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# taz.de -- Reaktion auf mögliches Ende von §218: Bayern droht mit Verfassung…
> Bayern will vor dem Verfassungsgericht klagen, falls die Ampelkoalition
> den Abtreibungsparagrafen 218 kippt. Dass es so weit kommt, ist
> unwahrscheinlich.
Bild: Ein langer Weg: Protest gegen das geltende Abtreibungsrecht 1973 in Bonn
Freiburg taz | Die bayerische Staatsregierung würde beim
Bundesverfassungsgericht klagen, sollte die Ampelkoalition den
Abtreibungsparagrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch streichen. Das kündigte
die bayerische Sozial- und Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) an diesem
Mittwoch an. Eine Aufhebung des strafrechtlichen [1][Abtreibungsverbots]
sei mit dem Schutz des ungeborenen Lebens nicht vereinbar und damit
verfassungswidrig, so Scharf.
Anlass der Drohung waren Äußerungen von Bundesfamilienministerin Lisa Paus
(Grüne), die eine Abschaffung von Paragraf 218 befürwortete. „Wer anders
als die Schwangeren selbst sollten entscheiden, ob sie ein Kind austragen
möchten oder können?“, fragte Paus.
Sollte die Ampelkoalition das Strafgesetzbuch entsprechend ändern, könnte
ein Viertel der Bundestagsabgeordneten oder jede Landesregierung das
Bundesverfassungsgericht zur Prüfung auffordern. Das Verfahren nennt sich
„abstrakte Normenkontrolle“. Bisher sieht es aber nicht danach aus, dass
die Ampel den [2][Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert].
Im Koalitionsvertrag wird nur eine Kommission angekündigt, die Regelungen
für Schwangerschaftsabbrüche jenseits des Strafrechts prüfen soll. Diese
ist aber [3][bis heute nicht eingesetzt]. Der zuständige
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte jüngst, es gebe noch
Abstimmungsbedarf.
## Liberalisierung schon zweimal in Karlsruhe gescheitert
Vor allem die FDP bremst. Sie befürchtet, dass eine Abschaffung von
Paragraf 218 vom Bundesverfassungsgericht gestoppt würde. Tatsächlich hat
Karlsruhe schon zwei Mal fortschrittliche Reformen beim Abtreibungsrecht
beanstandet.
So hatte die sozialliberale Koalition 1974 eine Fristenlösung beschlossen
und Abbrüche in den ersten zwölf Wochen nach Befruchtung erlaubt. Dieses
Gesetz stoppte das Bundesverfassungsgericht 1975 auf Antrag der
baden-württembergischen CDU-Landesregierung: Das Recht auf Leben gelte von
Anfang an, also auch für das ungeborene Leben.
Nach der Wiedervereinigung beschloss der Bundestag 1992 auf Vorschlag der
CDU-Politikerin Rita Süssmuth eine Beratungslösung: Abtreibungen waren
danach in den ersten zwölf Wochen erlaubt, wenn die Frau sich im Sinne des
Lebensschutzes beraten lässt.
1993 blockierte das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der bayerischen
CSU-Landesregierung auch diese Reform. Abbrüche nach der Beratungslösung
dürfen zwar „straflos“ bleiben, müssen aber formal als „rechtswidrig“
eingestuft werden, so die Karlsruher Vorgabe. 1995 beschloss der Bundestag
eine entsprechend angepasste Beratungslösung, die bis heute gilt.
Wie das Bundesverfassungsgericht heute – 30 Jahre später – urteilen würde,
weiß niemand. Im zuständigen Zweiten Senat sind inzwischen immerhin fünf
von acht Richter:innen Frauen.
11 Jan 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Christian Rath
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