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# taz.de -- Inklusiver Arbeitsmarkt: Arbeitssuche ohne Barrieren
> Die Bundesregierung plant höhere Abgaben für Betriebe, die keine Menschen
> mit Behinderung beschäftigen. Kritik kommt von der Linken.
Bild: Die Bundesregierung plant, Unternehmen stärker zu sanktionieren, die nic…
Berlin taz | Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung sind häufig hoch
qualifiziert – und dennoch arbeitslos. Das veranlasste vor rund zwölf
Jahren den Vater eines autistischen Kindes dazu, in Berlin die Firma
Auticon zu gründen. Der IT-Dienstleister vermittelt ausschließlich
autistische Fachkräfte zur Lösung von digitalen Problemen an Unternehmen.
Weil solche Berufschancen weiterhin die Ausnahme sind, will nun auch die
Bundesregierung mehr Menschen mit Behinderung in reguläre Arbeit bringen.
Das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes wird am Donnerstag
erneut im Bundestag beraten. „Viele Autisten können sich nicht gut
vermarkten“, sagt Ursula Schemm, Sprecherin von Auticon, zur Begründung,
warum Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung trotz häufig hoher
Qualifikation keine Jobs finden.
Unterstützung erhalten die bei Auticon Beschäftigten von Jobcoaches, die
auch die Auftraggeber für Besonderheiten der autistischen Fachkräfte
sensibilisierten. Zu den Stärken ihrer Belegschaft sagt Schemm: „Viele
haben ein sehr gutes Auge.“ Die IT-Fachleute könnten sich „stundenlang mit
voller Konzentration“ einer Aufgabe widmen.
Schon jetzt sind Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen gesetzlich
verpflichtet, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Tun sie das nicht,
müssen sie 360 Euro pro nicht erfüllter Stelle und Monat als Ausgleich
zahlen. Viele Unternehmen zahlen aber lieber die recht geringe
Ausgleichsabgabe, statt Menschen mit Behinderung einzustellen.
## Höhere Ausgleichsabgabe ab März 2025
Die Bundesregierung plant daher, Unternehmen stärker zu sanktionieren, die
nicht inklusiv agieren. Laut des Gesetzentwurfs sollen pro Monat und
unbesetzter Stelle 720 Euro fällig werden, wenn ein Unternehmen gar keine
Menschen mit Behinderung beschäftigt. Ab März 2025 soll die höhere
Ausgleichsabgabe gezahlt werden. Sonderregelungen sollen weiterhin für
kleinere Betriebe gelten.
Für Bundesarbeitsminister [1][Hubertus Heil] (SPD) sind die geplanten
Regelungen notwendig, damit auch Menschen mit Behinderung ihr „Recht auf
Teilhabe an der Gesellschaft“ realisieren können. Heil bezeichnet es als
„ökonomischen Unfug“, dass es ihnen schwerer gemacht werde als anderen
erwerbslosen Menschen, einen Arbeitsplatz zu finden, obwohl sie im Schnitt
höher qualifiziert seien.
Der Fraktion der Linkspartei gehen die Bemühungen der Bundesregierung nicht
weit genug. In ihrem Antrag kritisiert sie, dass arbeitslose Menschen mit
Behinderungen bei dem Gesetzentwurf „völlig vergessen werden“. Insbesondere
Langzeitarbeitslose und chronisch Erkrankte benötigten mehr Unterstützung
bei der Jobsuche.
Positiv bewertet die Linke dagegen, dass die Mittel aus der
Ausgleichsabgabe künftig den Beschäftigten zugutekommen und nicht mehr wie
bisher der Finanzierung von Werkstätten und Wohnheimen für behinderte
Menschen dienen soll.
## Mehr Aufklärung und Unterstützung für Betriebe
Auch Ursula Schemm von Auticon übt Kritik. Sie bezweifelt, dass erhöhte
Ausgleichszahlungen Unternehmen zur Einstellung von Menschen mit
Behinderung bewegen. Sie setzt auf mehr Aufklärung und Unterstützung für
Arbeitgeber. „Wir würden uns wünschen, dass Unternehmen, die uns und
ähnliche Dienstleister beauftragen, belohnt werden, indem die Beschäftigung
unserer Mitarbeitenden auf die Schwerbehindertenquote angerechnet wird“,
sagt Schemm.
Von der Bundesregierung erhofft sie sich außerdem mehr
Informationskampagnen zur Beschäftigung von autistischen Menschen. „Es ist
wichtig, über ihre Stärken zu sprechen“ und die Mitarbeitenden „als
Bereicherung und nicht als Belastung“ zu betrachten.
20 Apr 2023
## LINKS
[1] /Mindestlohnforderung-von-Hubertus-Heil/!5924969
## AUTOREN
Clemens Dörrenberg
## TAGS
Hubertus Heil
Inklusion
Arbeitsmarkt
Beschäftigung
IG
Familie
Niedersachsen
Der Hausbesuch
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