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# taz.de -- Debatte um Schulbeginn: Der frühe Vogel hat müde Kinder
> Grundschulstart heißt auch: Die ganze Familie muss eine Stunde früher
> aufstehen. Welch eine Qual. Dabei geht es doch auch anders.
Bild: Los, aufstehen, jetzt aber schnell!
Die Tage zuvor war so viel los, dass ich mir kaum Gedanken über diesen
Termin gemacht habe. Bis ich im Festsaal des Wiener Bezirksamts stehe, noch
außer Atem, und merke, dass ich keine kluge Frage parat habe. Mit
Volksschulen, so heißen Grundschulen hier, habe ich mich zuletzt befasst,
als ich selbst noch Schülerin war. Lange her. Nun kommt der Fünfjährige
[1][in die Schule].
In Wien wählt man eine aus und schreibt sich im Januar ein. Von den Tischen
fische ich die Prospekte und nicke freundlich den Lehrer*innen zu, als
wüsste ich, was ich hier tue. Einige von ihnen sind in Gesprächen mit
Eltern. Der Saal ist gut gefüllt, bald fängt der Vortrag an. Drei
öffentliche Ganztagsschulen werden von deren Direktorinnen vorgestellt.
Als ich noch versuche, die Begriffe in den Prospekten zu verstehen –
selektionsfreie Eingangsphase, wöchentlicher Freizeitblock,
Mehrstufenklassen – fragt ein Lehrer, ob er mir helfen kann. Er
unterrichtet eine Mehrstufenklasse, in der Kinder von sechs bis zehn Jahren
gemeinsam lernen.
Ich freue mich zu hören, dass Schulklassen nicht mehr nach
Deutschkenntnissen getrennt, sondern gemischt werden. Die Kinder hätten
heute in der Ganztagsschule mehr Freizeit zwischendurch, sagt er, mehr
Bewegung und es gebe keine Hausaufgaben. Wunderbar.
Ich frage, ob die Schule inzwischen später anfängt? Acht Uhr war für mich
eine Qual. Er sieht mich entgeistert an. „Nein, es gibt aber einen
Frühdienst ab sieben Uhr.“ Ich sehe ihn entgeistert an. Er sagt: „Aus
[2][Rücksicht auf die Eltern], die früher arbeiten müssen.“ „Sehr fein�…
antworte ich. Ob es auch Rücksicht auf Eltern gibt, die erst nach neun Uhr
arbeiten müssen? Er schüttelt den Kopf.
## Der Wirtschaft zuliebe
Nach dem Vortrag führe ich ein ähnliches Gespräch mit einem anderen Lehrer.
„Nein, die Schule startet um acht Uhr“, sagt er in einem Ton, als hätte ich
ihn gefragt, ob Schweine fliegen können. Alles andere würde die Wirtschaft
nicht mitmachen.
Mein Verständnis, dass wir für „die Wirtschaft“ ab September eine Stunde
früher aufstehen müssen, hält sich in Grenzen, sage ich. Die Kindergärten
starten doch auch um neun Uhr, mit Frühdienst davor. Ein leerer Blick. Ich
murmele was von „Henne-Ei-Problem“ und verabschiede mich – von dem Lehrer
einerseits und von meinem Schlaf andererseits.
Denn in diesem Haushalt gibt es keine Morgenmenschen. [3][Die Kinder]
wachen selten von selbst auf und brauchen morgens viel Zeit, sonst kippt
die Stimmung. Der individuelle Biorhythmus [4][lässt sich nicht ändern],
auch nicht für die Wirtschaft.
In Wien gibt es [5][erste Privatschulen], die Kinder ab sieben Uhr besuchen
können, der Unterricht beginnt um neun, [6][wie in] Großbritannien oder
Finnland. Die im Festsaal vorgestellten Schulen haben Unterricht bis 15.30
Uhr, wobei die letzten Stunden oft Freizeit sind.
Es sollte auch den öffentlichen Schulen möglich sein, zumindest
klassenweise [7][einen späteren Schulanfang] zu bieten, um alle
Schüler*innen bestmöglich zu unterstützen.
23 Nov 2022
## LINKS
[1] /Einkaeufe-zum-Schulbeginn/!5877962
[2] /Uebermuedete-Eltern/!5796805
[3] /Reden-ueber-Krieg/!5841614
[4] https://www.geo.de/wissen/13369-rtkl-biorhythmus-die-unerbittliche-innere-u…
[5] https://www.derstandard.at/story/2000138942493/spaeterer-schulstart-hat-das…
[6] https://www.derstandard.at/story/2000138794750/hundemuede-kinder-forschung-…
[7] https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/unterrichtsbeginn-schueler-pro…
## AUTOREN
Saskia Hödl
## TAGS
Kolumne Kinderspiel
Aufstehen
Einschulung
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