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# taz.de -- Nachruf auf Christiane Hörbiger: Eine Volksschauspielerin
> Die österreichische Schauspielerin Christiane Hörbiger ist gestorben.
> Durch die ZDF-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ wurde sie ein Megastar.
Bild: Christiane Hörbiger im Jahr 2013
Könnte sie auf den Fluss ihrer erstaunlichen Karriere zurückschauen, würde
sie vermutlich, mimisch äußerlich kaum lesbar, seufzen.
Ein bisschen spät hat sie richtig Fahrt aufgenommen, für eine Tochter der
österreichischen Schauspielgött*innen Paula Wessely und Attila Hörbiger
weit jenseits der Elevinnenjahre: Das war Mitte der achtziger Jahre, als
das [1][ZDF] sie mit der Hauptrolle in „Das Erbe der Guldenburgs“ betraute.
Fortan wurde sie, die in einer Fülle von TV- und Theaterproduktionen rührig
war – aber, so monierten Kritiker*innen, mit ihrer gewissen Hölzernheit
nicht an die künstlerischen Raffinessen ihrer Eltern herankam –, als
Christine Gräfin von Guldenburg quasi über Nacht zum Megastar.
Christiane Hörbiger schien seither immer da gewesen zu sein, und sie blieb,
oft in Primetimeschnulzen, auf allen öffentlich-rechtlichen Kanälen, mit
den männlichen Granden ihrer Branche, Götz George und Friedrich von Thun.
Als „Gräfin“ setzte sie indes Standards. Sie war eine Idealbesetzung in
dieser für das ZDF boosterhaft erfolgreichen Serie, die ästhetisch die
neoliberalen Achtziger ins Disneymonarchiehafte wendete. Hörbiger glänzte
besonders in einer Szene, in der sie ihrer Tochter (gespielt von Katharina
Böhm) fein und welterfahren erläutern will, dass diese ihr Verhältnis mit
dem Fahrer der Guldenburgs keineswegs aufrechterhalten könne, denn, so sagt
Mutter Guldenburg: „Ihr wacht morgens auf und seht in den Garten – du als
Tochter der Guldenburgs wirst aber immer den weiten Blick über den Horizont
hinaus haben.“
## Mit österreichischem Timbre
Das war schmalzig, klar, aber mit dieser Sentenz hätte man auch schon die
heutig-modische Klassismusdiskussion nach dem Gusto Eva Illouz’ beginnen
und beenden können: Klarer geht’s nicht, worauf es jenseits von
Hormonaufwühlungen wirklich ankommt. Hörbiger agierte, in dieser wie in
allen Szenen, stets mit diesem österreichischen Timbre, leicht hochnäsig,
aber dabei die Contenance wahrend, damit der Schein der gemeinsamen
Augenhöhe nicht verschattet wird.
In einer anderen ihrer wunderbaren Rollenverkörperungen war sie in einer
ARD/ORF-Serie die Anwältin Julia Laubauch. Schöne Bilder aus dem
Weinviertel, sie die toughe Advokatin, die, nachdem sie vom Gatten für eine
Jüngere sitzen gelassen wurde, zur Reife sich emporkämpft.
Und wie! Mit der Spitzenszene, in der die Hörbiger einen Streit schlichtet
und ihren Ratschluss kurz darlegt, um dann knapp ein „Guten Tag!“
auszubringen: eine damenhaft-eisige Entschlossenheit in der Allüre, bar
aller Süßlichkeit. Sie hat im Fernsehen zu ihrem Format, ihren Rollen
gefunden, sie befreite sich offenbar mit dem Erfolg von dem Wahn, wie ihre
Eltern dem Kulturreligiösen genügen zu müssen.
Sie war eine Volksschauspielerin, die karitativ viel unterwegs war, mal die
SPÖ promotete, dann aber auch [2][Sebastian Kurz]. Das irritierte manche,
aber sie erklärte sich dazu nie. Gut so, das hatte sie nicht nötig. Am 30.
November ist sie mit 84 Jahren gestorben.
1 Dec 2022
## LINKS
[1] /Oeffentlich-rechtlicher-Rundfunk/!5884228
[2] /Die-These/!5890147
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
Schauspielerin
TV-Serien
ZDF
Serien-Guide
ZDF
Kolumne Flimmern und Rauschen
Ukraine
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