# taz.de -- Erdbeben in Türkei und Syrien: 100 Millionen Dollar US-Hilfe | |
> US-Außenminister Blinken verschafft sich vor Ort ein Bild von der Lage im | |
> Erdbebengebiet. Auch für Syrien wird Unterstützung zugesichert. | |
Bild: Antony Blinken auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Hier kommen Hilfsl… | |
Berlin taz | [1][US-Außenminister Antony Blinken] zeigte sich schwer | |
erschüttert. Er könne gar nicht in Worte fassen, wie sehr ihn die | |
katastrophale Lage im Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien bedrücke, | |
sagte Blinken am Montag in Ankara. Die Zahl der getöteten Menschen und das | |
Ausmaß der Schäden sei unfassbar, berichtete er während einer gemeinsamen | |
Pressekonferenz mit seinem türkischen Außenamtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu. | |
Die USA seien bereit, rund 100 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe für | |
die Überlebenden des Erdbebens zur Verfügung zu stellen. | |
Antony Blinken war zuvor am Sonntag zusammen mit Çavuşoğlu mit dem | |
Hubschrauber über die [2][besonders betroffene Region Hatay] geflogen, um | |
sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Außerdem traf er sich in der | |
Türkei mit Vertretern der syrischen Hilfsorganisation Weißhelme, die als | |
einzige Organisation in der an Hatay angrenzenden besonders betroffenen | |
Region Idlib vor Ort ist. Idlib ist die einzige Region, die noch von | |
islamistischen Aufständischen kontrolliert wird und in der mehrere | |
Millionen syrische Binnenflüchtlinge vom Erdbeben betroffen sind. Blinken | |
bedankte sich bei den Weißhelmen für ihren Mut und ihre Einsatzbereitschaft | |
und kündigte größere amerikanische Unterstützung an. | |
Nach der humanitären Mission ging es dann in Ankara auch politisch zur | |
Sache. Blinken ist seit seinem Amtsantritt als Außenminister vor zwei | |
Jahren nun, anlässlich des Erdbebens, das erste Mal in der Türkei. Auch | |
US-Präsident Joe Biden war noch nie dort und hält auch bei Gipfeltreffen | |
der Nato oder der G20 eher Abstand zum türkischen Präsidenten Erdoğan. | |
Das Verhältnis der beiden Nato-Partner ist vielfach belastet. Die Türkei | |
beklagt die amerikanische Zusammenarbeit mit der YPG-Miliz der syrischen | |
Kurden, die in Ankara als Ableger der türkisch-kurdischen PKK gilt. Gegen | |
die führt die türkische Armee seit bald 40 Jahren einen sogenannten | |
„Anti-Terror-Krieg“. Außerdem ärgert sich die Erdoğan-Regierung über die | |
indirekte Unterstützung der Gülen-Sekte, deren Führer in den USA lebt und | |
die in Ankara für den Putschversuch im Sommer 2016 verantwortlich gemacht | |
wird. | |
## Nähe zu Russland | |
Umgekehrt beklagen die USA Erdoğans Nähe zum russischen Präsidenten Putin | |
und konkret vor allem den Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400. | |
Der Kauf der S-400-Systeme hat dazu geführt, dass die Türkei aus dem | |
Konsortium für den Bau des modernsten Kampfflugzeugs F-35 herausgeflogen | |
ist und sich seitdem darum bemüht, dass die USA wenigstens die | |
Modernisierung der türkischen F-16-Kampfflugzeuge genehmigen. | |
Blinken ging in Ankara darauf ein und sagte, die Regierung sei für eine | |
solche Genehmigung – aber der Kongress müsse zustimmen. Und vom Kongress | |
gibt es ein Junktim, demzufolge ein Verkauf neuer F-16 und die | |
Modernisierung der vorhandenen erst dann möglich ist, wenn die Türkei den | |
Nato-Beitritt von Schweden und Finnland ratifiziert hat. | |
Çavuşoğlu bestand zwar darauf, das eine habe mit dem anderen nichts zu tun. | |
Doch beide Seiten wissen, dass der Nato-Beitritt der Skandinavier und der | |
Verkauf der Kampfflugzeuge wohl im Paket verhandelt werden. Auch bei dem | |
anschließenden Gespräch Blinkens mit Präsident Erdoğan ging es | |
hauptsächlich um diese beiden Fragen. Biden flog anschließend weiter nach | |
Athen. Die Griechen sind grundsätzlich dagegen, dass die Türkei | |
Kampfflugzeuge aus den USA bekommt, und ihre Lobby im Kongress hat bereits | |
versucht, den Verkauf davon abhängig zu machen, dass die Flugzeuge nicht im | |
griechischen Luftraum eingesetzt werden dürfen. | |
Nach Blinken kommen am Dienstag auch die deutsche Außen- und die | |
Innenministerin, [3][Annalena Baerbock (Grüne) und Nancy Faeser (SPD)], in | |
die Türkei. Auch die deutschen Ministerinnen wollen sich im Erdbebengebiet | |
ein Bild von der Lage machen und schauen, welche Hilfsgüter am dringendsten | |
gebraucht werden. Außerdem kündigten die beiden an, im Erdbebengebiet in | |
Gaziantep eine provisorische Visastelle einzurichten, an die sich | |
Erdbebenopfer, die vorübergehend zu Verwandten nach Deutschland wollen, | |
wenden können. | |
20 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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