# taz.de -- Rückbau der A104 am Breitenbachplatz: Kann alles weg | |
> Die Mobilitätsverwaltung legt eine Machbarkeitsstudie vor. Ergebnis: Die | |
> Autobahnbrücken über den Berliner Breitenbachplatz sind verzichtbar. | |
Bild: Beton vorm Kopp seit 1980: die ehemalige Bundesautobahn A104 über dem Br… | |
BERLIN taz | Der Senat kommt voran beim Abschied von der Stadtautobahn. | |
Nicht in Sachen A100, [1][deren Weiterbau Berlin noch bis weit in die | |
2030er Jahre beschäftigen könnte]. Aber zumindest bei der ehemaligen A104, | |
dem Stummel, der vom Stadtring in Richtung Steglitz abzweigt – und seit | |
über 15 Jahren größtenteils gar keine Bundesautobahn mehr ist. Am | |
Donnerstag stellte Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch am Breitenbachplatz | |
das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie zum Rückbau des südlichen Abschnitts | |
vor, der die dortigen Wohnviertel seit Ende der 1970er Jahre zerschneidet. | |
Fazit der Untersuchung: Kann weg. | |
Beauftragt worden war die Senatsverwaltung durch einen Beschluss des | |
Abgeordnetenhauses vom Juni 2019. [2][Die damalige rot-rot-grüne Koalition | |
reagierte damit auf langjährige Proteste] von AnwohnerInnen und | |
Mobilitätsinitiativen, die den Abriss des 1980 eingeweihten Betonkolosses | |
fordern. Der gutbürgerliche Breitenbachplatz habe seit Jahrzehnten keine | |
Aufenthaltsqualität mehr, so ihre Klage; es sei höchste Zeit, die Auswüchse | |
einer überkommenen Idee von Urbanität zurückzubauen. Auch der | |
Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 sieht den schrittweisen Rückbau der A | |
104 vor. | |
„Wir wollen die autogerechte Stadt Stück für Stück zurückbauen – und zu | |
einer menschenfreundlichen Stadt umbauen“, sagte Senatorin Jarasch am | |
Donnerstag. Das Viadukt über den Breitenbachplatz sei ein „besonders | |
drastisches Relikt der autogerechten Stadtplanung“. Umso besser, dass das | |
Ergebnis der Studie eindeutig sei: „Ein Abriss der Brücken ist machbar und | |
wird den Platz und seine Umgebung enorm verbessern.“ | |
Untersucht werden musste insbesondere, ob eine alternative Straßenführung | |
das Verkehrsaufkommen würde bewältigen können. Die Verkehrsflüsse, die | |
heute über die mehr als 500 Meter langen, vierspurigen Doppelbrücken | |
abgewickelt werden, müssen schließlich erst einmal irgendwo hin – auch wenn | |
das langfristige Ziel der grünen Mobilitätsverwaltung eine deutliche | |
Reduktion des Kfz-Verkehrs vorsieht. | |
## Zwei Varianten | |
Dies sollen zwei Vorzugsvarianten leisten können, auf die sich das | |
„interdisziplinäre Bearbeitungsteam aus Verkehrsplaner*innen, | |
Stadtplaner*innen und Bauingenieur*innen“ hinter der Machbarkeitsstudie | |
festgelegt hat. Eine sieht lediglich den Abriss des | |
Breitenbachplatz-Viadukts vor; in einer zweiten, aufwändigeren, wird auch | |
der Tunnel durch das Wohngebäude an der Schlangenbader Straße stillgelegt. | |
Die [3][sogenannte Autobahnüberbauung] ist denkmalgeschützt und war ein | |
früher Versuch, Verkehr und Wohnen mit einer „Deckellösung“ unter einen H… | |
zu bringen. | |
In jedem Fall ist ein weiteres Ergebnis der Untersuchung, dass auch der | |
bauliche Zustand der Spannbeton-Brücken den Abriss nahelegt. „Die | |
mittelfristige Aufrechterhaltung der Verkehrstauglichkeit würde einen hohen | |
Instandsetzungsaufwand bedeuten“, teilte die Senatsverwaltung mit. | |
Für ein „sehr positives Signal“ hält die Bürgerinitiative Breitenbachpla… | |
die Ergebnisse der Studie. „Wir begrüßen die Entscheidung, mit der in jedem | |
Fall nötigen Maßnahme sofort zu beginnen“, so Lutz Pietschker von der | |
Initiative zur taz – gemeint ist der Abriss der Brücken unabhängig von der | |
endgültigen Entscheidung über die anzustrebende Variante. Die Initiative | |
bevorzugt laut Pietschker die Variante mit der Schließung der | |
Autobahnüberbauung: Diese habe „städtebaulich das größere Potential“. D… | |
verkehrstechnischen Probleme, die sie mit sich bringe, seien | |
voraussichtlich lösbar. | |
Entscheiden, wie es weitergeht – und auch, wie das Ganze finanziert wird –, | |
muss nun der Senat. Auch soll ein „verwaltungsübergreifendes Projektteam | |
zur Entwicklung des Breitenbachplatzes und seiner Umgebung“ gebildet | |
werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sowie die Bezirke | |
Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf, auf deren Grenze der | |
Breitenbachplatz liegt, sollen weiterhin „eng eingebunden“ bleiben, so die | |
Mobilitätsverwaltung. | |
## Hoffen auf mehr Platz | |
Am Ende muss sich aber noch zeigen, ob durch den Rückbau wirklich „mehr | |
Platz für Grün, mehr Platz für Kinder, mehr Platz zum Sitzen, Spielen, | |
Draußensein und auch zum Wohnen“ gewonnen wird, wie Bettina Jarasch | |
betonte. Aus Sicht der Senatorin können „die Menschen ihren | |
Breitenbachplatz nach fast einem halben Jahrhundert zurückerobern“ – | |
gleichzeitig werden sie aber mit deutlich mehr Autoverkehr auf Augenhöhe | |
konfrontiert sein. | |
Was mit der A103 geschieht, dem Abzweig der A100 vom Schöneberger | |
Sachsendamm bis zum Steglitzer Kreisel, ist derweil völlig offen. Der | |
aktuelle Koalitionsvertrag sieht den Rückbau auch dieser Trasse vor. | |
Allerdings handelt es sich weiterhin um eine Bundesautobahn – das Land | |
Berlin hat also keinen direkten Zugriff darauf. | |
30 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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