| # taz.de -- Bibliotheksbesuch, zweiter Anlauf: Ein blödes Geschenk | |
| > Beim zweiten Versuch, „Pettersson und Findus“ auszuleihen, bekam ich vom | |
| > Bibliothekar ein Geschenk überreicht. Ich wollte es keinesfalls haben. | |
| Bild: Kann auch daneben gehen: Geschenke, hier an Weihnachten | |
| Weil es uns [1][letzte Woche nicht gelungen ist], schleppt mich meine | |
| kleine Tochter Hatice wieder in die Stadtbibliothek, um das neueste | |
| Abenteuer von Pettersson und Findus auszuleihen. Für diejenigen, die von | |
| Kinderliteratur null Ahnung haben, die bestenfalls gerade mal von Pippi | |
| Langstrumpf gehört haben, muss ich erwähnen, dass Pettersson genauso wie | |
| Pippi Langstrumpf ein Schwede ist. | |
| Aber im Gegensatz zu Pippi ist Pettersson ein ziemlich alter Schwede und | |
| lebt mit Findus zusammen irgendwo am Rande eines Dorfes. Er ist also ein | |
| alleinerziehender Mann, der aber keine Kinder erzieht, sondern einen extrem | |
| frechen Kater. | |
| Ich weiß nicht, mit wem sich meine Tochter in diesen Bilderbüchern | |
| identifiziert: Mit dem alten Sack oder dem frechen Kater? | |
| Gerade als wir die Bibliothek verlassen wollen, stellt sich uns ein | |
| Mitarbeiter energisch in den Weg: „Mein Herr, dieses schöne Paket ist unser | |
| Geschenk für Sie!“ | |
| „Habe ich [2][Geburtstag]?“, frage ich überrascht. | |
| „Sie haben ein tolles Buch gewonnen“, ruft der Mann laut, damit auch alle | |
| anderen Besucher hören können, wie spendabel die Bibliothek ist. „Dieses | |
| tolle Buch dürfen Sie jetzt für drei Wochen ausleihen“, fügt er großzügig | |
| hinzu. | |
| „Ein Geschenk für drei Wochen? Das ist ja ein [3][tolles Geschenk].“ | |
| „Das ist unsere neue Aktion ‚Blind Date mit einem Buch‘. Lassen Sie sich | |
| überraschen und entdecken Sie aufregende neue Bücher“, flötet er und deutet | |
| zu einem großen Tisch, auf dem hunderte kleine Päckchen aufgetürmt sind. | |
| „Junger Mann, ich leihe doch kein Buch aus, bei dem ich nicht weiß, worum | |
| es überhaupt geht“, beschwere ich mich und reiße blitzschnell das Päckchen | |
| auf. Als ich sehe, war für ein Buch sie mir andrehen wollen, rufe ich laut: | |
| „Nein, das Buch will ich auf keinen Fall haben!“ | |
| „Warum wollen Sie das Buch nicht haben? Weil ein türkischer Autor es | |
| geschrieben hat? Sind Sie etwa Rassist?“, tut er empört. | |
| „Nein, aber bitte verschonen Sie mich mit diesem Buch.“ | |
| „Warum?“ | |
| „Weil ich zwei Jahre lang an diesem Ding geschrieben habe. Weil ich danach | |
| Woche für Woche die einzelnen Geschichten im Radio und danach bei hundert | |
| Lesungen vorgelesen habe. Es hängt mir mittlerweile einfach zum Halse raus. | |
| Können Sie mir bitte einen einzigen Grund nennen, warum ich mein eigenes | |
| Buch jetzt zum Tausendsten Mal wieder lesen sollte?“ | |
| „Ja, kann ich! Weil sich das blöde Buch bisher kein Schwein ausgeliehen | |
| hat. Mit dieser Maßnahme wollen wir erreichen, dass solche Ladenhüter auch | |
| mal mitgenommen werden“, sagt der Mitarbeiter und grinst. | |
| „Nicht mit mir! Da lese ich doch lieber was von diesem alten, tüddeligen, | |
| schwedischen Sack namens Findus.“ | |
| „Papa, Findus ist der Kater“, sagt meine Tochter Hatice. „Der alte Sack | |
| heißt Pettersson. Es gibt eben Bücher, die musst du wirklich tausend Mal | |
| lesen, bevor du sie kapierst.“ | |
| 6 Mar 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Osman Engin | |
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