# taz.de -- Textilarbeiter:innen in Pakistan: Fortschritte in der Textilbranche | |
> Globale Bekleidungsfirmen und ihre Zulieferer vereinbaren einen besseren | |
> Schutz der Beschäftigten in Pakistan. Doch ein Punkt fehlt. | |
Bild: Textilarbeiter:innen – wie hier in Pakistan – sollen künftig mehr Sc… | |
BERLIN taz | Die soziale Qualität mancher Kleidungsstücke in hiesigen | |
Geschäften wird demnächst steigen. Denn internationale Textilfirmen und | |
ihre Zulieferer haben sich auf ein Abkommen zum Schutz der Beschäftigten in | |
Pakistan geeinigt. Dabei geht es unter anderem um die Sicherheit der | |
Fabrikgebäude, der elektrischen Anlagen und den Schutz vor Feuer. | |
[1][Pakistan ist eines der wichtigen Produktionsländer, die den globalen | |
Textilmarkt versorgen]. Der sogenannte Pakistan Accord kommt nun gut zehn | |
Jahre nach dem Brand der Zulieferfabrik Ali Enterprises in Karatschi, bei | |
dem mehr als 250 Arbeiter:innen starben. | |
„Alle Unternehmen, die in Pakistan Textilien produzieren lassen, sollten | |
diesem Abkommen zügig beitreten“, sagte Entwicklungsministerin Svenja | |
Schulze (SPD). Solche Verträge erhalten eine Bedeutung auch durch [2][das | |
deutsche Lieferkettengesetz], das ab 1. Januar 2023 gilt. Sind Unternehmen | |
Mitglied etwa im Pakistan Accord, können sie damit ihre Bemühung um die | |
Einhaltung des Gesetzes belegen. | |
Über 100 internationale Modemarken und über 500 Textilhersteller in | |
Pakistan nähmen an dem rechtlich verbindlichen Abkommen teil, erklärte die | |
Accord-Organisation mit Hauptsitz in den Niederlanden. Das Branchenblatt | |
Textilwirtschaft schrieb, mit dabei seien unter anderem Aldi, Benetton, | |
C&A, Carrefour, El Corte Ingles, H&M, Hugo Boss, Inditex, Lidl, Otto, | |
Primark und Triumph. Etwa „25 bis 30 Prozent der gesamten Textilexporte | |
Pakistans“ würden augenblicklich erfasst, berichtete Joris Oldenziel, der | |
Direktor der Accord-Stiftung in Amsterdam. | |
Der Textildiscounter KiK, der wegen des Ali-Enterprises-Brands verklagt | |
worden war, unterzeichnete in der vergangenen Woche zuerst. „Der Accord | |
Pakistan sorgt dafür, dass wir bessere Standards in der Textilproduktion | |
flächendeckend durchsetzen können“, sagte KiK-Chef Patrick Zahn. Die | |
Regierung von Pakistan sowie die internationalen Gewerkschaftsverbände Uni | |
Global und Industriall tragen die Vereinbarung mit. Auch | |
Bürgerrechtsorganisationen wie die Kampagne für Saubere Kleidung | |
unterstützten den Prozess. | |
## Streitpunkt Einkaufspreise | |
Die unterzeichnenden Firmen wollen zum Beispiel dafür sorgen, dass die | |
Fabrikgebäude nicht einstürzen. Schwere Maschinen müssen im Erdgeschoss und | |
dürfen nicht in den oberen Stockwerken stehen. Die Elektroanlagen und | |
Schaltkästen sind gegen Brände zu schützen. Feuerlöscher und -schläuche, | |
Brandschutztüren und Alarmsysteme sollen die Sicherheit der Beschäftigten | |
gewährleisten. Die internationalen Auftraggeber sollen ihre Einkaufspreise | |
so gestalten, dass die Zulieferer sich den höheren Sicherheitsstandard auch | |
leisten können. In den Verhandlungen waren entsprechende Bedenken der | |
pakistanischen Firmen einer der schwierigen Punkte, die den Abschluss lange | |
verzögerten. | |
Dass die Unternehmen die Vorgaben einhalten, soll die Accord-Organisation | |
„glaubwürdig“ überprüfen. Bei „unabhängigen“ Inspektionsbesuchen we… | |
Zustand der Fabriken kontrolliert und Verbesserungen angeordnet. Weigern | |
sich die Zulieferer mehrfach, diese umzusetzen, müssen sie damit rechnen, | |
aus dem Programm verbannt zu werden. Die Auftraggeber müssen dann auch den | |
Kauf dort einstellen. | |
Die Berichte über die Inspektionen sollen öffentlich sein. Ein | |
Beschwerdemechanismus ermöglicht den Beschäftigten, vertrauliche Hinweise | |
an den Accord zu schicken. Außerdem sollen die Verbesserungen in den | |
Fabriken in Zusammenarbeit mit den Arbeiter:innen stattfinden. | |
Gisela Burckhardt von der Kampagne für Saubere Kleidung sagte, sie halte | |
den Pakistan Accord für eine „gute Sache“. Allerdings bemängelte sie, dass | |
unter anderem die Lohnfrage nicht einbezogen werde. Viele Beschäftigte in | |
Pakistan erhalten Armutslöhne von beispielsweise 100 Euro pro Kopf und | |
Monat für eine Vollzeittätigkeit. „Wir arbeiten daran, den Accord in | |
Pakistan auf die Löhne und weitere Menschenrechte auszudehnen“, so Patrick | |
Zahn. „Wenn das gelingt, wäre etwa auch Gewalt gegen Frauen erfasst.“ In | |
den kommenden Jahren will man den Accord außerdem nach Indien exportieren. | |
[3][In Bangladesch] gibt es ihn bereits – e[4][ine Reaktion auf den | |
Einsturz der Fabrik Rana Plaza] 2013 mit mehr als 1.100 Toten. Trotzdem | |
machen einige große Marken noch nicht mit. Deshalb droht die Kampagne dem | |
Ikea-Konzern nun mit einer Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft und | |
Ausfuhrkontrolle. Argument: Ab Januar verstoße das Unternehmen gegen das | |
Lieferkettengesetz, wenn es nicht am Bangladesch-Accord mitwirke. Das | |
Unternehmen erklärte dagegen, sein eigener Menschenrechtsstandard sei | |
gleichwertig. | |
26 Dec 2022 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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