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# taz.de -- Neuer „Tatort“ aus Berlin: Urlaub „vom Leben“
> Kommissarin Nina Rubin ist tot. Ihrem Kollegen Karow fehlt sie, dem
> Berlin-„Tatort“ aber nicht. Der kommt vielschichtig und unerwartet daher.
Bild: Tatort-Kommissar Karow, gespielt von Mark Waschke
Casablanca lag in der Luft, als Hauptkommissarin Nina Rubin (Meret Becker)
letzten Mai höchst dramatisch auf dem Rollfeld des Berliner Flughafens in
den Armen ihres Kollegen Robert Karow (Mark Waschke) starb. „Kann aber
sein, dass wir Meret Becker arg vermissen werden“, schrieb ich damals
[1][in der taz].
Nun, was soll ich sagen? Da hatte ich mich weit aus dem Fenster gelehnt.
Denn man vermisst im neuen Berlin-„Tatort“ weder Figur noch Schauspielerin.
Und das spricht für diesen Krimi mit dem treffenden wie in die Irre
führenden Titel „Das Opfer“, der richtig gut, weil unerwartet daherkommt.
Karow ermittelt darin allein. Der Verlust der Kollegin ist hier und da
Thema, Karow guckt unendlich traurig, ja auch depressiv in die Kamera. Aber
so ist das nun mal im Leben – es geht für die Überlebenden einfach immer
weiter.
„Das ist nicht Ihr Fall!“, schleudert der Kollege Karow anfangs entgegen.
Nützt aber nichts. Karow macht sich vom Toten im Wald trotzdem ein Bild.
Der Kollege von der Spurensicherung glaubt an eine Exekution. Doch Karow
sieht die mit einem Messer aufgeschnittenen Mundwinkel: Eine
Milieuhinrichtung, stellt er fest, so werden „Verräter markiert“.
Was er seinen Kollegen vor Ort nicht verrät: Karow kennt den Toten namens
Maik Balthasar (Andreas Pietschmann). Sehr gut sogar, aus Jugendzeiten. In
Rückblenden, die schon mal zu Herzen gehen, wird deutlich, warum er auf
eigene Faust ermitteln muss. Dafür nimmt er sogar Sonderurlaub – „von
meinem Leben“, wie er sarkastisch sagt. „Sie haben in letzter Zeit ja auch
eine Menge mitgemacht“, zeigt Staatsanwältin Sara Taghavi (Jasmin
Tabatabai) Verständnis.
Überhaupt: Die Staatsanwältin fungiert in diesem Krimi à la einsamer und
verwundeter Wolf als eine Art Nina-Rubin-Ersatz, in dem sie mit Karow
interagiert und hier und da eine Hilfe/ein Korrektiv ist. Könnte das nicht
so bleiben?
Der Tote war ein verdeckter Ermittler und hatte sich das Vertrauen von
Mesut Günes (Sahin Eryilmaz) erschlichen, einem „Clanchef und Berliner
Nachtclubbesitzer“ (Pressetext) – so weit das Klischee. Im Laufe des
Geschehens jedoch geht es alles andere als klischeehaft weiter. Aber lassen
Sie sich überraschen und lesen Sie bloß keine anderen, wie so oft viel zu
viel verratenden Rezensionen! Günes jedenfalls soll in Gewaltverbrechen
verwickelt sein, die ihm nie eindeutig nachgewiesen werden konnten. Und
jetzt wittert Staatsanwältin Taghavi endlich eine Chance: Auf der Waffe,
mit der Balthasar erschossen wurde, finden sich Günes’ Fingerabdrücke.
Und Karow? Der zieht in die Wohnung des Toten, findet Spuren, bekommt
Unterstützung von unerwarteter Seite, legt sich natürlich mit den Leuten
aus dem Nachtklub an, ja taucht in das Leben des Toten ein – und damit in
seine eigene Vergangenheit. Wer den Berliner „Tatort“ gut kennt und um die
Geschichte des Kommissars weiß, der könnte schnell ahnen, welche Wendung
die Geschichte nimmt.
Diese „Tatort“-Folge ist also vielschichtig, unerwartet, rätselhaft,
traurig, dramatisch und berührend, wie das Leben eben auch. Verpassen Sie
diese „Tatort“-Folge nicht. Wer weiß, wie lange es „Tatort“-Krimis aus
Berlin (siehe Krise beim RBB und mögliche Einsparungen am Programm) noch
gibt.
18 Dec 2022
## LINKS
[1] /Wechsel-bei-RBB-Tatort-Kommissarinnen/!5662855
## AUTOREN
Andreas Hergeth
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