# taz.de -- Schweizer Atomlobby kauft Stimmen: 7,50 Franken pro Unterschrift | |
> Die Atomlobby in der Schweiz will das AKW-Verbot im Land kippen. Die | |
> Stimmen für eine Abstimmung organisiert ein Dienstleister. | |
Bild: Eine Initiative möchte mehr davon: Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt | |
Freiburg taz | In der Schweiz will eine Volksinitiative mit dem Namen | |
„Blackout stoppen“ das bestehende [1][AKW-Neubauverbot] kippen. Dafür sind | |
ihr offenbar auch zweifelhafte Mittel recht. Nun wurde bekannt, dass die | |
Verantwortlichen sich die dafür notwendigen Unterschriften zum Preis von | |
7,50 Schweizer Franken durch einen Dienstleister beschaffen lassen. | |
In der Schweiz, dem Musterland der direkten Demokratie, kann jeder Bürger | |
einen Volksentscheid auf den Weg bringen, wenn es ihm gelingt, innerhalb | |
von 18 Monaten 100.000 gültige Unterschriften für sein Anliegen zu sammeln. | |
Doch das ist mühsam und braucht viele Unterstützer. | |
Wer genug Geld hat, kann einen leichteren Weg gehen: Aktuell sorgen | |
Berichte in Schweizer Medien für Aufsehen, wonach der „Energie Club | |
Schweiz“, der mit „Blackout stoppen“ [2][für die Rückkehr zur Atomkraft… | |
der Schweiz] kämpft, die Unterschriftensammlung über ein Stiftungskonstrukt | |
gegen Bezahlung von einem Auftragnehmer erledigen lässt. Wie das Schweizer | |
Fernsehen SRF berichtete, haben die Atomlobbyisten im Dezember 2022 über | |
den Verein „Incop Schweiz“ mit Sitz in Lausanne 10.000 Unterschriften für | |
gut 75.000 Schweizer Franken eintreiben lassen. Die betreffende Rechnung | |
wurde durch eine E-Mail-Panne öffentlich. | |
„Kauft sich die Atomlobby eine Initiative?“ fragt nun der SRF. Die | |
Verantwortlichen rechtfertigen sich: „Wie es bei Initiativen und Referenden | |
üblich ist, werden Sammler für ihre Arbeit entschädigt.“ Für die | |
Unterschriften selbst, so versichert der Verein, werde nicht bezahlt. | |
## Verein gibt sich staatstragend | |
Auf seiner Homepage gibt sich der 2015 gegründete Verein gar staatstragend. | |
Er unterstütze „Maßnahmen zugunsten der direkten Demokratie vor allem durch | |
die Entsendung von Freiwilligen“. Diese erklärten den Bürgern, wie ein | |
Referendum funktioniere und trügen durch das Sammeln von Unterschriften zur | |
Anregung der öffentlichen Debatte bei. | |
Die Praxis sieht aber offenbar anders aus. Wie der SRF berichtet, habe es | |
in der Vergangenheit wiederholt Kritik an Incop gegeben. Sammler sollen | |
sich Unterschriften auch mit komplett falschen Angaben erschlichen haben. | |
Aufgrund solcher Vorkommnisse stößt das bezahlte Sammeln durch | |
Dienstleister in der Schweiz zunehmend auf Widerstand; die Kantone Genf und | |
Neuenburg haben es inzwischen verboten. | |
Ein anderes Thema des aktuellen Vorstoßes ist die Transparenz des Anliegens | |
selbst. Denn in dem offiziellen Initiativtext kommt die Atomkraft gar nicht | |
vor. Man will lediglich die Schweizer Bundesverfassung um einen harmlos | |
klingenden Satz ergänzen: „Alle klimaschonenden Arten der Stromerzeugung | |
sind zulässig.“ Man will offenbar niemanden mit dem wahren Anliegen | |
verschrecken. | |
19 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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