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# taz.de -- Die Wahrheit: Im Laberlabor des Krieges
> Die Worte melden sich zum Einsatz bereit: Der russische Angriff auf die
> Ukraine hat auch die deutsche Sprache verändert.
Derzeit melden sich mehr und mehr Worte zum Dienst an der Waffe – bevorzugt
solche, die bereits ihre Grundausbildung oder einen langjährigen Wehrdienst
abgeleistet haben. Darunter sind auch zahlreiche Begriffe, die bereits im
Dreißigjährigen Krieg „ihren Mann“ gestanden haben und betonen, „es“ …
zu können. Ein „Landsknecht“ beispielsweise kann als „Söldner“ noch i…
nützlich sein. Auch das „Brandschatzen“ und „Plündern“ findet neue
Verwendung. Nur der „Schwedentrunk“ ist einstweilen zurückgestellt, es gibt
schlicht modernere Foltermethoden.
Es werden von linguistischen Feldjägern aber immer häufiger auch Worte
aufgegriffen, die seit Jahrzehnten ein ziviles Leben führen, dort bisweilen
sogar Karriere und es sich insgesamt ein wenig zu bequem gemacht haben. Da
kommt es bisweilen zu hässlichen Szenen, wenn etwa der „Bunker“ an seine
gottverdammte Pflicht erinnert werden muss. Als Raver und DJ stand der
„Bunker“ lange für gehobene Clubkultur und promiske Sexualpraktiken. An
seine Vergangenheit als Schutzraum für die Bevölkerung konnte er sich
angeblich nicht mehr erinnern: „All die Pillen! Apropos Pillen: Wollen Sie
eine?“
In ihrem Büro in der Zentrale einer großen Werbeagentur wurde die
„Propaganda“ angetroffen. Sie war sehr eloquent, verlangte sofort nach
ihren Anwältinnen und machte geltend, hier müsse eine Verwechslung
vorliegen mit ihrer kriegsverbrecherischen Zwillingsschwester. In Wahrheit
handele es sich bei ihr um „Public Relations“, kurz „PR“, und sie habe …
„Propaganda nichts, aber auch rein gar nichts zu tun!“. Nachdem man ihr
alte Reden von Joseph Goebbels vorgespielt hatte („Kann ich da eine
Fortbildung machen?“), verfügte sie sich allerdings freiwillig zur nächsten
Kaserne.
Im abgedunkelten Kämmerlein vor ihrem Computer wurde die „Solidarität“
angetroffen und daran erinnert, dass ihr Sinn ein wenig über das
Häkchensetzen bei Facebook hinausging. Sie sah es ein, anders an die
bislang im Verkehrsministerium beschäftigte „Brücke“. Sie wehrte sich mit
Händen und Füßen, wieder ihre taktische Rolle einzunehmen und sich notfalls
zerstören zu lassen: „Ich bin für die Verkehrsinfrastruktur zuständig und
völlig marode! Da, sehen Sie nicht die Risse? Ich muss dringend saniert
werden!“
Den guten alten „Grabenkampf“ stöberten die Vermittler an der Universität
auf, wo er seine Rolle neuerdings „im Spannungsfeld zwischen zwei
unterschiedlichen Lehrmeinungen“ sah, die „für Laien viel zu kompliziert“
seien. Der „Held“, hochbetagt, meldete sich mit einiger Verspätung
freiwillig – er war seit Jahren in einem Sanatorium für toxische
Männlichkeit untergebracht und hatte mal wieder den Schuss nicht gehört.
Steckbrieflich gesucht wird gegenwärtig noch die „Wahrheit“. Nicht
ausgeschlossen, dass sie zum ersten Opfer des …
24 Feb 2023
## AUTOREN
Arno Frank
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Ukraine
Krieg
Sprache
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