird die Landverbindung zwischen der besetzten | |
Krim, [2][dem besetzten Donbass] und Russland unterbrechen. Außerdem können | |
die ukrainischen Streitkräfte dann mit der Befreiung des linken Ufers des | |
Dnipro in dem Gebiet Cherson beginnen, ohne den Fluss, der an seiner | |
engsten Stelle nur etwas einen Kilometer breit ist, zu überrennen. Wenn | |
diese Gebiete erfolgreich befreit werden, werden die ukrainischen Truppen | |
in die Nähe der Grenze zur Krim kommen. | |
10 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anastasia Magasowa | |
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