# taz.de -- Einkäufe zum Schulbeginn: Ich kann nicht, ich will nicht | |
> „Care-Arbeit“ gibt's nicht, schon klar. Warum aber betreiben viele so | |
> einen Aufwand, ihr zu entgehen? Weil's Mama am Ende mal wieder richten | |
> soll. | |
Bild: Alles drin? Und wer hat's besorgt? | |
Vor einigen Wochen hat die Autorin Alexandra Zykunov auf Instagram | |
thematisiert, dass es in heteronormativen Beziehungen auch heute noch | |
alleinige Aufgabe der Mutter zu sein scheint, den Kindern zu Schulbeginn | |
ihre [1][Hefte und Stifte] zu besorgen. | |
Ihre Follower*innen stimmten zu und erzählten von jener speziellen | |
Sorte Väter, die sich [2][betont tolpatschig anstellen] und ein „Ich kann | |
das nicht, du kannst das einfach viel besser“ vorschieben, wo gemeint ist: | |
„Ich will nicht.“ Ein wunderbares Team bilden diese Sorte Väter dann noch | |
mit Pädagog*innen, die jede Arbeit grundsätzlich den Müttern aufhalsen | |
wollen: Eltern-Whatsapp-Gruppen, Elternabende, Einkaufslisten, | |
Bastelmaterial, Ausflüge und so weiter. | |
Letzte Woche war auch hier in Wien Schulstart. Auf den Straßen habe ich | |
abgehetzte Mütter gesehen, die Schultüten und Ranzen tragend hinter den | |
auffällig schick gekleideten fröhlichen Kindern herliefen. Ein paar Väter | |
waren auch dabei, aber nicht alleine. Es gab ein klares und erwartbares | |
Ungleichgewicht. | |
Es ist schon bemerkenswert, dass in unserer Gesellschaft von einigen Leuten | |
immer noch beteuert wird, man wisse nicht, was diese „Care-Arbeit“ | |
eigentlich sein soll. Und wieso irgendjemand dafür Anerkennung oder gar | |
angemessene Bezahlung haben will. Wenn es doch gleichzeitig in so vielen | |
Beziehungen eine Menge Aufwand bedeutet, genau dieser Arbeit zu entgehen. | |
Dennoch wird behauptet Care-Arbeit sei ein ausgedachtes Wort für etwas, das | |
früher aus reiner Liebe passiert sei. Wenn ich an meine Kindheit denke – es | |
gab eine Zeit, da waren wir drei Schulkinder und ein Kindergartenkind in | |
einem Haushalt. In den Augen meiner Stiefmutter hab ich vieles gesehen, | |
wenn wir am Anfang des Schuljahres mit unseren ellenlangen Einkaufslisten | |
aus der Schule ankamen – aber es war nicht Liebe. | |
## Immer die neuesten Füller | |
Wie denn auch, bei dem Arbeitsaufwand und den Kosten. Es war Stress, den | |
sie und mein Vater neben ihren Vollzeitjobs nicht brauchen konnten. Geld, | |
das wir hingegen gut woanders brauchen konnten. Wir Geschwister haben uns | |
meist gemeinsam um den Einkauf gekümmert. Unsere Eltern waren oft erst zu | |
Hause, wenn die Geschäfte schon zu hatten. Und neu gekauft wurde sowieso | |
nur, was unbedingt nötig war. | |
Ich habe es gehasst. Ich erinnere mich genau, wie ich neidisch auf die | |
Ranzen der Kinder schielte, die jedes Jahr alles neu bekommen haben. Die | |
Riesenschultüten. Immer die neuesten Füller und Stifte. Die mit teuren | |
Faserstiften ihre Schulhefte verzierten, während ich abgespitzte Buntstifte | |
hatte. Meine Urgroßmutter hat mir dann einmal zehn dieser Faserstifte zu | |
Weihnachten geschenkt und ich war so glücklich. | |
Vor ein paar Tagen habe ich neue Buntstifte für den Fünfjährigen gekauft | |
und mich gewundert, wie viel Freude mir das auch heute noch macht. Fast so | |
viel Freude, wie meinem Partner die Whatsapp-Elterngruppe zu überlassen. Er | |
kann das einfach viel besser als ich. | |
13 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Saskia Hödl | |
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