| # taz.de -- Forderung nach 12-Stunden-Tag: Nicht bedingungslos flexibel | |
| > Dem Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten kann man sich nicht gänzlich | |
| > verschließen. Doch sinnvoll ist eine Neuregelung nur in engen Grenzen. | |
| Bild: Auch mal länger arbeiten? In einem gastronomischen Betrieb in Baden-Wür… | |
| Es ist ein alter Wunsch der Arbeitgeber in der Gastronomie: Beschäftigte | |
| sollten auch mal zwölf Stunden am Stück arbeiten können und nicht nur zehn | |
| Stunden, was derzeit gesetzlich die tägliche Höchstarbeitszeit ist. Die | |
| bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) will mit den Bundesländern | |
| über eine entsprechende Initiative reden. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert | |
| warnte umgehend davor, dass die CSU die Belegschaften „wie eine Zitrone | |
| ausquetschen“ wolle. | |
| Das stimmt so nicht, denn es geht um freiwillige lange Schichten mit | |
| entsprechender Bezahlung oder umfangreichem Freizeitausgleich. In der | |
| Gastronomie etwa soll es dadurch möglich sein, mal bis spät in die Nacht | |
| hinein an einem Stück zu arbeiten oder an den Hauptjob an manchen Abenden | |
| noch einen Nebenjob in der Kneipe dranzuhängen. Die tägliche gesetzliche | |
| Höchstarbeitszeit abzuschaffen würde allerdings Risiken bergen. Es gibt | |
| zwar jüngere Beschäftigte, die etwa eine Zwölfstundenschicht durchhalten | |
| und sich freuen würden, danach länger Freizeit zu haben. Aber älteres | |
| Personal hat eher Probleme, so lange zu ackern, und würde ausgegrenzt. | |
| Trotzdem kann man sich dem Wunsch nach Flexibilisierungen nicht mehr | |
| grundsätzlich verschließen. Und die Zeit ist günstig, weil die | |
| [1][Arbeitgeber Personal suchen und bereit sind, auf Wünsche der | |
| Beschäftigen einzugehen, und wahrscheinlich wenig Chancen hätten, | |
| irgendwelche Mammutschichten zu erzwingen]. | |
| Die Ampelregierung will laut Koalitionsvertrag im Rahmen von Tarifverträgen | |
| mehr Flexibilität in Sachen Arbeitszeit erlauben: mit | |
| „Evaluationsklauseln“. Denkbar wäre zum Beispiel, dass Unternehmen mit | |
| [2][Betriebsrat und Tarifvertrag nur unter bestimmten Bedingungen und im | |
| Rahmen bestimmter Kontingente] von der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn | |
| Stunden abweichen dürfen und dies dann gegebenenfalls anteilig höher | |
| vergütet würde. Mehr Flexibilität kann man wagen – ein schlichter Cut der | |
| täglichen gesetzlichen Höchstarbeitsgrenze aber wäre falsch. | |
| 1 Dec 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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