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# taz.de -- Die Wahrheit: Verblödeter Wackelklotz
> Der Dodo soll zurückkehren. Ausgerechnet das vor Jahrhunderten
> ausgestorbene Nutzloswesen.
Bild: Rechterhand: Dodo. Linkerhand: Dodo, Reste
Um Himmels willen! Der Dodo soll wiederauferstehen! Das verkündete kürzlich
das amerikanische Unternehmen Colossal Biosciences, das daran arbeitet,
ausgestorbene Arten wieder zum Leben zu erwecken – wie den Dodo! Den Dodo?
Ja: den Dodo! Aber: Wer oder was ist der Dodo?
Der Dodo erhielt seinen merkwürdigen Namen einstmals von portugiesischen
Seefahrern im 17. Jahrhundert. Zunächst gab es jedoch in Sturm geratene
Holländer. Sie strandeten auf der Insel Mauritius und stießen dort auf der
Suche nach Nahrung erschrocken auf ein seltsames Wesen: den Dodo – eine
etwa halbzentnerschwere, einen Meter hohe und maßlos verfettete Kreuzung
aus wuchtiger Pelikan-Ente und völlig verblödetem Truthahn. Völlig
verblödet, weil der Dodo seinen ausgehungerten Besuchern spontan und
widerstandslos entgegenwatschelte, worauf er in tiefster Dankbarkeit sofort
auf dem nächsten Hackklotz endete. Auch wird berichtet, dass der Dodo nicht
einmal zuckte, derweil seine Artgenossen um ihn herum reihenweise
abgeschlachtet wurden.
Doch die Freude unter den Niederländern über diese fette und leicht in die
Arme getriebene Beute währte kurz. Denn auch nach zahllosen Joints und
tagelangem Durchkochen schmeckte das Fleisch vom Dodo immer noch zäh,
ranzig, faulig und in hohem Maße kränklich ungesund – mit einem Wort:
scheiße. Und so gaben die Holländer dem Dodo deswegen seinen vorläufig
ersten Namen: „[1][Walchvoghel]“ – was so viel bedeutet wie ekliges
Federvieh. Doch auch für das tägliche Frühstücksei war der Dodo gänzlich
unbrauchbar: Der Dodo legte nur ein Ei. Pro Jahr. Eins.
Noch vor den Holländern landeten die Portugiesen auf [2][Mauritius]. Und
mit den Portugiesen erhielt der Dodo schließlich auch seinen endgültigen
Namen: Dodo. Dodo, was im Portugiesischen Idiot heißt und dort auch Idiot
bedeutet. Idiot schon deswegen, weil der Dodo trotz des vorherigen
Beinahgenozids an seiner Art durch die Holländer offenbar immer noch
nichts begriffen hatte und wieder treudoof seinen neuen Besuchern
entgegenstapfte. Diese trieben ihn dann in Dankbarkeit und Scharen auf die
Schiffe ihrer Seefahrer, wo der Dodo schließlich, in Massen verarbeitet,
als Brechreiz erregende Proteinzufuhr für Fahrten nach Übersee diente.
## Dodo Dido
Doch den letzten Schlag versetzten dem Dodo die auf Mauritius von Menschen
eingeschleppten Ratten und Schweine. Alles fressende Allesfresser, die
nicht so sehr abhängig waren vom zähen und fauligen Geschmack ihrer Beute.
Und wahrscheinlich wackelte auch hier wieder der Dodo seinen neuen
Besuchern genauso freudig entgegen wie seit jeher, wie schließlich der
Letzte seiner Art, der sich offenherzig in die schwingende Keule eines
portugiesischen Seefahrers stürzte.
Eine andere Überlieferung behauptet, ein toter Dodo sei nach England
verschifft worden. Doch bei Ankunft dort habe man eine erschütternde
Entdeckung gemacht: Der tote Dodo war komplett von Motten zerfressen.
Gänzlich. Restlos. Was in England dann auch die bekannte Redewendung „As
dead as a dodo“ ins Leben rief. Nach dem Motto: Wenn schon tot, dann
richtig tot.
Nun kann man sich fragen: Warum hat der Dodo das getan? Wieso dieses
eigentümlich chronische und unfassbar dämliche Suizidverhalten? War der
Dodo einfach nur dumm? Eine mögliche Antwort auf diese Frage könnte im
Fressverhalten des Dodos liegen: Der Dodo ernährte sich fast ausschließlich
von Fallobst. Somit ist es sehr wahrscheinlich, dass durch die vielen nach
unten stürzenden Früchte, die dem Dodo auf der Suche nach fauligem Futter
ständig auf den Kopf schlugen, eine gewisse Blödheit zur festen
Charaktereigenschaft des schrägen Vogels wurde.
## Die erste aller Arten
Wie auch immer. Die komplette Ausrottung des Dodos wird jedenfalls auf das
Jahr 1690 datiert und gilt seitdem als Ausrufezeichen für ein neues
Phänomen in der Menschheitsgeschichte, das bis dato offenbar noch niemand
bemerkt hatte: das Artensterben. Nun soll man das Artensterben aufrichtig
und ehrlich bedauern und auch wirklich herzhaft beweinen, doch im Falle des
Dodos könnte eine Ausnahme gemacht werden. Denn wie immer in der Natur
steckt ein tiefer Sinn dahinter, warum eine fette, halbzentnerschwere,
einen Meter hohe, verblödete Bibo-Wackeltonne mit tief verankertem
Suizidbedürfnis aus der Welt der Fauna verschwinden musste. Somit
stellt sich auch die Frage: Warum sollte man diesen optisch verunglückten
und kaum genießbaren Biounfall wieder zum Leben erwecken?
Das ehrgeizige Unternehmen Colossal Biosciences hat sich allerdings genau
dies zur Aufgabe gemacht. Ein Name, der sofort die Assoziation weckt, dass
aus den Laboren der Amerikaner bald wuchtige Zombies stapfen, um grunzend
die Gegend für Nachwuchs abzusuchen. Doch tatsächlich befassen sich dortige
Mitarbeiter nur mit belanglosen Dingen wie dem Wiederbeleben der Mammuts
oder der Auferstehung des Tasmanischen Tigers. Und in weiterer
Überflüssigkeit neu obendrauf: des Dodos.
So bleibt am Ende eine letzte, schmerzhaft bohrende Frage: Wieso kann man
nicht endlich mal was Intelligentes klonen? Ein
Chlorophyll-Protein-Fleisch-Rüssel-Monster zum Beispiel, das mit seinem
gewaltigen Saugrohr CO2 aus der Atmosphäre schlürft, in seinem Innern Kohle
zu Asche verstoffwechselt und als Verdauungsgas reinen Sauerstoff in die
vom Klimawandel angegriffene Luft pupst. Das wird doch nicht so schwer
sein!
20 Feb 2023
## LINKS
[1] http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Walchvogel
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Mauritius#Portugiesische_Zeit_(1505%E2%80%931…
## AUTOREN
Zarras
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