# taz.de -- 50 Jahre Tommy-Weisbecker-Haus: Erkämpfter Freiraum | |
> Das in den 70ern erkämpfte Tommyhaus gilt nach der Drugstore-Besetzung | |
> als eine der ersten erfolgreichen Besetzungen Berlins. Es feiert | |
> Geburtstag. | |
Bild: Hält hoffentlich noch mindestens 50 weitere Jahre: Die Fassade des Tommy… | |
Einen Katzensprung von dem [1][Redaktionsgebäude der taz], Richtung | |
Hallesches Tor, befindet sich das Tommy Weisbecker Haus. Kurz: Tommyhaus. | |
Es liegt gegenüber der SPD-Zentrale auf der Wilhelmstraße in Kreuzberg 61 | |
und ist, genauso wie das unsägliche Boutique Hotel nebenan, ein sehr | |
beliebtes Foto Motiv für Passant:innen. | |
Wenige wissen wahrscheinlich, dass es sich bei dem Haus um ein | |
selbstverwaltetes Trebe- und Wohnkollektiv handelt, das wohnungslosen | |
jungen Menschen eine Möglichkeit zum selbstbestimmten Leben gibt. Der | |
gemeinnützige Verein Sozialpädagogische Sondermaßnahmen Berlin, kurz SSB | |
e.V., ist der Trägerverein und ein alter Hase in Punkto Selbstorganisation. | |
Bekannter dürften jedoch das öffentliche Café Linie 1 und der Konzertort | |
Schicksaal sein, beides unten im Innen- und Hinterhof des Hauses. | |
Aber fangen wir von vorne an. Wer war Tommy Weisbecker eigentlich? 1949 | |
geboren, politisierte sich Thomas Weisbecker schon in seiner Schulzeit in | |
einer sozialistischen Schülergruppe in Kiel und unterstützte während seines | |
Studiums in Frankfurt die sogenannte „Heimkampagne“, die sich gegen | |
Autorität und Unterdrückung in Kinder- und Jugendheimen der BRD richtete. | |
Später bewegte er sich in Westberlin in anarchistischen linken Strukturen | |
neben Georg von Rauch und unterstützte die „Bewegung 2. Juni“ und ihre | |
militanten Aktionen und bewegte sich auch im Umfeld der „RAF“. Ihm wurde im | |
Alter von 23 Jahren 1972 von einem bayerischen Polizeibeamten in Augsburg | |
aus kurzer Entfernung ins Herz geschossen. Das Verfahren gegen den Beamten | |
mit dem Vorwurf der vorsätzlichen Tötung wurde eingestellt. | |
Warum Tommyhaus? Das vorher leerstehende Haus in der Wilhelmstraße 9 | |
erhielt am 2. März 1973 durch die zweiwöchige Besetzung der Drugstore-Räume | |
in Westberlin eine Nutzungsvereinbarung und einen Nutzungsvertrag als | |
Jugend- und Wohnkollektiv und Teil der Jugendbewegung, die eine wirkliche | |
Alternative bieten wollte zum Heim oder dem Gefängnis. Seinen Namen erhielt | |
das Haus von Tommy Weisbecker, der genau ein Jahr zuvor erschossen wurde. | |
## Konzerte und Katerkino | |
Die erfolgreiche Erkämpfung des Tommyhauses jährt sich dieses Jahr dann zum | |
50. Mal. Wenn das kein Anlass zum Feiern ist. In der Linie 1 und im | |
Schicksaal sind unter dem Titel [2][50 Jahre Tommy Weisbecker Haus] einige | |
Veranstaltungen geplant: | |
Donnerstag, 2. März, 20 Uhr, Linie 1: Live Konzert mit den Bands Bluthuf | |
und Sign of the Wicket | |
Freitag, 3. März, 17.30 Uhr, Schicksaal: Live Konzert unter anderem mit den | |
Bands: A Kind of Protest, Gulag Beach und Es war Mord; Linie 1: | |
Reggaeexplosion (Carib Crew & Friends) | |
Samstag, 04. März, 17.30 Uhr, Schicksaal: Reggae Hit The Town (Diverse | |
DJs); Linie 1: Tango 2000 (Diverse Djs: Punk, NDW, 2Tone, 80s) | |
Sonntag, 05. März, 17:30 Uhr, Schicksaal: Katerkino mit Tommyhaus Film und | |
Zeitzeug:innen | |
## Klimastreik und Autobahnblockaden | |
Schaut man einmal 50 Jahre in die Zukunft, sind die Aussichten nicht die | |
besten: Geht es so weiter wie bisher, dürfte sich die Klimakrise extrem | |
verschärfen. Hitzewellen mit hunderten Toten, extreme Dürren und | |
Ernteausfälle und Wasserknappheit wären in einem Berlin 2073 wahrscheinlich | |
die Regel. Doch ernsthafte Anstrengungen, den CO-2 Ausstoß zu senken gibt | |
es bislang in den wenigstens Staaten – stattdessen hofft man, dass es der | |
Kapitalismus irgendwann in der Zukunft auf wundersame Weise richten wird. | |
„Tomorrow is too late“ lautet das passende Motto zum [3][globalen | |
Klimastreik], der am Freitag auch in Berlin stattfinden wird. (Freitag, 3. | |
März, 12 Uhr, Invalidenpark). | |
Alle, die Klimaschutz etwas direkter und praktischer als mit Großdemos | |
gestalten möchten, ruft das Verkehrswende Bündnis „Wald statt Asphalt“ zu | |
einem Bundesweiten Aktionstag zur Blockade von Autobahnen auf. Denn trotz | |
Klimakrise will das FDP geführte Verkehrsministerium den Ausbau von | |
Autobahnen massiv vorantreiben – auch in Berlin, wo die Stadtautobahn A100 | |
eine Schneise der Verwüstung durch Stadtnatur- und Kulturorte zu ziehen | |
droht (Sonntag, 5.März, [4][genauere Infos werden in den kommenden Tagen | |
hier veröffentlicht]). | |
Einen kleinen Vorgeschmack auf den am 8. März stattfindenden Frauenkampftag | |
gibt es am Sonntag. Die Gruppe „Ella Trebe“ lädt zu einer | |
[5][feministischen Kiezdemo] ein. Alle Geschlechter sind willkommen, | |
Kochlöffel und Töpfe zum Krachmachen sind erwünscht (Sonntag, 5. März, | |
Leopoldplatz, 15 Uhr). | |
28 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Die-taz-zieht-um-ins-neue-Haus/!5539549 | |
[2] https://stressfaktor.squat.net/node/274920 | |
[3] https://fridaysforfuture.berlin/events/globaler-klimastreik/ | |
[4] https://wald-statt-asphalt.net/ausbaustoppjetzt/ | |
[5] https://stressfaktor.squat.net/node/274952 | |
## AUTOREN | |
Desiree Fischbach | |
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