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# taz.de -- App „Rad+“ der Deutschen Bahn: Abstrampeln für 60 ml Flüssigs…
> In Berlin können FahrradfahrerInnen jetzt auf ihren eigenen Wegen per App
> Kilometer sammeln. Es winken halbseidene Preise.
Bild: Kostet nix, bringt auch nicht viel: App DB Rad+
Berlin taz | Was macht die DB, wenn die [1][Pünktlichkeit ihrer Züge mal
wieder auf der Strecke bleibt]? Sie promotet ausnahmsweise das Fahrrad: Auf
dem machen alle ihr Tempo schließlich halbwegs selbstbestimmt. Wie genau
das Ganze funktioniert, erinnert dann aber doch wieder stark an andere
PR-Ideen der Bahn.
„Wir wollen Menschen überzeugen, nachhaltig unterwegs zu sein“, verkündet
Bernd Koch, Vorstandschef der DB Station & Service, am Donnerstag im
Bahnhof Südkreuz. Bahn und Fahrrad, so Koch, seien die „optimale
Kombination“. Und weil Appelle selten reichen, soll sich der Umstieg vom
Auto ab sofort „ganz konkret lohnen“.
Und das geht so: Wie schon in einigen anderen Städten ist jetzt auch in
Berlin die App „DB Rad+“ freigeschaltet. Ihr Prinzip: Das Fahren auf dem
Drahtesel soll durch das Vorhalten digitaler Möhrchen attraktiver werden –
die bestehen aus Rabatten für virtuelle und physische Shops.
## Heatmaps für den Senat
Wird die App vor Besteigen des Sattels aktiviert, erkennt sie die
Fortbewegungsart und registriert die zurückgelegten Kilometer. Völlig
unbedenklich, versichert Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am
Donnerstag: „Sie müssen sich nicht registrieren, es werden nur
anonymisierte Verkehrsdaten erhoben.“ Aus denen kann die Verwaltung
„Heatmaps“ erstellen, die die Attraktivität von Routen zeigen und für die
Planung von Infrastruktur wertvoll sind.
Auch deshalb wohl war Jaraschs Haus bereit, zu der bis Ende 2024 laufenden
Aktion 300.000 Euro zuzuschießen – drei Viertel davon kommen aus dem
Förderprojekt „Appgestützte Fahrraddatenakquise und Incentivierung des
Fahrradfahrens für Berlin“ des Bundesverkehrsministeriums. Von dem Geld
wird die App betrieben und beworben, es werden aber auch „Partner
akquiriert“, bei denen die Kilometer umgewandelt werden können.
In was, fragen Sie? Nun: Die DB selbst gibt Vergünstigungen auf
[2][Accessoires aus ihrem Online-Shop]. Für 100 geradelte Kilometer gibt es
einen Gutschein im Wert von 5 Euro, der ab einem Einkauf von 25 Euro
einlösbar ist. Die Fußmatte mit dem ICE 4 (24,90 Euro) reicht da leider
noch nicht, aber Sie können ja das Magnetpuzzle DB Streckennetz (11,90
Euro) drauflegen.
Interessanter ist da schon das 5-Euro-Guthaben für die Nutzung eines
Call-a-Bike-Leihrads (auch für 100 km Strampeln). Gutscheine für
Bahnfahrten – eigentlich naheliegend – verspricht das System zwar, sie sind
aber (noch) nicht verfügbar. Da muss man sich mit anderen Goodies trösten:
einem Gratis-Cookie bei „Bolinas Kaffee & Laden“ in Tempelhof (für 35 km)
oder einer Dr. Bronner Fair Trade Flüssigseife bei „Supermarché Oekofaire
Mode“ in Kreuzberg (60 ml, für 60 km).
## Lastenräder ab 0 Kilometer
Schon wieder witzig eigentlich, wie die vom ADFC betriebene „fLotte“ das
DB-Marketing kapert: Auch das kommunale Lastenrad-Sharingsystem hat es
irgendwie in die Rabattliste der App geschafft, mit einem entscheidenden
Unterschied allerdings: Die Miete kostet nichts und ist auch schon ab 0 km
zu haben.
Ein ganz besonderes Versprechen hat die Bahn noch im Ärmel: Wenn ganz viele
Menschen die „Rad+“-App nutzen und ganz viele Kilometer sammeln, zieht der
Konzern die Spendierhosen an. Dann gibt es Extras für alle, zum Beispiel
eine neue Fahrradreparaturstation an einem Bahnhof oder einen
„Fahrradwaschtag“. Was, wann und wo, weiß man aber noch nicht genau. Alle
Wetter, die Bahn.
PS: Dass die App nur Fahrradfahrten als solche erkennt, ist übrigens bloß
Wunschdenken – der Autor jedenfalls hat nach dem Termin gleich zwei
Kilometer beim U-Bahnfahren gesammelt. Werden nicht eingelöst, versprochen!
21 Apr 2023
## LINKS
[1] /Zustand-der-Deutschen-Bahn/!5924977
[2] https://bahnshop.de/accessoires/
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Deutsche Bahn
Radverkehr
Bettina Jarasch
Mobilitätswende
Deutsche Bahn
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