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# taz.de -- Berlins Wahlleiter Stephan Bröchler: Der heimliche Wahlsieger
> Die Wiederholungswahl zu organisieren war eine „Herkulesaufgabe“, hat
> Stephan Bröchler gesagt. Alles deutet darauf hin, dass er sie gemeistert
> hat.
Bild: Stephan Bröchler während eines Besuchs in einem Briefwahllokal im Januar
Berlin taz | Wahlleiter*innen haben eigentlich nur einmal alle vier
oder fünf Jahre ihren großen Auftritt: wenn sie am Tag nach der
Entscheidung detaillierte Ergebnisse präsentieren. Anschließend
verschwinden sie wieder aus dem öffentlichen Bewusstsein. Bei Stephan
Bröchler ist das anders. Das liegt an ihm selbst, vor allem aber daran,
dass im September 2021 in Berlin etwas sonst Selbstverständliches
[1][bekanntlich gründlich schieflief]: die Wahlen.
Der 60-jährige Bröchler, erst seit Oktober Berlins Landeswahlleiter, war
nun verantwortlich dafür, dass die Abstimmungen zum Abgeordnetenhaus und zu
den zwölf Bezirksparlamenten im zweiten Anlauf ordentlich über die Bühnen
gehen. Eine „Herkulesaufgabe“ nannte er das im Vorfeld, allein schon
deshalb, weil sonst mindestens ein Jahr Zeit dafür ist. Diesmal blieben ihm
nur drei Monate.
Doch am Wahlabend sieht es ganz so aus, als habe er diese Aufgabe
gemeistert. [2][Von größeren Pannen ist den Tag über nichts zu vernehmen],
obwohl Journalist*innen aller größeren Medien in der ganzen Stadt
ausgeschwärmt waren auf der Suche etwa nach Schlangen vor den Wahllokalen.
„Die Wahl in den 2.257 Berliner Wahllokalen verläuft bisher ruhig“, konnte
Bröchler am Nachmittag vermelden. Er ist damit – sollte es bei dieser
Bilanz bleiben – der große Sieger dieses 12. Februars neben Kai Wegner,
dessen CDU stärkste Partei wurde.
Bröchler ist Politikwissenschaftler, Fachgebiet: Regieren. In den
vergangenen 15 Jahren lehrte er an vielen Unis, bis er 2020 endlich eine
akademische Heimat an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht
fand. Nach der Pannenwahl im September 2021 wurde er Teil einer 13-köpfigen
Expert*innenkommission, die im Auftrag des Senats untersuchte, was künftig
anders laufen müsse bei Wahlen. Das Urteil der Kommission fiel harsch aus –
und am Ende bekam Bröchler das Angebot, neuer Landeswahlleiter zu werden.
## Kleine Berühmtheit
Er wurde schnell zu einer kleinen Berühmtheit im politischen Berlin mit
seinen stets gut besuchten Pressekonferenzen schon im Vorfeld der Wahl:
Schließlich wurde die Frage, wer diese Wahl gewinnt, lange überlagert von
der Frage, ob sie überhaupt klappt. Sogar eine Autogrammanfrage habe er
schon bekommen, [3][erzählte er im taz-Gespräch]. Dabei ist Bröchler so
unprätentiös und unauffällig, wie man es im Scheinwerferlicht nur sein
kann.
Mit der Nüchternheit eines Wissenschaftlers analysierte Bröchler die
Knackpunkte der Wahlorganisation, kümmerte sich um vermeintlich banale
Aufgaben wie Papierbestellungen, versuchte Absprachen zwischen Bezirken und
Land verbindlich zu bekommen, bot neue Schulungen an. Ein „Fest der
Demokratie“ sollten die Wahlen wieder werden, das war sein Ziel. Damit
wollte er den Vertrauensverlust, den die Berliner Verfassungsrichter nach
dem Wahldebakel konstatiert hatten, ausgleichen. Wobei kleinere Pannen
immer vorkämen, wie Bröchler nicht müde wird zu betonen: Er spricht lieber
von „reibungsarmen“ Wahlen.
Viel spekuliert wurde im Vorfeld [4][auch über die Wahlbeteiligung]: „70
Prozent wäre mein Traumziel“, hatte Bröchler der taz gesagt, aber selbst
mit 60 Prozent sei er noch glücklich. Laut Forschungsgruppe Wahlen lag die
Wahlbeteiligung bei 65 Prozent – deutlich weniger als 2021 und 2016. Aber
dieser Wahltag war ja nur der erste von vielen in der nächsten Zeit. Ende
März wird über den Klimavolksentscheid abgestimmt; auch die teilweise
Wiederholung der Bundestagswahl steht an. Und in gut einem Jahr sind
Europawahlen. Viele Möglichkeiten, das Wählen weiter zu üben – für Bröch…
und die Berliner*innen.
12 Feb 2023
## LINKS
[1] /Wiederholungswahl-in-Berlin/!5903842
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[3] /Berlins-Wahlleiter-ueber-Wiederholung/!5907391
[4] /Wahlwiederholung-in-Berlin/!5911302
## AUTOREN
Bert Schulz
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