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# taz.de -- Die Wahrheit: No zum flammenden Inferno
> Die katholische Kirche stellt sämtliche ihrer Fegefeuer-Aktivitäten zum
> Jahresende 2023 ein. Bei der Belegschaft sorgt das nicht für
> Begeisterung.
Bild: Die Vorhölle: Und wieder verliert ein armer Teufel seine Arbeit
Wo soll das alles enden? Erst macht das, was mal Karstadt war, fast überall
dicht, und jetzt will die Katholische Kirche auch noch das Fegefeuer
auspusten! Die Vorhölle wurde von den sparsamen Kirchlern ja schon im Jahr
2007 dichtgemacht – zu teuer und zu wenig frequentiert, lautete das
lakonische Urteil damals.
Die Vorhölle war eigentlich stets nur für ungetaufte Menschen und Seelen
reserviert und bei Weitem nicht so beliebt wie das Fegefeuer. Die Vorhölle
quoll über von lauten, ungetauften Kindern und nervigen, bärtigen
Philosophen. So jedenfalls schildert sie Dante in seinem „Inferno“.
Das Fegefeuer dagegen ist an und für sich eine schöne Sache. Durch Ablässe,
Wallfahrten, gute Werke und Worte sowie richtige Reue kann man sich hier
einen freien Platz im Paradies erarbeiten. Letzteres ist ja auf Dauer
gesehen ohnehin eher langweilig. Eine abwechslungsreiche Vorstufe davon ist
weitaus attraktiver. Durch Bücher wie „Ich bin dann mal weg“ sind
Wallfahrten erstaunlich populär geworden und durchweg ausgebucht.
Seitens der katholischen Kirche wurden diese Fegefeuer-Aktivitäten wenig
überzeugt weiterbetrieben, denn die Fegefeuer-Klientel hatte dabei
verdächtig viel Spaß. Doch die wegen des offenen Feuers steigenden Energie-
und Personalkosten werden dem halbherzigen Engagement der Kirche bald ein
Ende bereiten.
Die Katze ist jetzt also aus dem Sack: Bis Ende des Jahres 2023 sollen alle
Fegefeuer-Aktivitäten der Katholischen Kirche eingestellt werden, mit
anderen Worten: Das Fegefeuer ist ausgebrannt! Der Vatikan sagt No zum
flammenden Inferno im Purgatorium!
## Heilsökonomie ohne Beschwerden
Damit geht eine Tradition zu Ende, die im sechsten Jahrhundert nach
Christus von Papst Gregor begründet wurde, den man auch scherzhaft den
„Fegefeuerteufel“ nannte. Zahllose Klienten nahmen das Angebot des
Fegefeuers wahr, nie gab es ernst zu nehmende Beschwerden über diese
Heilsökonomie, doch nun soll damit Schluss sein! Vorhölle und Fegefeuer,
will man den Gläubigen denn auch noch den letzten Spaß wegnehmen?
Die arbeitslose Fegefeuer-Belegschaft will man feuern, mit anderen Worten:
komplett in die Hölle verlegen, was bei den freigestellten Mitarbeitern
nicht gerade für Begeisterung sorgt. Bei der Belegschaft handelt es sich
meist um kleine Dämonen und Quälgeister ohne Schulabschluss, also oft um
sogenannte arme Teufel ohne große Aufstiegsperspektiven. Wie sich das auf
die Arbeitsfreude am neuen Arbeitsplatz auswirkt, kann man sich vorstellen.
Dazu kommen noch die ehrenamtlichen Mitarbeiter, meist herzensgute Laien,
ohne die man den ganzen Fegefeuerbetrieb schon längst hätte einstellen
können. Die können jetzt sehen, wo sie bleiben und ob sie als Hilfskräfte
in Pizzerien und Grillstuben unterkommen. Der Rest wird dann wohl uns
Steuerzahlern auf der Tasche liegen.
## Lukrativer Dienst privatisiert
Das Familiensilber des Fegefeuer-Betriebs wurde bereits meistbietend
verscherbelt: der Ablasshandel. Dieser herrlich lukrative Dienst ist
mittlerweile komplett privatisiert und dadurch auch nicht gerade seriöser
geworden. Dubiose Firmennamen wie „Seelenreinigung Tetzel“ und
„Krass-Ablass“ lassen nichts Gutes hoffen.
Diese letzten privaten Fegefeuer werden so langsam verlöschen und womöglich
durch moderne, unpersönliche Reinigungsverfahren ersetzt werden, man soll
in der Fegefeuer-Branche bereits über verschiedene
Seelen-Sandstrahlverfahren nachdenken.
Na gut, was soll’s, nix ist ewig, nur der Verbleib in der Hölle. Wenn die
katholische Kirche den aber auch noch abschafft, dann, ja dann sollte
ernsthaft über einen Austritt nachgedacht werden – aus der Kirche, nicht
aus der Hölle!
28 Mar 2023
## AUTOREN
Kriki
## TAGS
Katholische Kirche
Glaube
Hölle
Wirtschaftswunder
Mord
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