| # taz.de -- Initiatorin über Pflegebudget-Petition: „Immerhin keinen Schritt… | |
| > Der Bundestag hätte beinahe die Hebammen aus dem Pflegebudget gestrichen. | |
| > Michelle Franco konnte das durch eine Petition in letzter Minute | |
| > verhindern. | |
| Bild: Die Zahl der Kliniken, die Geburtshilfe anbieten, sinkt drastisch | |
| taz: Frau Franco, [1][der Bundestag wollte vergangene Woche ein | |
| umstrittenes Gesetzesvorhaben durchbringen]. Darin war vorgesehen, dass | |
| Hebammen ab 2025 nicht mehr aus dem Pflegebudget der Kliniken bezahlt | |
| werden sollen. Was hätte das konkret bedeutet? | |
| Michelle Franco: Ende Oktober wurde das gesetzliche | |
| [2][Krankenversicherungs-Finanzstabilisierungsgesetz] verabschiedet, in dem | |
| festgelegt wurde, dass Hebammen auf den Klinikstationen nicht mehr über das | |
| Pflegebudget refinanziert werden. Die Kliniken müssten dann praktisch | |
| selbst überlegen, wie sie die Hebammenstationen finanzieren. Die | |
| Befürchtung war, dass Krankenhäuser schlussendlich den Hebammen kündigen, | |
| beziehungsweise langfristig ihre Geburtshilfe ganz schließen. | |
| Aus finanzieller Sicht war die Geburtshilfe schon immer ein unrentabler | |
| Bereich des Krankenhauses. Mit der Streichung der Hebammen aus dem | |
| Pflegebudget wäre die Geburtshilfe ein Profitgeschäft geworden und eine | |
| angemessene Betreuung durch Hebammen ein Luxusgut. Außerdem hätte das | |
| ohnehin schon [3][überlastete Pflegepersonal im Krankenhaus] dann | |
| zusätzlich noch die Wochenbettstation betreuen müssen, was im Angesicht des | |
| Fachkräftemangels mehr als fatal wäre. | |
| Sie haben daraufhin [4][eine Petition] gestartet und konnten innerhalb von | |
| einer Woche mehr als 1,5 Millionen Menschen für Ihr Anliegen gewinnen. Die | |
| Bundesregierung hat die Hebammen nun wieder ins Pflegebudget mit | |
| aufgenommen. Wie erklären Sie sich den Erfolg? | |
| Das Thema Geburtshilfe betrifft eine große Bevölkerungsgruppe. Neben den | |
| Hebammen haben sich vor allem Mütter zu Wort gemeldet, die selbst wissen, | |
| wie wichtig Geburtshilfe und Betreuung am Wochenbett ist. Dadurch hatte das | |
| Thema eine sehr große Präsenz, einerseits durch die Petition, aber auch in | |
| der Öffentlichkeit und in der Presse. Doch mit diesem Erfolg habe ich | |
| ehrlich gesagt nicht gerechnet und vor allem nicht damit, dass es auf | |
| politischer Ebene so schnell Wirkung zeigt. | |
| Der Bundesgesundheitsminister Karl [5][Lauterbach hat Ihnen auf Ihre | |
| Petition geantwortet] und Ihnen in großen Teilen Recht gegeben. Wie ordnen | |
| Sie seine Aussagen ein? | |
| Zunächst einmal war es schier unmöglich, eine Aussage von Herrn Lauterbach | |
| zu bekommen. Auf mehrere unserer Anfragen hat er nicht reagiert und wir | |
| haben erst eine Antwort bekommen, als die Petition nicht mehr zu ignorieren | |
| war. Grundsätzlich bin ich jedoch sehr froh, dass er seine Zusagen, die er | |
| in dem Statement gab, eingehalten hat. Einerseits, indem die Hebammen | |
| wieder ins Pflegebudget aufgenommen wurden, und andererseits mit einer | |
| finanziellen Unterstützung der Geburtshilfe für 2023 und 2024 von jeweils | |
| 120 Millionen Euro. | |
| Die Zahl der Kliniken, die Geburtshilfe anbieten, sinkt drastisch. In Ihrer | |
| Petition schreiben Sie, dass es seit 1991 einen Rückgang von mehr als 40% | |
| gab. Hat das Gesetz die Situation der Hebammen nun verbessert? | |
| Die Situation der Hebammen bleibt weiterhin schwierig. Es wurde im | |
| Koalitionsvertrag zugesagt, dass eine Eins-zu-Eins-Betreuung in Zukunft | |
| gewährleistet sein soll. An dem Punkt ist man noch lange nicht. Auch | |
| bezüglich des finanziellen Zuschlags bleiben offene Fragen. Denn die 120 | |
| Millionen Euro werden auf die Bundesländer verteilt, die selbst | |
| entscheiden, in welche Kliniken sie investieren. | |
| Daher ist es schwer, eine generelle Aussage für die Geburtskliniken zu | |
| treffen, weil noch gar nicht klar ist, wo das Geld schlussendlich | |
| eingesetzt wird. Doch dadurch, dass wir die Streichung aus dem Pflegebudget | |
| abwenden konnten, geht es immerhin keinen Schritt zurück für Hebammen. | |
| Jetzt liegt es an der Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die | |
| Geburtshilfe nachhaltig gestärkt wird und nicht unter dem wirtschaftlichen | |
| Druck der Krankenhäuser leidet. | |
| 10 Dec 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Paula Gaess | |
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