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# taz.de -- Pestizide in der Landwirtschaft: 2,5-mal höheres Sterberisiko
> Hat Argentiniens Landbevölkerung ein höheres Krebsrisiko? Eine Studie in
> acht Dörfern hat das untersucht – das Ergebnis fällt eindeutig aus.
Bild: Sojabohnenernte auf den Feldern der argentinischen Provinz Santa Fe
Buenos Aires taz | Besteht für Argentiniens Landbevölkerung durch den
Einsatz von Pestiziden ein höheres Krebsrisiko? [1][Eine Studie] in acht
Dörfern in der argentinischen Provinz Santa Fe bestätigt negative
Auswirkungen von Pestiziden auf die Gesundheit, insbesondere Krebs.
So haben junge Menschen aus pestizidbelasteten Gebieten ein 2,5-mal höheres
Risiko, an Krebs zu sterben, als diejenigen, die weit entfernt von Gebieten
leben, in denen [2][Agrochemikalien eingesetzt] werden.
Die Studie mit dem sperrigen Titel „Krebsinzidenz und Sterblichkeitsraten
in argentinischen ländlichen Gebieten, die von mit Pestiziden behandelten
landwirtschaftlichen Flächen umgeben sind“, wurde von Forscher*innen des
Instituts für soziale Umweltgesundheit (InSSA) am Medizinfachbereich der
Universität von Rosario vorgestellt und im Januar in der US-amerikanischen
Fachzeitschrift Clinical Epidemiology and Global Health veröffentlicht.
Die Forscher*innen befragten 27.644 Personen (68 Prozent der
Dorfbewohner*innen), die bis zu 400 Meter von den Feldern entfernt leben,
auf denen gesprüht wird. Die Region im Süden der Provinz Santa Fe gehört zu
den wichtigsten Anbauregionen für Sojabohnen, Sonnenblumen, Weizen und
Mais.
## Einsatz von Chemie stieg mit Anbau von Gen-Soja
Ein Vergleich der gewonnenen Daten mit den Daten des Landes zur
Krebsinzidenzrate ergab signifikant höhere Werte für die Bevölkerung in
Dörfern, die Pestiziden ausgesetzt sind. Dasselbe gilt für den
zahlenmäßigen Vergleich der Krebstodesfälle pro 100.000 Einwohner in der
Altersgruppe zwischen 15 und 44 Jahren sowie für den Anteil der
Krebstodesfälle im Verhältnis zu anderen Todesursachen in derselben
Altersgruppe.
Die Daten wurden zwischen 2014 und 2018 im Rahmen sogenannter
[3][Sanitärcamps] erhoben, bei denen Studierende fünf Tage lang
medizinische Erhebungen und epidemiologische Untersuchungen in Orten in den
Provinzen Santa Fe, Buenos Aires und Entre Ríos mit weniger als 10.000
Einwohner*innen durchführten.
Sie waren 2010 eingerichtet worden, um direkte Erhebungen unter der
ländlichen Bevölkerung durchzuführen und so zuverlässige Daten zu erhalten.
Die Camps sind Teil der Abschlussprüfung der Medizinstudierenden an der
Universität Rosario und die Ergebnisse werden vom InSSA präsentiert.
Seit 1996 erlaubt Argentinien den Anbau von gentechnisch verändertem
Sojasaatgut. Das war der Startschuss für eine auf dem Einsatz von Glyphosat
und zahlreichen anderen Agrochemikalien basierende Landwirtschaft, die
heute fast die gesamte landwirtschaftliche Fläche bedeckt, auf der jährlich
Millionen von Litern an Pestiziden durch Sprühfahrzeuge oftmals in
unmittelbarer Nähe zu den Wohngebieten ausgebracht werden.
## Politik leugnet gesundheitliche Folgen von Pestiziden
Die gesundheitlichen Folgen für die Landbevölkerung werden vom großen Teil
der offiziellen und oppositionellen Politik in trauter Eintracht mit der
Agrarlobby heruntergespielt.
Das InSSA ist eine der wenigen akademischen Einrichtungen in Argentinien,
die sich kritisch mit der agroindustriellen Landwirtschaft und den Einsatz
von Agrarchemikalien auseinandersetzen – und ein Dorn im Auge der
Agrarlobby. 2019 strich die neue Leitung der Medizinischen Fakultät die
Gesundheitscamps, die die Daten zur Studie erhob, aus dem universitären
Lehrplan. Das verhindert jedoch nicht, dass die Daten weiterhin ausgewertet
und veröffentlicht werden.
23 Feb 2023
## LINKS
[1] https://cegh.net/article/S2213-3984(23)00026-X/fulltext
[2] /Argentinische-Landwirtschaft/!5138782
[3] https://institutossa.org/menu/campamentos-sanitarios
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
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