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# taz.de -- Chinas Verhältnis zum Westen: Warnung an den Westen
> Xi Jinping hegt unverhohlene Abneigung gegen den Westen und seine Werte.
> Chinas Demütigungen in der Vergangenheit liefern den Treibstoff für die
> Politik.
Bild: Vilnius, am 13.Januar 1991: eine sowjetischer Panzer steht vor dem Fernse…
Im Bezug auf den Sturz des Kommunismus hat sich der Glaube an dessen
friedlichen Charakter in unseren Köpfen verfestigt. Natürlich war es in
Rumänien anders, wo die Agonie der UdSSR mit einem Putsch endete, aber im
Allgemeinen waren die Veränderungen in Mittel- und Osteuropa sanft. Oder?
Die Erinnerung spielt uns einen Streich. Vor drei Jahrzehnten stürmten
sowjetische Truppen den Fernsehturm in Vilnius. Die Litauer wollten ihre
Souveränität verteidigen, was die Russen verhindern wollten. 14 Menschen
wurden getötet.
All dies wurde in den letzten Tagen in Erinnerung gerufen, als ein
Interview des chinesischen Botschafters in Frankreich, Lu Shaye, durch die
Medien ging. Darin deutete er an, dass die Krimfrage nicht so einfach ist,
wie die Ukraine und ihre Verbündeten es gerne hätten. Nach internationalem
Recht, so der Diplomat, verfügen die Länder der ehemaligen Sowjetunion
nicht über die volle Souveränität.
In Mittel- und Osteuropa nehmen wir die Wiedererlangung der Souveränität
vor 30 Jahren todernst. Wenn jemand die Existenz der Staaten unserer Region
untergräbt, laufen nicht nur den Balten, sondern auch den Polen unangenehme
Schauer über den Rücken. Vor allem, wenn solche Äußerungen aus einem der
mächtigsten Länder der Welt kommen – China. Peking hat relativ schnell ein
Dementi abgegeben. Dennoch wird der Vorfall in den Ländern unserer Region
nicht so schnell vergessen werden.
Erstens, weil chinesische Diplomaten nicht für zufällige „Zungenspritzer“
bekannt sind. Außerdem hat hier keine zufällige Figur gesprochen. Der
Botschafter in Frankreich gehört zur ersten Liga der chinesischen
Diplomatie, und außerdem kam die Erklärung kurz nach dem
[1][Freundschaftsbesuch von Emmanuel Macron] und Ursula von der Leyen in
Peking. Diese Erklärung zeigt, dass all die Bemühungen der Verteidiger
demokratischer Werte, China auf ihre Seite zu ziehen, dort abprallen.
Zweitens, weil die Erklärung des chinesischen Botschafters eindeutig näher
an der Linie Wladimir Putins liegt als an der irgendeines europäischen
Politikers. Allzu oft betrachten demokratische Politiker die Despoten zu
ähnlich wie sich selbst. Spätestens aber seit der „Appeasement“-Politik
Chamberlains gegenüber Hitler sollten wir uns dessen bewusst sein.
Drittens: Die Untergrabung der litauischen, lettischen und estnischen
Souveränität durch den chinesischen Botschafter ist eine Politik des
Achselzuckens vor der bestehenden internationalen Ordnung. Deshalb sollte
man sich von dem anschließenden Dementi nicht täuschen lassen. Auch hier
wurde ein Versuchsballon losgelassen – genau wie bei den chinesischen
Ballons, die vor Kurzem „versehentlich“ über Nordamerika flogen.
Präsident Xi Jinping hegt eine unverhohlene Abneigung gegen den Westen und
seine Werte. Chinas Demütigungen in der Vergangenheit liefern den perfekten
Treibstoff für die aktuelle Politik des Ressentiments. Diese Haltung
wiederum untergräbt das derzeitige Erscheinungsbild unserer Welt. An
Russland und Europa denkt sie im Sinne eines großen gemeinsamen Raums mit
China, in dem China – natürlich – dominieren soll.
Der chinesische Diplomat hat den Blutdruck in den mittel- und
osteuropäischen Ländern erhöht. Unabhängig davon, welches ihrer Länder vor
1990 ein in die UdSSR eingegliederter Staat war und welches „nur“ ein
Satellitenstaat – allen standen die schlimmsten Bilder der Vergangenheit
vor Augen. Und für Westeuropa ist es eine deutliche Warnung, wie die Suche
nach einem „dritten Weg“ zwischen dem despotischen Osten und dem
demokratischen Westen enden kann.
30 Apr 2023
## LINKS
[1] /China-und-Europa/!5925362
## AUTOREN
Karolina Wigura
Jaroslaw Kuisz
Jarosław Kuisz
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China
Russland
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Kolumne Fernsicht
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Feminismus
Wolodymyr Selenskij
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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