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# taz.de -- Militärdiktatur im Myanmar: Luftangriff löst Empörung aus
> Der Angriff eines Militärjets auf eine Versammlung fordert in einem Dorf
> Dutzende Tote, darunter Frauen und Kinder. Junta spricht von
> „Terroristen“.
Bild: Aufnahme einer lokalen Aktivistengruppe aus dem angegriffenen Dorf
Berlin taz | Myanmars Militärjunta hat einen international verurteilten
Luftangriff auf ein Dorf gerechtfertigt, bei dem Dienstag früh Augenzeugen
zufolge bis zu 100 Personen getötet wurden. Juntasprecher Zaw Min Tun
erklärte Dienstagabend im Militärsender Myawaddy TV: „Ja, wir haben den
Angriff durchgeführt.“ Ziel sei eine Veranstaltung oppositioneller Milizen
in der Region Sagaing gewesen. Dabei sei ein Waffenlager der Rebellen
getroffen worden und explodiert.
Es seien wohl auch Zivilisten getötet worden, die von den Rebellen zur
Unterstützung der Veranstaltung gezwungen worden seien, erklärte der
Sprecher. Die Rebellen hätten das Gebiet vermint gehabt. Eine Zahl der
Opfer, die der Juntasprecher als Terroristen bezeichnete, nannte er nicht.
Nach Aussagen von Dorfbewohnern und Milizionären der Rebellen, die von
myanmarischen [1][Exilmedien] zitiert wurden, hatten sich gegen 7 Uhr
morgens mehrere Hundert Menschen im Dorf Pa Zi Gyi, 180 Kilometer westlich
der Großstadt Mandalay, versammelt, um der feierlichen Eröffnung eines
Verwaltungsgebäudes der Miliz beizuwohnen.
Dann sei am Himmel ein Kampfjet aufgetaucht und habe eine Bombe abgeworfen.
Danach habe ein M-35 Hubschrauber 20 Minuten lang Überlebende beschossen.
Aufnahmen, die sich nicht verifizieren lassen, aber Schilderungen von
Dorfbewohnern entsprechen, zeigten ein verbranntes Gebiet, in dem zwischen
Trümmern und verkohlten Mopeds Leichen liegen.
## Schwierige Identifizierung der Opfer
Die hohe Zahl abgetrennter Körperteile machten es schwierig, die genaue
Opferzahl zu ermitteln. Die Zahl der Toten wird auf 57 bis 100 geschätzt,
darunter mindestens 15 Kinder und etliche Frauen.
Damit ist das einer der opferreichsten Militärangriffe seit dem Putsch vom
1. Februar 2021. Unklar ist, wie viele der Opfer Zivilisten und wie viele
Milizionäre waren. Ein Milizionär sagte dem Exilmedium [2][Irrawaddy], etwa
20 Kämpfer seien getötet worden, die anderen Opfer seien Zivilisten
gewesen. Laut Juntasprecher seien einige zivil gekleidete Personen in
Wirklichkeit Angehörige des bewaffneten Widerstands.
International löste der Angriff Entsetzen und scharfe Kritik aus.
UN-Generalsekretär António Guterres, die US-Regierung, das deutsche
Auswärtige Amt und Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen
verurteilten den Luftangriff scharf.
Laut UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk habe das Militär „seine klaren
rechtlichen Verpflichtungen missachtet, bei Kampfhandlungen für den Schutz
von Zivilisten zu sorgen“.
Bereits im Oktober hatte das Militär im nördlichen Kachin-Staat aus der
Luft ein Konzert angegriffen und Dutzende Zivilisten getötet. Dokumentiert
ist auch ein Angriff auf eine Schule im September und im März das Massaker
an Zivilisten und Mönchen in einem Kloster.
## Luftangriffe des Militärs wegen hoher Verluste am Boden
Das Militär greift in letzter Zeit verstärkt mit seinen aus China und
[3][Russland] stammenden Jets und Helikoptern an, weil die Soldaten in
direkten Konfrontationen mit den bewaffneten Widerstandsgruppen immer
wieder hohe Verluste erleiden.
Gegen Luftangriffe hat der Widerstand keine effektive Abwehr. Deshalb ist
allerdings verwunderlich, warum es in Rebellengebieten überhaupt noch so
große Versammlungen gibt. Der Angriff hat bisherige Forderungen nach
Sanktionen für Flugbenzin verstärkt.
Sagaing ist eine Hochburg des bewaffneten Widerstands. In der Region
dominiert die Mehrheitsethnie der Birmanen (Bamar), aus der sich
traditionell das Militär rekrutiert, weshalb es früher dort keinen
nennenswerten Widerstand gegen die mächtigen Generäle gab. Doch seit dem
Putsch wehren sich die Menschen dort besonders stark. Dabei facht das
brutale Vorgehen der Junta den Widerstand erst recht weiter an. Geschätzte
1,4 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht.
12 Apr 2023
## LINKS
[1] https://www.irrawaddy.com/news/burma/at-least-50-civilians-including-childr…
[2] https://www.irrawaddy.com/news/burma/pieces-of-flesh-were-everywhere-myanma…
[3] /Trotz-des-Kriegs-gegen-die-Ukraine/!5915349
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Schwerpunkt Myanmar
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